Die sportliche Partnerschaft ist neu, aber die Verbindung gibts schon ewig: Was haben Sie für eine Beziehung zueinander?
Anouk: Ich habe früher oft auf die kleine Schwester aufgepasst. Mit sechs Jahren Altersunterschied hatten wir nicht so viele Gemeinsamkeiten. Jetzt sind wir auf Augenhöhe, sehr eng, und wissen alles voneinander.
Zoé: Ich durfte immer viel von Anouk lernen – sie war mein Vorbild und hat mir den Weg ins Beachvolleyball geebnet. Je älter wir wurden, desto mehr konnte sie sich auch an meiner Schulter anlehnen. Das hat unsere Beziehung noch stärker gemacht.
Wie leicht fiel Ihnen die Entscheidung, zusammen Beachvolleyball zu spielen?
Anouk: Wir haben uns sehr gefreut, aber natürlich muss man alles abwägen. Privat- und Berufsleben zu vermischen, ist eine grosse Sache. Wir haben lange darüber gesprochen.
Zoé: Es war ein Traum, den wir schon lange hatten. Aber im Hinterkopf wussten wir, dass es auch Risiken und Gefahren in sich birgt. Wir wollten ohne Einfluss der Familie diese Entscheidung treffen – die finden das natürlich supertoll – aber schluss- endlich tragen wir diese Verantwortung dann auf unseren Schultern. Aber ich habe einfach gespürt, dass ich das machen muss und will.
Wie hat sich Ihre Beziehung verändert, seit Sie zusammen trainieren?
Anouk: Als neues Team ist man am Anfang in einer «Honeymoon-Phase» – alles ist aufregend. Aber wir müssen lernen, uns gegenseitig Space zu geben. Vielleicht nehmen wir in Zukunft auch mal Einzelzimmer. (lacht.)
Zoé: Wir sind jetzt immer zusammen – bei der Arbeit und privat. Aber als Schwestern sind wir das mehr gewohnt als andere Teams.
ANOUK VERGÉ-DÉPRÉ
Sie zählt zu den erfolgreichsten Schweizer Beachvolleyballerinnen: Nach dem Europameistertitel 2020 und Olympia-Bronze 2021 in Tokio mit Joana Mäder hat sie sich auf höchstem Niveau etabliert.
Reden Sie privat auch über Beachvolleyball?
Anouk: So wenig wie möglich.
Zoé: Das ist schwierig, wenn der Papa und die Mama, selbst ehemalige Spieler, am Tisch sitzen. (lacht.)
Anouk: Es ist viel. Gerade letztens waren wir an einem Familiengeburtstag – wir hocken halt wirklich die ganze Zeit aufeinander. Aber wir sind noch in der Findungsphase. Wir haben auch zwei separate Whatsapp-Chats: Einen fürs Business und einen, wo wir «nur» als Schwestern aufeinander zugehen.
Was nervt Sie am jeweils anderen?
Zoé: Anouk überbucht sich mit Terminen und jammert dann, dass sie keine Zeit hat.
Anouk: (lacht.) Das stimmt! Und Zoé lässt immer zwei Nüdeli auf dem Teller liegen! Das hat doch noch Platz im Bauch.
Zoé: (lacht.) Die esse ich später! Die tue ich in den Kühlschrank – also kein Food Waste.
Worin unterscheiden Sie sich sonst noch?
Zoé: In unserer Augenfarbe. Und ich bin bei neuen Leuten zurückhaltender.
Anouk: Ja, ich bin da offener. Dafür gehst du schneller in die Tiefe, während ich länger brauche, um mich in der Tiefe zu öffnen.
ZOÉ VERGÉ-DÉPRÉ
Grosses Talent: Mit ihrer früheren Partnerin Esmée Böbner sorgte sie in der Olympia-Quali 2024 für Aufsehen, als sie Anouk Vergé-Dépré und Joana Mäder besiegte – und später in Paris Platz 5 erreichte. Nur eine Woche danach folgte EM-Bronze. Nun startet das neue Schwesternduo mit Unterstützung von Red Bull, Toyota und Nike in ein neues Kapitel.
Sind Sie auch unterschiedlich in Ihrem Kleiderstil?
Zoé: Wir mögen dasselbe, aber ich liebe eher Streetstyle.
Anouk: Mein Stil ist vielleicht etwas mehr Business Casual als der von Zoé.
Wie viel Geld geben Sie im Monat für Klamotten aus?
Anouk: Nicht viel. Vielleicht 60 Franken?
