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Zweimal WM-Bronze

Nadine Fähndrich erobert die Weltspitze im Langlauf

Heiraten? Vielleicht. Medaillen? Schon jetzt! Die Luzerner Langläuferin Nadine Fähndrich hat diesen Winter alles gewonnen – ausser einem Ring. Das stört sie nicht. Mit zweimal WM-Bronze und 6 Einzel­-Podestplätzen schliesst sie ihre stärkste ­Saison.

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Zu Hause in Knutwil LU: Langläuferin Nadine Fähndrich und Partner Elvis Fazliu sind seit zehn Jahren ein Paar.

Zu Hause in Knutwil LU: Langläuferin Nadine Fähndrich und Partner Elvis Fazliu sind seit zehn Jahren ein Paar.

Joseph Khakshouri

Auf die Frage, ob bei Nadine Fähndrich (29) und Elvis Fazliu (30) bald die Hochzeitsglocken läuten, lächelt das Paar. Dann sagt die beste Langläuferin der Schweiz: «Wenn man weiss, dass es für immer ist, braucht es keinen Ring.» Vor eineinhalb Jahren bezog das Paar die neu gebaute Eigentumswohnung im luzernischen Knutwil. Die Panoramafenster in der Stube lassen das goldene Sonnenlicht rein – und geben den Blick frei auf die Jungfrau. «Das war mir wichtig – nah bei den Bergen.» 

Sportliches Duo: Fazliu ist begeisterter Rennfahrer, Fähndrichs Velo ist grad beim Service.

Sportliches Duo: Fazliu ist begeisterter Rennfahrer, Fähndrichs Velo ist grad beim Service.

Joseph Khakshouri

Mit dieser Bodenständigkeit hat sich Nadine Fähndrich an die Spitze der Schweizer Langlauf-Elite gekämpft. Ein holpriger Start in die Saison bremste die Luzernerin keineswegs aus. «Nach den ersten verpatzten Rennen sagte ich zu meinem Coach: Es kann immer noch die beste Saison werden.» Und sie sollte recht behalten: zwei Weltcupsiege, sechs Einzel-Podestplätze.

Und dann noch die Weltmeisterschaft im norwegischen Trondheim! «Ich wäre enttäuscht gewesen, wäre ich ohne Medaille nach Hause zurückgekehrt. Gleichzeitig habe ich akzeptiert, dass ich vielleicht eine Athletin bin, die nie eine Einzel-Medaille an einem Grossanlass gewinnt.» Diese Akzeptanz bringt Lockerheit, bringt Ruhe, bringt Fokus. Nadine Fähndrich gewinnt Bronze im Sprint – es ist die erste Schweizer Einzel-Medaille im Frauenlanglauf seit fast 40 Jahren. Eine Woche später doppelt sie mit Bronze beim Teamsprint mit Anja Weber, (23) nach. «Ich suche noch nach den richtigen Worten. Erleichterung … oder Genugtuung vielleicht? Es macht mich einfach sehr, sehr stolz.»

Doppel-Bronze: Vom norwegischen Trondheim kann Fähndrich zwei neue Medaillen an ihre Siegerwand hängen.

Doppel-Bronze: Vom norwegischen Trondheim kann Fähndrich zwei neue Medaillen an ihre Siegerwand hängen.

Joseph Khakshouri

Gemeinsam durchs Ziel

Ihren grössten Fan hat sie in Elvis Fazliu gefunden. Die beiden lernten sich vor zehn Jahren im Ausgang in Luzern kennen. Mit Langlauf hatte der Operationspfleger aus Basel nichts am Hut. «Bei uns in Basel kennt man das nicht so. Ich habe mich eigentlich immer gefragt, welche Leute diesen Sport machen», erzählt der Kosovare und lacht. Heute begleitet er seine Liebste sooft bei ihren Wettkämpfen, wie es geht. Während der WM aber musste Fazliu arbeiten. «Das war schwierig für mich, nicht bei ihr zu sein. Ich bin da nervöser als sie selbst.» Dafür telefoniert das Paar jede freie Minute. Fähndrich erzählt: «Ich habe Elvis in Trondheim sehr vermisst. Zehn Minuten vor dem Sprintstart rief ich ihn noch an – wollte dann aber am liebsten über alles ausser Sport reden. Elvis machte mich aber fast noch nervöser!» Wieder lachen die beiden.

