Schwer bepackt traf sich die Appenzeller-Formation namens Sennemusig um Hackbrett-Star Nicolas Senn (r.) am Flughafen Zürich. Erika Egger (l.) spielt das Akkordeon, Madlaina Küng (m.) ist am Kontrabass. Normalerweise mietet sie das schwere Instrument vor Ort, weil in Katar aber alle Kontrabässe ausgebucht waren, musste die Bassgeige mit ins Flugzeug. Vor dem Abflug hat sich Nicolas Senn über die Situation in Katar informiert und die teils kritische Berichterstattung gelesen. Gezögert, die Einladung anzunehmen, hat er jedoch nicht. «Wir wurden von der Schweizer Botschaft in Katar eingeladen, ich sah das als Chance, unsere Kultur und Werte in die Welt hinaus zu tragen und die Schweiz im Ausland zu vertreten», sagt er zur Schweizer Illustrierten.
ZVGAm Flughafen Zürich werde Nicolas Senn oft erkannt und es ergeben sich viele herzliche Gespräche, wenn er sein Hackbrett durch den Röntgen-Scanner schickt. Im Ausland beäugt man das Instrument manchmal etwas kritischer: «Ich musste in Asien den Sicherheitsbeamten auch schon ein Ständchen vorspielen, um zu beweisen, dass ich es wirklich kann und es sich um ein Instrument handelt.»
ZVGIn Doha angekommen besuchten sie den neu aufgebauten Souk in Doha, ihr Hotel und der Auftrittsort waren gleich um die Ecke. Praktisch, denn so konnte das Trio nach den Auftritten heimlaufen. «Taxis waren teilweise etwas schwer zu bekommen», sagt Nicolas Senn.
ZVGAbends füllten sich die Strassen mit Fans aus aller Welt und es lag der süsse Duft von Shishas in der Luft. «Es war eine friedliche und freundliche Stimmung unter den Fans – es war schön zu sehen, wie alle Nationen miteinander feierten.» Das könnte auch damit zu tun haben, dass kein Alkohol ausgeschenkt wurde, sinniert Nicolas Senn. Von der perfekten Organisation und Umsetzung der WM in Katar war der Appenzeller beeindruckt.
ZVGIn der Katar-Music-Academy stellte Nicolas Senn jungen Musikschülern seine Appenzeller-Musik vor und musizierte gemeinsam mit den Studenten. «Vorab haben wir die Noten vom ‹Birrewegge-Polka› nach Katar geschickt, damit die Kinder üben konnten.» Senn war vom harmonischen Klang und Zusammenspiel von Schweizer und orientalischen Instrumenten verblüfft: «Es hat so gut geklungen, dass wir so sogar an einer heimischen Stubete hätten auftreten können!» Das gemeinsame Musizieren zeigte ihm, wie kulturübergreifend und völkerverbindend Musik sein kann.
ZVGFreizeit und Schlaf hatte das Musikanten-Trio wenig. Doch nach dem Workshop in der Music Academy blieb immerhin ein wenig Zeit, um zu dritt noch etwas zu trinken und den Sonnenuntergang mit Blick über den Hafen von Doha zu geniessen.
ZVG«Im Club Suisse in Doha spielten wir an drei Abenden für Gäste aus aller Welt. Es gab Zürcher Geschnetzeltes und Raclette, das so gut war, dass ich es auch in der Schweiz gerne gegessen hätte», erzählt Nicolas Senn. Gekocht hat übrigens der Sohn von Spitzenkoch Anton Mosimann. Zu trinken gab es Appenzeller Bier und Cocktails – natürlich ohne Alkohol.
ZVGDas Trio im Gespräch mit dem Schweizer Botschaft Edgar Dörig – der Diplomat hat wie Nicolas Senn Appenzeller Wurzeln.
ZVGBeim Töggelen mit drei Katarerinnen. Nicolas Senn sah, wie die drei Schwestern ein Match spielten und forderte sie heraus. Beim Gespräch merkte er: «Trotz ihrer verhüllenden Kleidung, sind die Frauen aus Katar offen, zeitgenössisch unkompliziert – wir hatten schöne Gespräche.» Die drei Frauen haben das Match übrigens gewonnen.
ZVGDie Schweiz präsentierte im Club Suisse Musik, Kultur, Brauchtum und auch Kunst. So bemalte eine Künstlerin unter anderem diese Kuh, die später Katar als Geschenk überreicht wurde. Im Gegenzug schenkte das Gastgeberland der Fussball-Weltmeisterschaft der Schweiz eine Figur des katarischen Wappentiers, der Oryxantilope.
ZVGSpät in der Nacht wurde Nicolas Senn und seine Musikerinnen von einem verkleideten Schweizer Journalist vom Tessiner TV (RSI) vor den Club Suisse gebeten, wo sie spontan eine musikalische Kostprobe gaben, die live in die Schweiz übertragen wurde.
ZVGZusammen mit dem Team der Schweizer Botschaft besuchten die Musiker das Spiel der Schweiz gegen Kamerun im Stadion. «Madlaina war zum ersten Mal an einem Fussballspiel. Die Stimmung war zuerst etwas verhalten, nachdem Embolo das Tor für die Schweiz geschossen hatte, wurde es lustiger», berichtet Nicolas Senn.
ZVGDiese Foto ist am Yacht-Hafen entstanden, das im Hintergrund parkierte Kreuzfahrtschiff dient während der WM als Hotel, weil es zu wenige Betten für alle Gäste gibt. Rechts ist die Privatyacht eines vermögenden Fans aus Indien zu sehen.
ZVGVor dem Heimflug kam etwas Nervosität auf. Der Flug zurück in der Schweiz ging um drei Uhr morgens und als das Trio um Mitternacht mit dem Taxi zum Flughafen aufbrechen wollte, war es unmöglich eines zu bekommen. Glücklicherweise eilte ein hilfsbereiter Katarer mit seinem Golfcart zur Hilfe und chaufierte die Musikanten an die Stadtgrenze, wo sie dann doch noch eine Mitfahrgelegenheit fanden. Und so endeten drei eindrückliche, herzliche und überraschende Tage in Katar. Was Nicolas Senn vor allem nach Hause genommen hat: «Musik und Fussball sind menschenverbindend, das habe ich in Doha intensiv gespürt!»
ZVG