Wenn die Mutter Oberin und Pfarrer Bischoff auf Nachtklub-Sängerin Deloris Van Cartier treffen, wissen Filmfans gleich, worum es geht: «Sister Act». Die legendäre Komödie gibts jetzt erstmals als Mundart-Musical. Die Hauptrollen übernehmen Stars wie Sandra Studer, 53, Walter Andreas Müller, 77, und Fabienne Louves, 36.
«Wenn ich inmitten der Nonnen stehe und sie mich ansingen, habe ich Gänsehaut»
Fabienne Louves
Sandra Studer, Sie verkörpern auf der Bühne eine Nonne. Bei welchem Thema sind Sie selber päpstlicher als der Papst?
Beim Einräumen des Geschirrspülers. (Alle lachen.) Wenn es nicht richtig gemacht ist, regt es mich grausam auf.
Walter Andreas Müller: Ich bin bei allem ein Tüpflischiisser, Sternzeichen Jungfrau halt. Bei mir muss wirklich alles seinen Platz haben. Es kann auch geordnete Unordnung sein, aber mit System.
Fabienne Louves: Ich bin dafür ein Streber, sehr ehrgeizig und perfektionistisch.
Studer: Ja, du bist sehr genau. Dürfen wir auch etwas zueinander sagen?
Die Frage kommt noch, ja. Der Kinohit «Sister Act» erschien 1992. Nahmen Sie den Film damals wahr?
Studer: Natürlich. Mir blieb das starke Bild der Frauen hängen. Whoopi Goldberg ist in ihrer Rolle als Deloris Van Cartier unvergessen.
Louves: O ja. Wenn ich in meinem Kostüm bin, merke ich manchmal: Oh, jetzt bewege ich mich wie Whoopi. Es gibt wohl nichts Grösseres für mich als diese Rolle.
Müller: Fantastisch ist, dass die Männer bei «Sister Äct» in der zweiten Reihe sind. Die Nonnen tragen die Geschichte.
Wann waren Sie zuletzt in einem Gotteshaus?
Studer: Wir hatten dieses Jahr in der Familie viele Hochzeiten zu feiern. Und meine Tochter wurde konfirmiert. Sie musste noch Punkte sammeln, und ich ging mit. Somit habe ich selbst einige (lacht).
Müller: Ich war vor drei Wochen an einer Beerdigung. Aber ich liebe Kirchen. Sie sind Orte, wo ich Kraft schöpfen und innehalten kann.
Louves: Zusammen besuchten wir auch das Kloster Fahr im Aargau.
Zahlen Sie alle Kirchensteuer?
Alle: Ja.
Studer: Sonst hätte man wohl bei dieser Produktion nicht mitmachen dürfen. (Alle lachen.)
«Ich bin kitschig-religiös und schäme mich manchmal schon fast dafür»
Walter Andreas Müller
Religionsunabhängig, woran glauben Sie?
Studer: Ans Gute. Ich glaube, dass eine positive Energie existiert, die einen begleitet. Wie man dem sagen will, ist jedem selber überlassen. Ich bin sehr offen für alle Religionen, solange die Menschlichkeit an erster Stelle steht. Leider ist Religion oft auch da, um Menschen auszunutzen und zu manipulieren.
Müller: Jeden Abend, wenn ich im Bett liege, bete ich. Es ist nicht mehr ein Gebet «an den Vater im Himmel», sondern mehr ein Gespräch mit einer höheren Macht. Darin lasse ich den Tag Revue passieren, sage Danke, dass ich da sein und das alles machen darf. Ich bin wohl kitschig-religiös und schäme mich manchmal schon fast dafür. Aber das ist meine Art. Bezüglich Kirche und Religion bin ich wie Sandra ambivalent.
Louves: Gott, Allah, Buddha – egal, eine Macht ist da. Was mir meine Eltern mitgegeben haben: Ich glaube an Schicksal, dass alles so kommt, wie es muss. Und ich glaube an meine Schutzengel, die mir den Weg zeigen.
«Wenn ich ein Fluchwort mit Gott verwende, habe ich sofort ein schlechtes Gewissen»
Sandra Studer
Fühlen Sie sich gesegnet?
Louves: Ja. Ich denke sogar oft, dass jetzt mal was Schlimmes passieren muss, weil ich schon so viel Glück in meinem Leben hatte.
Studer: Ich verstehe dich. Es kann so schnell ändern. Darum spüre ich eine tiefe Dankbarkeit. Danke sagen, egal ob als Beten oder In-mich- Gehen, ist mir wahnsinnig wichtig, tagtäglich.
Darf man in herausfordernden Zeiten wie momentan eigentlich einfach unterhalten?
Studer: Ich glaube, man muss sogar. Das Zeitunglesen halte ich fast nicht mehr aus, mache es dennoch täglich. Umso wichtiger ist es, dass wir Momente der Freude packen, zeigen, dass das Leben lebenswert und auch schön ist.
Und Sie drei sind für die Zeit Ihres Engagements «fascht e Familie».