Zoé: Was? Niemals! Ich habe gerade Bikinis für 200 Franken bestellt.
Anouk: Okay, aber Shopaholics sind wir nicht. Dank unserem Partner Nike dürfen wir uns da austoben.
Zoé, haben Sie früher aus Anouks Kleiderschrank stibitzt?
Zoé: Natürlich! (lacht.)
Anouk: Oh ja! Und das gab oft Streit – vor allem, wenn sie nicht gefragt hat.
Zoé: Hättest du denn Ja gesagt? Anouk: Wahrscheinlich nicht. (lacht.)
Tauschen Sie heute noch Klamotten?
Zoé: Beim Ausmisten, ja. Aber sonst eher nicht mehr.
Anouk: Ich veranstalte jeweils einmal pro Jahr einen Flohmarkt, wo auch andere Schweizer Grössen wie Mujinga Kambundji oder Seven Kleider beisteuern. Der Erlös wird für gute Zwecke gespendet.
«Zusammen zu spielen, war ein Traum, den wir schon lange hatten», erzählt Zoé Vergé-Dépré.
Joan MinderAnouk, Ihre High Heels müssen vorerst im Schrank bleiben. Warum?
Beim Training in Brasilien habe ich mir die Zehe luxiert und musste in Rio operiert werden. Kapsel und Bänder mussten repariert werden.
Wie ist es, wenn die Schwester sich verletzt?
Zoé: Bitter! Wir waren gerade in unserer Aufbauphase. Ich hatte dieselbe Verletzung vor drei Jahren und wusste genau, was auf sie zukommt. Geduldig sind wir beide nicht – das ist eine Challenge für uns. Und wenns die Schwester ist, tuts doppelt weh.
Anouk: Es ist aber schön, immer jemanden aus der Familie dabei zu haben. Auch bei diesem Unfall ist sie mir nicht von der Seite gewichen.
Sie wollten im März das erste Turnier spielen. Wann ist es jetzt so weit?
Anouk: Wahrscheinlich im April beim Elite16 im brasilianischen Saquarema. Wir müssen flexibel sein.
Zoé Vergé-Dépré liebt normalerweise den Streetstyle.
Joan MinderHaben Sie ein Ritual vor dem Turnier?
Zoé: Ich höre gerne Musik, viel Hip-Hop und Songs aus Guadeloupe.
Anouk: Ich flechte mir vor Wettkämpfen die Haare und schminke mich so, dass ich mich wohl und selbstbewusst fühle.
Stylen Sie sich in Zukunft zusammen vor den Turnieren?
Anouk: Das wissen wir noch gar nicht! (lacht.) Aber unser Musikgeschmack passt – also wieso nicht?
Was sind Ihre Ziele für die Saison?
Zoé: Bis Ende Jahr unsere Teamidentität zu finden. Es ist noch zu früh, um Titel zu nennen.
Anouk: Wir haben viel umgestellt – ich spiele jetzt Vollzeit-Block und neu auf der rechten Seite. Zudem spielen wir beide neu oben zu. Das braucht Zeit, aber wir kriegen das hin.
Zoé, Ihr Freund Jason Joseph ist auch Spitzensportler. Warum halten Sie Ihre Beziehung privat?
Es fühlt sich für uns einfach richtig an. Wir wollen für unsere Leistungen im Sport im Fokus stehen, nicht für unsere Liebe.
Und Anouk Vergé-Dépré fühlt sich in Business Casual wohl.
Joan MinderIhr Vater kommt aus Guadeloupe. Was verbinden Sie mit der Insel?
Zoé: So viel! Es ist unsere zweite Heimat. Das leckere Essen, die Musik, das Meer – wir gehen so oft nach Hause, wie wir nur können.
Was ist typisch Schweiz und was typisch Guadeloupe an Ihnen?
Anouk: Die Pünktlichkeit haben wir definitiv nicht von der Schweiz! (lacht.)
Zoé: Wir sind sehr spontan. Nicht, dass die Schweiz nicht spontan ist! Aber in Guadeloupe sind die Leute gelassener drauf, so im «Wenn nicht heute, dann morgen»-Stil.
Anouk: Dafür haben wir den disziplinierten Ehrgeiz von der Schweiz.
Zoé: Und die Lebensfreude von Guadeloupe!
Anouk: Und von beiden Orten haben wir den Bezug zur Natur! Wir lieben die Berge und das Meer, bei- des sind Kraftorte für uns – da holen wir uns die Energie für den Sport.