Wer gewinnt öfter beim «Uno»? «Im MomentNadine! Sie hat nach Trondheim gerade einen Lauf», gibt Fazliu zu.

Wer gewinnt öfter beim «Uno»? «Im MomentNadine! Sie hat nach Trondheim gerade einen Lauf», gibt Fazliu zu.

Joseph Khakshouri

Nach Freudentränen sucht man bei dieser Sportlerin vergebens. Nach dem Triumph zusammen mit Anja Weber bricht nur diese in Tränen aus, Nadine Fähndrich bleibt gefasst: «Ich bin einfach nicht so ein emotionaler Mensch. Ich freue mich zwar sehr, muss dann aber irgendwie einfach nicht weinen.» Die Tränen fliessen überraschenderweise dann am Tag darauf. Fähndrichs vier Jahre jüngerer Bruder Cyril (25) – auch er Langläufer – gewinnt mit der Männerstaffel Silber. «Da ist es aus mir herausgebrochen, das hat mich richtig berührt.»

In den Spuren der Familie

Langlauf liegt in der Familie. Bereits Vater Kurt Fähndrich ist Langläufer, ebenso Onkel Markus Fähndrich. Mit zwei Jahren steht die kleine Nadine das erste Mal in der Loipe, die sich im Eigenthal direkt vor der Haustür befindet. Kleine «Wettkämpfli», wie Fähndrich es nennt, absolviert sie schon, bevor sie acht Jahre alt war.

Was für ein Geschwister-Duo! Nadine und Cyril gewinnen in Trondheim insgesamt drei WM-Medaillen.

Was für ein Geschwister-Duo! Nadine und Cyril gewinnen in Trondheim insgesamt drei WM-Medaillen.

Sven Thomann

2004 finden in Athen die Olympischen Sommerspiele statt. Nadine Fähndrich, neun Jahre alt, schaut zu. Fechter Marcel Fischer gewinnt Gold. «Das hatte ja eigentlich nichts mit meinem Sport zu tun. Aber als ich Marcel damals gewinnen sah, wusste ich: Das will ich auch!»
Mit einer Einzel-WM-Medaille und zwei Team-WM-Medaillen (eine von 2021) im Rücken, hat sich für sie das Feld für die Olympischen Winterspiele in Italien 2026 geöffnet.

Dass Fähndrich so eine Karriere hinlegen wird, damit hat sie nie gerechnet. «Natürlich habe ich als kleines Mädchen gross geträumt. Aber geglaubt habe ich es irgendwie nie richtig.» Jetzt will sie bei Olympia ganz vorne mitspielen. «Ich konnte in den letzten Jahren immer kleine Fortschritte machen, die jetzt als grosses Ganzes zusammengekommen sind. Auf meine Konstanz bin ich sehr stolz.»

Entspannung zu Hause dank der Schweizer Illustrierten: Vor drei Jahren<br />erwähnte Fähndrich in einem SI-Artikel, dass sie von einer Sauna träume. Darauf schenkte ihr die Sauna-Firma Klafs eine.

Entspannung zu Hause dank der Schweizer Illustrierten: Vor drei Jahren erwähnte Fähndrich in einem SI-Artikel, dass sie von einer Sauna träume. Darauf schenkte ihr die Sauna-Firma Klafs eine.

Joseph Khakshouri

Fähndrichs letzte Jahre waren furios: Einen kleinen Herzeingriff im März 2024 übersteht sie gut, merkt heute kaum mehr etwas davon. Swiss-Ski trennte sich von ihrem langjährigen Trainer, sie engagiert ihn privat und trainiert weiterhin mit ihm und ihrem Bruder. Fähndrich hat damit das Vertrauen in den eigenen Weg gefunden. Es ist der Weg einer Athletin, die sich nie in den Vordergrund drängt, aber mit jeder Saison leiser und entschlossener zeigt, dass sie zur Weltspitze gehört. Und die weiss, dass zu einem erfüllten Leben mehr gehört als Medaillen: jemand, der sie vor dem Start anruft – und auch dann bleibt, wenn kein Podest wartet.

Von Yara Vettiger am 13. April 2025 - 12:00 Uhr