Müller: So ist es, wir sehen uns täglich. Es braucht ein Gemeinschaftsgefühl, damit man untereinander Kraft schöpfen kann.
Louves: Mit mir ist Sandra sozusagen fünffaches Mami – sie ist mein Theater-Mami.
Studer: He, he, du könntest also nur ganz knapp meine Tochter sein. Ich bin ja nur 17 Jahre älter (lacht). Wir trösten und motivieren einander gegenseitig. Für mich ist das mehr als die Hälfte des Vergnügens. Ich würde nicht in einer Produktion mitspielen, wenn die Leute nicht stimmen. Da bleibe ich lieber zu Hause.
Apropos: Fallen bei Ihnen zu Hause «heilige Ausdrücke» oder auch mal ein Fluchwort mit «Gott» drin?
(Alle fluchen durcheinander.)
Studer: Selbstverständlich, und dann habe ich natürlich ein schlechtes Gewissen! (Lacht.)
Müller: Meine Mutter sagte bei jedem dritten Satz «du heilige Bimbam», das habe ich von ihr übernommen. Ich bin ein explosiver Flucher. Zum Beispiel verletze ich mich bei jeder Produktion irgendwann am Kopf. Fünf Produktionen, fünf Schrammen. Da kann ich fluchen!
Louves: Wir sind halt noch nicht in der fünften Dimension. Gemäss einer Freundin regt man sich dann nicht mehr auf.
Existieren Running Gags?
Müller: In einem Interview zur Produktion «Der Tag, an dem der Papst gekidnappt wurde» sagte ich mal: «Ich habe als Papst eine sehr kleine Rolle, ich muss nur wirken.» Jetzt spiele ich den Pfarrer Bischoff und höre die ganze Zeit: «Du muesch nume würke.» (Lacht.)
Louves: Und wir haben das Foto, gell, Sandra?
Studer: Uff! Gigi Moto, Fabienne und ich teilen die Garderobe. Fabienne ist die am frischsten Verliebte unter uns, und das Erste, was sie gemacht hat, war, ein kleines Foto von sich und ihrem Schatz an den Spiegel zu hängen. Gigi und ich, die zwei Alt-Verheirateten, beschlossen, sie zu übertrumpfen. Wir hängten ebenfalls ein Foto von unseren Männern auf – im A4-Format! Aber es war mir dann doch etwas peinlich, und ich habe es nach zwei Tagen wieder entfernt (lacht).
Müller: Bei mir steht ein kleiner Samichlaus beim Spiegel. Ein Geschenk von einem Kollegen.
Studer: Fragen Sie jetzt noch, was wir voneinander halten?
«Mit gewissen Menschen spiele ich auf der Bühne. Mit Sandra schwimme ich»
Fabienne Louves
Selbstverständlich. Wollen Sie gleich beginnen?
Studer: Ich habe eine grosse Bewunderung, wie Fabienne ihre Rolle lebt. Sie ist top vorbereitet und hat eine grosse natürliche Bühnenbegabung, ist ein richtiges Bühnentierli! WAM und ich sind ja etwas älter, und von dieser Energie lässt man sich gern anstecken.
(Louves wischt sich eine Träne weg.)
Müller: Wirklich, Fabienne! Du verbreitest eine extrem fröhliche Stimmung.
Louves: Jetzt will ich auch etwas sagen. Als ich das erste Mal hörte, dass ich mit Sandra Studer spielen kann, dachte ich: Wow!
Studer: Du hast mich wohl schon am Fernsehen gesehen, als du noch den Nuggi im Mund hattest.
Louves: Du bist so ein bodenständiger Mensch und on top deine Stimme. Du berührst mich so sehr, wenn du singst. Es gibt Menschen, mit denen spielt man auf der Bühne, aber mit dir schwimme ich.
(Jetzt hat Sandra Studer ein Tränli im Auge.) Und WAM! Dein komödiantisches Timing, einfach immer perfekt.
Studer: Du bist eine Institution! Ich habe mich so gefreut, endlich einmal mit dir spielen zu können.
Sie standen noch nie zusammen auf der Bühne?
Studer: Letztes Jahr war ich als Pfau bei «The Masked Singer Switzerland» dabei. Irgendwann fand ich heraus, dass er der Pinguin ist. Wir hatten die Garderoben nebeneinander, und ich hörte ein leises «Ich cha nüme, ich will hei!». Da habe ich geklopft und rief: «WAM, ich will au hei, ich chan au nüme.» (Lacht.)
Müller: Es war unglaublich anstrengend. In meinem Alter zwei neue englische Songs pro Woche lernen – ein Horror!
Ihr Beruf ist es zu unterhalten. Was bereitet Ihnen Freude?
Müller: Für mich ist es aktuell tatsächlich dieses Stück. Bis zur Premiere ist es Arbeit, danach wirds zur puren Freude.
Studer: Ich kann nur sagen: Amen.
Louves: Halleluja!
«Sister Äct» Das Mundart-Musical läuft vom 3. November bis 22. Januar in der Maag Halle Zürich, www.sisteract-musical.ch
Hier finden Sie auch die Spieldaten des Hauptcasts.