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«Schon sehr weit ab vom Schuss»

Hier hat «dr Störefried» Gilles Tschudi seine Ruheoase

In einer Mini-Soap nervt Gilles Tschudi während Corona Familie und Freunde. Mit ihm vor der Kamera stehen erstmals die neunjährigen Zwillingsmädchen des Schauspielers. Und das in seinem privaten, uralten Bauernhaus im Jura.

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Gilles Tschudi mit Familie 2021

Natur-Paradies: Im Garten hinterm Haus toben Asia (r.) und Thalia gern mit ihrem Vater herum.

David Biedert

Im kleinen Dörfchen Les Bayards NE stört nichts und niemand die Ruhe von Schauspieler Gilles Tschudi, 64. Das 369-Einwohner-Nest gehört zur Gemeinde Val-de-Travers, liegt auf knapp 1000 Metern über Meer, hat eine Kneipe, die direkt neben Tschudis Haus lockt, und einen Dorfladen, nur drei Gehminuten entfernt. «Ich bin hier schon sehr weit ab vom Schuss», sagt der gebürtige Basler. Für ihn ist es ein Ort, der nicht nur Ruhe ausstrahlt, sondern ihm selbst Ruhe gibt. Seine Mutter stammte aus der Gegend, aus Neuenburg.

Tschudi, der sich selbst als einen «freiheitsliebenden Menschen» sieht, lebt die persönliche Freiheit in seinem aus dem 17. Jahrhundert stammenden Bauernhaus aus. «Hier muss ich nicht jeden Tag Besuch erwarten, dafür braucht es Überwindung, es ist ein Ort, an dem niemand einfach mal schnell vorbeikommt.»

Gilles Tschudi mit Familie 2021

Familien-Zmorge: Gilles Tschudi mit Sohn Raphaël und den Zwillingstöchtern Asia (l.) und Thalia in seinem Bauernhaus in Les Bayards NE.

David Biedert

Kürzlich aber hatte er die Hütte voll. In seinem Refugium wurden Teile der Mini-Soap «Dr Störefried» gedreht. Sie erzählt die Geschichte von Reisebüro-Inhaber Ruedi Wehrli (von Tschudi dargestellt), der während der Corona-Krise von seiner Frau vor die Wahl gestellt wird, entweder die Zeit mit ihr in totaler Isolation zu verbringen oder aber vor die Tür gesetzt zu werden. Der Gatte nistet sich daraufhin bei seiner Tochter (Myriam Wittlin, 39) und deren Mann ein. Doch das Paar versucht, den Störenfried schnell wieder loszuwerden.

Premiere für die Zwillinge

Erstmals mit ihrem Vater vor der Kamera stehen Gilles Tschudis neunjährige Zwillingstöchter Asia und Thalia. «Ich fragte sie, ob sie Lust hätten, weil ich der Meinung bin, dass es eine gute Schule für ihr Leben ist.» Die Mädchen sagten begeistert zu, haben in vier der fünfzehn Folgen ihren Auftritt. Tschudi ist erstaunt, wie verantwortungsvoll seine Töchter die Rollen wahrgenommen haben. «Sie wollten rechtzeitig ihre Texte, um sich vorzubereiten.» Und selbst bei längeren Wartezeiten am Set seien sie geduldig geblieben. «Sie haben ihre Sache gut durchgezogen.»

Gilles Tschudi mit Familie 2021

Und Action! Gilles Tschudi mit Colette Nussbaum (M.) und Raphaël Tschudi mit Myriam Wittlin beim Dreh in Les Bayards.

David Biedert

Ausgeheckt haben die Soap Tschudi und der Berner Drehbuchautor und Regisseur Markus Keller, 74. Der Inhaber des Theaters an der Effingerstrasse und sein Hauptdarsteller arbeiten seit Jahren zusammen. «Im ersten Lockdown reifte bei uns die Idee, etwas auf die Beine zu stellen», erinnert sich Keller. Die Grundidee für die Geschichte sei für sie beide schnell klar gewesen. Und Tschudi ergänzt: «Wir zeigen in unserer Soap einfach die Sorgen und das Unbehagen vieler Menschen, ohne zu werten, Stellung zu beziehen oder mit dem Zeigfinger vorzugeben, was richtig oder falsch ist.»

Keller schreibt den Plot zur Geschichte jeweils kurzfristig, so können aktuelle Entwicklungen aufgenommen werden: ein einzigartiges Projekt, das vom Lokal-TV-Sender Loly umgesetzt wurde. Weder die Darsteller noch die Filmcrew kassieren eine Gage. Egal, ob sein Sohn Raphaël Tschudi, 33, oder Entertainerin Monika Kaelin, 66: «Keiner erhält auch nur einen Rappen», versichert Tschudi. Über Spenden freue man sich dennoch.

Das Filmset zuhause

Dass er sein Bauernhaus als Kulisse für den Dreh zur Verfügung stellte, ist für Tschudi daher selbstverständlich. Für die Aufnahmen zügelte der Tross also von Basel in den Jura. Und Kaelin übernachtete sogar in Tschudis Gästezimmer, kochte für seine Zwillingsmädchen und zeigte sich auch sonst «völlig unprätentiös», wie Tschudi begeistert erzählt.

Gilles Tschudi mit Familie 2021

Offene Türen: Gilles Tschudi mit seinen Kindern Raphaël, Asia und Thalia (v. l.). Erstmals standen alle vier gemeinsam vor der Kamera.

David Biedert

Das alte Bauernhaus kaufte er 2006. Entdeckt habe er es eher zufällig, obschon er gezielt im Internet in der Region suchte. Weil ein ursprünglich geplanter Kauf eines Anwesens im nahen Frankreich nicht zustande gekommen war, sei er zunächst etwas frustriert gewesen. «Aber als ich dieses unscheinbare Haus samt dazugehörigem Grundstück sah, war ich wie elektrisiert.» Tschudi setzt sich sofort in sein Auto, fährt nach Les Bayards – und wird sich vor Ort mit dem Verkäufer schnell einig. «Das Geld hatte ich durch ‹Lüthi und Blanc› verdient, und ich wollte damit etwas Bleibendes erwerben.»

Sogar eine eigene Quelle hat er in seinem Garten. Der Schauspieler liebt sein Paradies weitab vom Schuss. Und im Gegensatz zu seiner Rolle als «dr Störefried» hat Tschudi im Dorf seinen Platz gefunden, ohne irgendwen zu stören.

Von René Haenig am 28. Mai 2021 - 16:48 Uhr