Es liest sich wie ein Krimi. Aber wie viel davon ist Fiktion und wie viel das wahre Leben? Im Mittelpunkt dieser Geschichte stehen Scheich Mohammed bin Rashid Al Maktoum und seine Frau Prinzessin Haya bint al-Hussein, jüngste von sechs bis sieben Frauen des Herrschers von Dubai. Bis anhin zumindest. Denn jetzt soll Haya ihren Mann verlassen haben. Zusammen mit ihren zwei Kindern. Und 31 Millionen Pfund. Aber beginnen wir von vorne.
Nur um wenige royale Familien gibt es so viele Geheimnisse wie um jene des Emirats Dubai, eines der sieben Mitglieder der Vereinigten Arabischen Emirate. Familienoberhaupt ist Mohammed bin Raschid Al Maktoum, der am 15. Juli seinen 70. Geburtstag feiert. Seit 2006 ist er Herrscher von Dubai. Damals starb sein älterer Bruder, Scheich Mohammed folgte ihm nicht nur an der Spitze von Dubai, sondern auch in der Rolle als Premierminister, Verteidigungsminister sowie Vizepräsident der Vereinigten Arabischen Emirate.
Mohammed führte Dubai zu neuer Blüte. Er bereitet sein Land schon länger auf die Zeit nach dem Erdöl vor, fast alle modernen Bauten im Emirat gehen auf seine Ideen zurück. Auch zahlreiche Firmengründungen initiierte er, unter anderem jene der Fluggesellschaft Emirates oder der Hotelgruppe Jumeirah. Sein Vermögen wird auf rund 18 Milliarden Franken geschätzt.
Dem weltoffenen Bild, dass der Scheich der Öffentlichkeit gerne vermittelt, stehen Geschichten aus seinem Privatleben gegenüber. Je nach Quellen soll er sechs bis sieben Ehefrauen haben. Die erste, so viel scheint gesichert, ist Hind bint Maktoum bin Juma Al Maktoum, 59, die im Alter von 17 Jahren ihren Cousin Mohammed heiratete. Zwölf Kinder soll das Paar haben. Es folgten mindestens elf weitere Kinder für den Scheich, unter anderem zwei mit Prinzessin Haya: Tochter Al Jalila kam 2007 zur Welt, Sohn Zayed 2012.
Prinzessin Haya und Scheich Mohammed heirateten 2004 in einer schlichten Zeremonie in Amman, der Hauptstadt Jordaniens, wo die Prinzessin selbst in einem Königshaus aufwuchs. Denn die heute 45-Jährige ist nicht irgendwer: Sie ist die Tochter des jordanischen Königs Hussein I., der 1999 starb. Und die Halbschwester des amtierenden jordanischen Königs Abdullah II.
Auch wenn sie «nur» die sechste Frau des Scheichs ist, galten Haya und Mohammed auf internationalem Parkett lange als Glamour-Paar schlechthin. Sie zeigten sich regelmässig an Anlässen, auch in Europa. Besonders beliebt bei Haya und Mohammed: Die royale Pferderennwoche, die alljährlich im britischen Ascot stattfindet. Das erstaunt kaum: Zum einen studierten sowohl Mohammed wie auch Haya in Grossbritannien. Und beide teilen sich die Leidenschaft für den Pferdesport. Haya startete im Jahr 2000 sogar als Springreiterin bei den Olympischen Sommerspielen in Sydney.
Diesen Juni nun kam Scheich Mohammed plötzlich alleine, von Haya fehlte in Ascot jede Spur. Dies gab Gerüchten über eine Trennung Aufwind, die in arabischen Ländern schon länger in den sozialen Medien die Runde machten. Gedichte, welche der Scheich gemäss Watson.ch auf Instagram veröffentlichte, befeuerten die Spekulationen wenig später noch mehr.
«Du hast deine Grenzen überschritten und warst illoyal. Du hast mein Vertrauen missbraucht. Deine Spielchen habe ich durchblickt», wird das Gedicht übersetzt, das mit den Worten endet: «Für mich ist es gleichgültig, ob du tot bist oder lebst.» Auf wen sich die Worte beziehen, bleibt jedoch unklar.
