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Zu Hause Modedesigner Julian Zigerli

 «Mit 40 habe ich entdeckt, dass mir bauchfrei steht»

Sportlich, witzig, unbekümmert: Modedesigner Julian Zigerli hat ein geniales Händchen für die schönen Dinge des Lebens. Der Zürcher entwirft Stücke, die bunt sind und gute Laune machen. Und nun steht er grad mit einer neuen Show am Start.

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Julian Zigerli wohnt im 22. Stock in den Hardau-­Türmen in Zürich. Der Pullunder mit Waschbrettbauch ist aus seiner neusten Kollektion.

Julian Zigerli wohnt im 22. Stock in den Hardau-Türmen in Zürich. Der Pullunder mit Waschbrettbauch ist aus seiner neusten Kollektion.

Michael Sieber

Gppfridstutz, er ist schon ein bunter Vogel. Und ein fröhlicher obendrein! Mit Bärentatzen-Finken, Bäckerhose und Waschbrettbauch-Pullunder (aus der aktuellen Kollektion), Geissen-Halskette und einem goldenen Stern im Zahn sitzt er lässig an seinem Küchentisch: Julian Zigerli (40), einer der bekanntesten Modedesigner der Schweiz. Freunde nennen ihn liebevoll «Susi Sorglos», und die Presse feiert ihn als Wunderknaben. Will man ihm eine Freude machen, schenkt man ihm am besten Schuhe. «Ich liebe Schlappen, vor allem die flauschigen Slippers von Gucci», sagt er und lacht. Und die trägt er nicht nur in der Wohnung.

Logo trägt Designer Julian Zigerli seinen eigenen Brand. Auch der Smiley-Teppich trägt seine Handschrift (Kooperation mit Micasa). 

Logo trägt Designer Julian Zigerli seinen eigenen Brand. Auch der Smiley-Teppich trägt seine Handschrift (Kooperation mit Micasa). 

Michael Sieber

Gross ist es nicht, sein Home Sweet Home. Aber grossartig. Hoch oben, im 22. Stock in einem der Zürcher Hardau-Türme. Mit Aussicht auf den Uetliberg, die Alpen und den See. Und so vergnüglich wie Zigerli selbst. Da gibts einen Hocker in Form eines angeknabberten Maiskolbens, gelbe Smiley- und rosarote Herzkissen (aus der Zusammenarbeit mit Micasa), eine fischförmige Sushi-Lampe, eine imposante Taschensammlung, Kakteen à gogo und ganz viele Mineralien. «Die Steine habe ich von meinen Grosseltern. Ich habe ihre Sammlung übernommen», so der Designer. An den Wänden Kunst von befreundeten Künstlern. Und ein bildschönes Foto seiner Mutter.

Probieren geht über Studieren

Der April-Stier wächst in Uster ZH auf. Mit einem älteren Bruder und einer jüngeren Schwester. Sein Vater ist Pilot, die Mutter Chemielaborantin. Ein Gespür für Form und Farben hat Julian bereits in jungen Jahren entwickelt. In der Schule fällt er schon mal auf, weil er gern pinke Pullover trägt.

Julian Zigerli: «Ich kann von meinem Job leben. Doch ein bisschen mehr Geld wäre schön»

Julian Zigerli: «Ich kann von meinem Job leben. Doch ein bisschen mehr Geld wäre schön»

Michael Sieber

Nach der Sekundarschule besucht er den Vorkurs an der Zürcher Hochschule der Künste. Danach eine weitere Gestaltungsschule. Im dritten Jahr, während eines Praktikums bei einem kleinen Modelabel, setzt er sich das erste Mal an eine Nähmaschine. «Ich merkte: Das kann ich ja. Und ich wusste: Ich liebe Mode», erzählt Julian Zigerli.

Gedacht, getan: Es folgen fünf Jahre Modestudium an der Universität der Künste in Berlin. Und Zigerli will eigentlich in dieser faszinierenden Metropole bleiben. Doch ein Jobangebot des Theaters Neumarkt als Kostümdesigner lockt ihn zurück nach Zürich. Danach fasst er einen mutigen Entscheid, gründet 2011 sein eigenes Modelabel Julian Zigerli und reist an die Paris Fashion Week. Dort präsentiert er in kleinen Showrooms seine Produkte. Mit Erfolg!

