Das rhythmische Ticken beim Fussgängerstreifen mischt sich mit dem pulsierenden Strassenlärm. Sekunden später erstrahlt das in Berlin berühmte Ampelmännchen in leuchtendem Grün. Marc Sway (45) überquert den Zebrastreifen – gefolgt von den Sunnsite-Jodlern aus Sörenberg LU. «Mir nach», ruft der Sänger und führt die Truppe zu einem Hotel im Ostberliner Stadtteil Köpenick. «Jetzt gibts erst mal einen Döner», sagt Marc und stellt sich bei einem Imbissstand an. «In Berlin ein echtes Nationalgericht!»
Auftritt mit Augenzwinkern: Marc Sway und die Sörenberger Jodler in Berlin – nach dem Vorbild der Beatles auf der Abbey Road in London.
Corinne GlanzmannDrei Tage verbringen der Musiker und die Jodlerformation in Deutschlands Hauptstadt. Grund: ein Auftritt in der «Beatrice Egli Show», die am 19. April im SRF und bei ARD ausgestrahlt wird. Die Generalprobe tags zuvor dauerte bis zehn Uhr abends. «Unglaublich, was für ein Aufwand hinter einer solchen Show steckt», staunen die Jodler. Auch Dirigent Franz-Markus Stadelmann (61) ist beeindruckt. «Es ist toll, so viele berühmte Persönlichkeiten aus der Musikbranche zu treffen», sagt er stolz übers ergatterte Selfie mit ESC-Star Conchita Wurst (36).
Wenn sich Traditionen verbinden
Zusammen performt die bunte Truppe aus der Schweiz den Song «Colorblind» aus Marc Sways neuem Album «Roots». In der Ballade singt der Musiker auf Englisch, während er von den Sunnsite-Jodlern begleitet wird. Der Chorsatz wurde von Roger Stadelmann (32) geschrieben. «Der Song baut eine Brücke zwischen Traditionen. Es ist das erste Mal, dass ich meine Schweizer Wurzeln so fest in meine Musik einbinde», so der Zürcher, dessen Mutter Brasilianerin ist. Könnte er sich vorstellen, zu jodeln? Er lacht. «Das überlasse ich lieber den Profis.»
«Ich habe meine ‹Tracht› extra in Südafrika machen lassen», verrät der Schweizer Hitparadenstürmer Marc Sway im Hotel.
Corinne GlanzmannMarc Sway kennt Berlin aus dem Effeff. In seiner bald 30-jährigen Musikkarriere war er schon oft hier, produzierte Songs, schrieb Texte. Anders für viele mitgereiste Jodler: «Sandro aus unserer Gruppe ist überhaupt noch nie geflogen», erzählt Präsident Cyrill Kuster (34) während er die Karte des Dönerladens studiert. «Nur mit Fleisch und Sosä, mit Fladebrot», bestellt er in breitem Entlebucher Dialekt. Der Dönerverkäufer wirft ihm einen fragenden Blick zu, und Cyril wiederholt den Satz auf Hochdeutsch. «Bei uns in Sörenberg gibts halt keinen Dönerladen», sagt er und grinst.
Kennengelernt haben sich Marc Sway und die Sunnsite-Jodler 2022 auf einer privaten Feier. «Die Jodler haben in einer Kirche gejutzt, und ich war sofort tief in meinem Herzen berührt», erinnert er sich. «Ich wusste: Mit ihnen muss ich unbedingt etwas machen!» Die Jodler lachen. «Ehrlich gesagt dachten wir, dass du dich nie mehr meldest.» Marc Sway, der dieses Jahr bereits beim Festival Sörenberg Sounds mit den Sunnsite-Jodlern auftrat, verrät: «Eigentlich war es ja meine Frau, die mich zur Zusammenarbeit ermutigte.»
Neben Döner auch mal Currywust. «Megafein!», sind sich Beat Steffen (l.), Daniel Bieri und Marc Sway einig.
Corinne GlanzmannDas Geheimnis einer langen Liebe
Die Familie von Marc Sway ist zwar 850 Kilometer entfernt in der Schweiz geblieben, aber seine Frau Severine (45) und die beiden Töchter sind ihm auch in Berlin ganz nah. Seit 28 Jahren sind Marc und Severine ein Paar, 19 davon verheiratet. «Ich kann mir niemand Besseres als Sevi an meiner Seite vorstellen», schwärmt er. Macht es ihr denn nichts aus, dass er so oft unterwegs ist? Marc schüttelt den Kopf. «Wir haben beide den Grundsatz, dass jeder für sich happy sein muss, damit wir zusammen glücklich sein können. Ausserdem haben wir uns so immer wieder etwas zu erzählen. Und ich glaube, Sevi ist klar, dass sie den glücklichsten Ehemann hat, wenn er Musik machen kann.»