Trotzdem: Die Worte lassen aufhorchen. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund zweier früherer Geschichten aus der Herrscherfamilie. So soll im Jahr 2000 Shamsa bint Mohammed al-Maktoum, eine Tochter des Scheichs, versucht haben, aus dem goldenen Käfig zu entkommen. Die damals 18-Jährige floh vom britischen Sommersitz der Familie, soll jedoch Wochen später in Cambridge gekidnappt und nach Dubai geflogen worden sein. Danach verliert sich ihre Spur. Bis sich im März 2018 eine zweite Tochter des Herrschers in der Öffentlichkeit meldete.
Damals tauchte ein Video von Latifa bint Mohammed al-Maktoum auf, das noch immer auf Youtube abrufbar ist. Latifa berichtet davon, dass ihre Schwester Shamsa nach der Flucht jahrelang im Palast wie in einem Gefängnis festgehalten wurde, ruhig gestellt mit Medikamenten. Weiter erzählt sie von ihrem eigenen Fluchtversuch. Demnach habe es die damals 34-jährige über die Grenze nach Oman geschafft, von wo sie es im Schlauchboot und mit einem Jetski in internationale Gewässer schaffte und auf eine Yacht umstieg. Ihr Ziel seien die USA gewesen. Kurz vor Indien aber sei sie eingeholt und nach Dubai zurückgeholt worden. «Wenn Sie dieses Video sehen, dann ist das keine so gute Sache, entweder ich bin tot oder in einer sehr, sehr, sehr schlechten Situation.»
Lange Zeit gab es danach kein Lebenszeichen mehr von Latifa. Bis im Dezember des letzten Jahres Prinzessin Haya versuchte, im Familiendrama zu vermitteln und Hilfe von aussen holte: Mary Robinson, ehemalige irische Staatspräsidentin. Zwei Monate nach diesem Vermittlungsversuch verstummte jedoch plötzlich der Twitteraccount von Prinzessin Haya, den sie zuvor fleissig betreute. Das letzte Bild vom Februar zeigt sie mit ihrem verstorbenen Vater, König Hussein I. von Jordanien. Seither fehlen gesicherte Informationen über Hayas Verbleib.
Ob das Verstummen der Prinzessin etwas mit der Geschichte von Latifa und Shamsa zu tun hat, bleibt unklar. Ende Juni jedoch machten plötzlich Schlagzeilen über eine Flucht der Prinzessin die Runde. Die britische «The Sun» berichtete, dass die Prinzessin mithilfe eines deutschen Diplomaten aus Dubai geflüchtet sei und in Deutschland politisches Asyl beantragt habe. Die deutsche Bundesregierung dementierte jedoch umgehend.
Ein paar Tage später wiederum wollte die «DailyMail» wissen, dass die Prinzessin tatsächlich geflüchtet sei, ihr Entkommen sogar schon seit Monaten geplant habe und sich nun in London aufhalte, wo sie die Scheidung anstrebe. Dies, so war sich auch das Boulevard-Medium sicher, weil sie tatsächlich neue Informationen zu Latifas Schicksal herausgefunden habe. Oder ist der Hintergrund doch ein anderer? Denn kurz darauf schrieb die gleiche Zeitung, dass Mohammed der Prinzessin «unangebrachten Kontakt» mit einem Bodyguard vorwerfe und seinerseits die Scheidung wolle.
Die Beweggründe bleiben bis heute unklar. Sicher scheint jedoch, dass sich Haya und ihre Kinder wohl nicht mehr in Dubai aufhalten. Und dass das Verhältnis zwischen ihr und Scheich Mohammed zerrüttet ist. Dafür zumindest spricht die Bestätigung einer britischen Gerichtssprecherin gegenüber der «Deutschen Presseagentur», dass am 30. Juli ein Termin am Familiengericht in London anstehe.
Unklar bleibt jedoch, um was es bei diesem Termin geht und ob Haya oder Mohammed vor Ort sein werden. Auch der Aufenthaltsort von Haya bleibt ungewiss. Zwar spricht einiges dafür, dass sie mit ihren Kindern zurzeit in einem Anwesen nahe des Kensington-Palastes residiert. Bestätigt ist jedoch nichts. Klar ist einzig: Der Krimi geht weiter. Und reine Fiktion ist dieser längst nicht mehr.