Der Designer: «Julian Zigerliist ein humorvoller, ironischer Brand»

Der Designer: «Julian Zigerliist ein humorvoller, ironischer Brand»

Michael Sieber

Eine Ziege wird Kult

Der Rest ist Geschichte. Zigerli zeigt seine Kollektionen in Berlin, London, Mailand, New York und Zürich. Wird international bekannt. Und eröffnet 2018 ein eigenes Geschäft im Zürcher Niederdorf. Seine Mode ist vieles, aber nie langweilig. Sie wurde dreimal ausgezeichnet mit einem Swiss Design Award, ist bunt, spielerisch und macht gute Laune. Sein Markenzeichen: Print-Kollaborationen mit Künstlern, das Herz, der Smiley und die Ziege. «Die Idee mit der Ziege kam mir, weil die meisten Leute meinen Namen falsch schreiben. Nämlich mit ie. Also Ziegerli. Da steckt die Geiss drin. Mittlerweile ist sie aus meinen Designs nicht mehr wegzudenken.»

Mit seinem Team (sie sind zu viert) arbeitet Zigerli aber auch an grossen Kooperationen mit Schweizer Firmen. Für die ehemalige Migros-Tochter Micasa produzierten sie unter dem Titel «Mi casa es su casa» eine Interior-Linie. Für Appenzeller Gurt Gürtel, T-Shirts und Hoodies. Sein grosser Traum: eine Zusammenarbeit mit Swatch. «Bis jetzt wurde ich leider noch nicht angefragt. Aber was nicht ist, kann ja noch werden», sagt der muntere Zeitgenosse und schmunzelt.
 

Neben der Kollektion The Limit Does Not Exist zeigt Zigerli auch gewagte Looks aus der Zusammenarbeit mit der Tom-of-Finland-Stiftung.

Neben der Kollektion The Limit Does Not Exist zeigt Zigerli auch gewagte Looks aus der Zusammenarbeit mit der Tom-of-Finland-Stiftung.

Michael Sieber

Turmspringen und Modeschau

2023 dann das erste Buch «Doing it All Wrong Since 2011» («Ich mache seit 2011 alles falsch»). Zigerli: «Wir sind ein humorvoller, ironischer Brand. Und so soll man auch das Buch verstehen. Wir nehmen eigentlich nichts ernst.»

Julian Zigerli ist ein Lebemann. Ein sportlicher Lebemann. Klar, zwischendurch wird gefeiert. Aber auch trainiert. Am Montag Ballett und Fussball, am Mittwoch Turmspringen. «Ich kann schon den Köpfler vom Zehn-Meter-Turm», sagt er stolz. Privat ist er seit kurzer Zeit wieder Single, nach einer neunjährigen Beziehung. «Passt schon», meint er. «Wir sind immer noch gute Freunde.»

An der Show dabei: Models mit Be­einträchtigung vom Werkheim Uster. Julian Zigerlis Schwester Martina (r.) mit Freundin Tatjana.

An der Show dabei: Models mit Beeinträchtigung vom Werkheim Uster. Julian Zigerlis Schwester Martina (r.) mit Freundin Tatjana.

Michael Sieber

Momentan hat der Designer eh anderes im Kopf. Seine nächste Modeschau mit After-Show-Party steht vor der Tür: am Samstag, 12. April, in der Gessnerallee in Zürich. Er zeigt zwei Kollektionen: Tom All Over My Body – eine gewagte, nicht ganz jugendfreie Kapselkollektion in Zusammenarbeit mit der Tom-of-Finland-Stiftung.

Und The Limit Does Not Exist, ebenfalls eine Kooperation – mit dem Berliner Künstler Andi Fischer. Die Looks werden nicht nur von Models präsentiert, sondern auch von Frauen und Männern mit Beeinträchtigung vom Werkheim Uster. Unter ihnen seine 37-jährige Schwester Martina. «Ja, wir sind eine Bilderbuchfamilie. Mein Bruder Sebastian hat eine Frau, zwei Kinder und ein Haus. Meine Schwester ist behindert. Und ich bin gay. Also alles dabei.» Sagts und lacht laut, der Sonnyboy mit dem grossen Herzen und dem tabulosen Humor.

Von Janine Urech am 18. April 2025 - 18:00 Uhr