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SRF-3-Moderatorin Judith Wernli

«Radio ist an Weihnachten die akustische Schulter zum Anlehnen»

Am Weihnachtsabend und an Silvester zu arbeiten, finden nicht viele toll. Für Radiofrau Judith Wernli gehören diese Tage jedoch zu den spannendsten des Jahres. Der Schweizer Illustrierten erzählt sie, warum sie diese Einsätze so liebt und für wen sie ihre Sendungen über die Festtage macht.

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Judith Wernli im festlich dekorierten Studio von SRF 3

Judith Wernli im festlich dekorierten Studio von SRF 3.

ZVG

Judith Wernli, warum hast du dich entschieden zu arbeiten, während alle anderen feiern?
Weil mir alles, was ein bisschen spezieller ist, einfach wahnsinnig viel Spass macht. Ausserdem bin ich überzeugt, dass Radio für viele Menschen täglich – aber besonders an Weihnachten – die akustische Schulter zum Anlehnen ist. 

Das musst du genauer erklären.
Ich stelle mir das so vor: Du bist am Weihnachtsabend am 25. Dezember zu Hause, bereitest das Znacht vor oder packst die letzten Geschenke ein, vielleicht bist du aber auch einsam und hast niemandem zum Feiern. Für all diese Menschen möchte ich da sein und über den Äther ein Gefühl von Gemeinsamkeit vermitteln. 

Wie schaffst du das?
Indem ich an diesem Tag nur Lieder spiele, die von den Hörerinnen und Hörern gewünscht werden, man kann mich anrufen und mit mir plaudern, sein Herz ausschütten oder sich mit anderen Zuhörern vernetzen. Alles ist möglich. 

«Ich möchte ein Gefühl von Gemeinsamkeit vermitteln»

Judith Wernli

Wie bereitest du dich auf diese Sendung vor?
Fast gar nicht. Ich möchte möglichst ohne Grenzen in die Sendung reingehen und spontan entscheiden, wie sich der Tag entwickelt, und mich gemeinsam mit den Menschen treiben lassen. 

Wie finden es dein Mann und dein Sohn, dass du an Weihnachten und Silvester arbeitest?
Nach der Sendung vom 25. Dezember feiern wir gemeinsam zu Hause Weihnachten nach – das ist überhaupt kein Problem. Silvester habe ich bisher immer mit meinem Sohn Robin,10, gefeiert. Für ihn ist das also neu. Aber er wird es sehr lustig haben mit seinem Papi, seinem Gotti und einer befreundeten Familie. Ich freue mich sehr auf meine Silvestersendung, die ich zusammen mit Ranja und Lea moderieren werde – und natürlich auf unsere Hörerinnen und Hörer.

Blick durchs Fenster ins SRF 3 Studio mit Judith Wernli

Sieht aus wie Kunst, ist aber ein Blick durchs Fenster ins Studio von SRF 3, wo Judith Wernli an Weihnachten und Silvester moderieren wird. 

ZVG

Es werden viele Menschen aus der ganzen Schweiz anrufen, die in unterschiedlichsten Situationen sind. Stellst du dir diese Menschen jeweils vor?
Bevor ich mit den Anrufern auf Sendung gehe, stelle ich ihnen unendlich viele Fragen, um sie kennenzulernen und zu spüren, in welcher Situation sie gerade sind. Das Spannende und Herausfordernde ist es, herauszufinden, was die Anrufer gerade umtreibt. Dabei findet sich immer etwas Interessantes, wo ich einhaken kann. Ich würde aber niemals ein solches Gespräch aufzeichnen oder schneiden. Gerade die Live-Situation macht die Sendung so spannend und authentisch. 

Was tust du, wenn es dem Menschen am anderen Ende der Leitung nicht gut geht?
Vor langer Zeit hat ein Hörer in meiner Sendung für seinen kürzlich verstorbenen Vater einen Song gewünscht und angefangen zu weinen. Weil natürlich auch das zum Leben gehört, möchte ich in meiner Sendung wann immer möglich auch solchen Situationen Raum bieten. Ich finde es nämlich schrecklich, wenn man an Weihnachten versucht, alles schönzureden. 

«Auch Trauer gehört zu Weihnachten»

Judith Wernli

Ein Radiostudio stellt man sich ziemlich steril vor – wie bringst du dich trotzdem in Feststimmung?
Wir haben das SRF-3-Studio schon jetzt festlich dekoriert! Unsere Morgen-Moderatoren Marco Thomann und Philippe Gerber basteln jedes Jahr eine tolle Weihnachtsdeko inklusive Weihnachtsbaum und allem, was dazugehört. Das ist uns wichtig, um in die richtige Stimmung zu kommen. Am 25. Dezember ziehe ich mich ausserdem extra festlich an, und Silvester schmeissen wir drei Frauen uns ins Partyoutfit.

Was darf für dich persönlich in deiner Weihnachts-Sendung nicht fehlen?
Ganz sicher Weihnachts-Songs! Ohne «Driving Home for Christmas» von Chris Rea geht gar nichts, und wenn ich «Merry Christmas» von Gotthard höre, muss ich jedes Mal fast weinen.  

Wie schaffst du es, zehn Stunden lang live am Radio bei Kräften zu bleiben?
Ich trinke literweise Kaffee und habe die beste Ausrede, den ganzen Tag lang nur Weihnachtsguetsli zu mampfen. Nein, im Ernst: Auf Sendung vergesse ich, dass ich Hunger habe. Gegessen wird dann zu Hause.  

Machen wir einen Sprung: Nach Stunden auf Sendung mit vielen Menschen und Emotionen machst du dich auf den Heimweg durch die Nacht. Wie fühlt sich das für dich an?
Nach solchen speziellen Sendungen bin ich immer voller Adrenalin und kann unmöglich sofort ins Bett. Darum ist es schön, dass mich meine Familie am 25. Dezember in Zürich im Radiostudio abholt und wir gemeinsam den Abend verbringen können. Mein Mann und mein Sohn hören sich die Sendung ausserdem zu Hause auch an. So gibts zuerst ein kurzes Feedback (lacht). Aber dann können wir in aller Gemütlichkeit Weihnachten feiern.

Judith Wernlis Festtagseinsätze

Judith Wernli von SRF 3

Radiofrau Judith Wernli, 43.

ZVG

Judith Wernli moderiert am Weihnachtsabend vom 25. Dezember von morgens sieben Uhr bis 17 Uhr durchgehend auf SRF 3. Gespielt werden fast ausschliesslich Hörerwünsche, Anrufe ins Studio sind ausdrücklich erwünscht.

An Silvester schmeisst sie die Sendung gemeinsam mit ihren jungen Radiokolleginnen Ranja und Lea. Das Dreiergespann will so lange auf Sendung bleiben, bis es nicht mehr kann oder niemand mehr anruft. «Am liebsten aber bis am 1. Januar 2022 die Kollegen der Morgenshow reinlaufen», sagt Judith Wernli. 

Von lme am 25. Dezember 2021 - 07:07 Uhr