Seit 28 Jahren an Marc Sways Seite: Ehefrau Severine. «Es ist schön, dass wir immer wieder die Gelegenheit bekommen, uns zu vermissen», finden beide.
Corinne GlanzmannMittlerweile haben auch die Töchter, Naomi (16) und Nahla (13) den ersten Schritt in die Öffentlichkeit gewagt: Gemeinsam mit Naomi singt Marc Sway auf dem neuen Album das Duett «Don’t You», Nahla tanzte auf seiner Tour. «Ich dachte immer, sie seien eher schüchtern», gesteht er. Dass es sie nun ebenfalls auf die Bühne zog, freut ihn sehr. «Wer weiss, vielleicht laden sie ihren alten Vater dann auch mal für ein gemeinsames Projekt ein!»
Sightseeing und Shopping in Berlin
Der nächste Morgen beginnt mit einem gemeinsamen Frühstück im Hotel. «Habt ihr gut geschlafen?», fragt Marc die Sörenberger. «Ja, du au?», fragen diese zurück. Marc verzieht das Gesicht. «Es geht. Das Bett zu Hause ist halt immer noch am bequemsten.»
Kurz darauf trifft sich die Gruppe vor dem Hotel. Sightseeing und Shopping stehen auf dem Programm. Mit der Bahn gehts zum Alexanderplatz, die Jodler freuen sich auf die Rundreise im Touristenbus. «Ich will die Mauer sehen», sagt Veronika Bieri (36) zu Ehemann Sandro (34) «Viel Spass euch!», ruft Marc ihnen nach und verschwindet im Uniqlo-Shop. «Ich liebe Shopping», gesteht er grinsend.
«Ich liebe Shopping»: Marc Sway geniesst den Ausflug zum Alexanderplatz. Den floralen Mantel hat er einst in Hamburg gekauft.
Corinne GlanzmannSpäter vor den Fernsehstudios Berlin. Im Proberaum herrscht volle Konzentration. Noch einmal stimmen Marc und die Sunnsite-Jodler ihren Song an, ehe sie sich in ihre Trachten werfen. «Ich habe meine extra in Südafrika machen lassen», erklärt Marc und zieht sich einen roten Umhang mit schwarz-weissen Mustern an. Etwas länger dauert es bei den Jodlern mit ihren schwarz-roten «Chüjermutze» aus Samt und Veronikas beeindruckender Entlebucher Festtagstracht.
Auftritt mit Gänsehautfeeling
Um 22.30 Uhr ist es so weit: Beatrice Egli steht auf der Bühne, kündigt Marc Sway und die Sunnsite-Jodler aus Sörenberg an. Marcs kräftige Stimme vermischt sich mit den imposanten Klängen der Jodler. Gänsehautstimmung im Publikum, die sich nach dem Song in tosenden Applaus entlädt. «Das war der Wahnsinn», freut sich Marc kurz danach hinter der Bühne. «Das Publikum war berührt – und ich auch!»
Glanzvoller Moment: Mit ihrem Song «Colorblind» begeistern Marc Sway und die Sunnsite-Jodler auch Schlagerstar Beatrice Egli (3. v. l.).
Corinne GlanzmannNach einer kurzen Nacht steht die Gruppe schon wieder in Tracht vor ihrem Hotel. Der letzte Tag in Berlin ist angebrochen. Mit dem Taxi gehts zum Brandenburger Tor. Dort stellen sie sich in Reih und Glied auf den Platz – bereit für einen spontanen Auftritt, einen Flashmob. Vor den Augen und Smartphones begeisterter Touristinnen und Einheimischer performen sie «Colorblind». «Ein schöner Abschluss einer wunderbaren Reise», findet Marc Sway. Auf dem Flug nach Zürich stimmen sie ihren Hit ein letztes Mal an.
Zugabe auf dem Rückflug nach Zürich: Marc Sway und die Jodler performen ihren Hit für die Eurowings-Passagiere.
Corinne GlanzmannDann der Moment des Abschieds. Wenn auch nicht für immer. «Ich kann mir gut vorstellen, wieder mit euch zusammenzuarbeiten», sagt Marc Sway. Und schon verschwinden die farbigen Trachten der Jodler in der Menschenmenge am Flughafen Zürich. Dafür taucht Ehefrau Severine mit strahlendem Lächeln auf. «Da ist sie ja, meine Perle», sagt Marc und gibt ihr einen liebevollen Kuss. Sie weiss: Er hat ihr viel zu erzählen!