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Schweizer Design

Der Zürcher Brand Yvy bricht mit Mode-Normen

Im Zürcher Kreis 5 entwirft Yvonne Reichmuth Leder-Accessoires, die zu reden geben. Auch in Hollywood. Madonna und Lady Gaga tragen Stücke des Labels Yvy. Die Designerin über ihr Erfolgsrezept. Und warum sie sich mehr Mode-Mut wünscht.

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Yvonne Reichmuth

#yvyeveryday: Die eigenen Kreationen trägt die Designerin Yvonne Reichmuth täglich – auch zu Hause in ihrer Zürcher Wohnung.

Marvin Hugentobler

Wer die Tür zum Yvy-Atelier öffnet, glaubt, sich im Raum geirrt zu haben. Statt Glanz und Glamour funkeln Hämmer, Zangen und Maschinen. Der in Schwarz-Weiss gehaltene Raum kommt einer Werkstatt gleich. Der Duft von schwerem Leder steigt in die Nase, die Klänge von psychedelischem Rock setzen sich in den Ohren fest. Durch grosse Fenster flutet Licht herein und trifft auf die prominent platzierte Discokugel. Der Schimmer, der aufleuchtet, malt hübsche Muster auf Yvonne Reichmuths Porzellanteint. Mit ihrem Modelabel Yvy mischt die Wahlzürcherin seit knapp sieben Jahren die Modeszene auf. Nicht nur hierzulande feiern die extravaganten Harnische, Corsagen und Gürtel grosse Erfolge. Die Leder-Accessoires der 36-Jährigen kommen vor allem in Hollywood gut an. «Angefangen hat alles mit Monica Bellucci. Sie war die Erste, die alle kannten und die in meinen Designs fotografiert wurde», erinnert sich Reichmuth. Das war 2015. Seither glänzt eine Showgrösse nach der anderen in Yvy. Zur prominenten Fanbase gehören unter anderen Madonna, Lady Gaga und Kristen Stewart.

 

Kreativ wurde die Designerin bereits im Kindesalter: «Ich verspürte schon immer die Leidenschaft, etwas mit meinen Händen zu kreieren.» Der Abschluss in Modedesign und die Gründung des eigenen Labels waren die logische Folge. Danach experimentierte sie mit verschiedenen Materialien. Arbeitete sie mit Leder, schlug ihr Herz schneller – trotz vegetarischer Ernährung. Das Material spricht sie nicht nur aus ästhetischen Gründen an: «Der Wert von Leder-Accessoires wird höher gewichtet als der von anderen Textilien. Man wirft sie nicht so schnell weg, sondern behält sie lange. Leder wirkt der Wegwerfmentalität entgegen.» Seit Beginn der Marke Yvy, seit den ersten Mustern setzt Kreativkopf Reichmuth mehr auf Qualität als auf Quantität: «Ich will nicht zwei- bis viermal im Jahr eine neue Kollektion herausbringen. Ich möchte lieber gut durchdachte Klassiker fertigen.» Eine nachhaltige Strategie, die ankommt. Wie es zu dem internationalen Erfolg kam? Mit «viel Herzblut, Talent und vielleicht auch dank einer kleinen Portion Glück».

Yvonne Reichmuth in ihrem Atelier

Harnische aus Leder: Sie sind das Markenzeichen von Yvy. 

Marvin Hugentobler

Yvonne Reichmuth tickt anders als andere Modemacher und Modemacherinnen. Sie pfeift nicht nur auf Trends und Fast Fashion, sondern auch auf Konventionen. Ihr ist bewusst, dass ihre Werke an Fetischmode erinnern können. Doch ihr Fokus ist ein anderer. Die Träger und Trägerinnen von Yvy sollen ermutigt werden, auszuleben, was in ihnen schlummert – sei es ihre Sexyness, Feminität oder Androgynie. Die Inspiration dafür holt sich die Designerin von überallher, nur nicht aus der eigenen Branche: «Orientiert man sich ausschliesslich an der Mode, ahmt man zwangsläufig etwas nach, das es schon gibt. Ich gehe einfach offen durchs Leben. Impulse für neue Werke warten an jeder Ecke.»

Mit der etwas anderen Denkweise hat es die Schweizerin geschafft, in den internationalen Mode-Olymp aufzusteigen. Und ist dennoch auf dem Boden geblieben. Sie freut sich nach wie vor, wenn sie in einer Zürcher Bar Leute trifft, die ihre Accessoires tragen. Sie lebt nicht in Saus und Braus, sondern in einer bescheidenen Einzimmerwohnung. Und von ihrem Erfolg gibt sie anderen gern etwas ab. So gehen die Erlöse des aktuellen Yvy-Lookbooks «Feelings» an die FIZ Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration: «Gerade merkt man mal wieder, wie ungleich das Glück verteilt ist. Wenn etwas schlecht läuft, müssen diejenigen leiden, denen es ohnehin schon nicht gut geht.» Betrachtet man die Yvy-Stücke, gefertigt aus robustem Leder, versehen mit Schnallen und Nieten, wirken sie unverwüstlich. Die Frau, die hinter dem Label steckt, ist herzlich und emotional. 

Yvonne Reichmuth in ihrem Atelier

Hämmer, Zangen und Moodboards: Yvonne Reichmuth, 36, in ihrem Zürcher Atelier.

Marvin Hugentobler

In puncto Mode wünscht sich Yvonne Reichmuth für die Zukunft mehr Mut – vor allem hierzulande: «Schweizer und Schweizerinnen denken so viel darüber nach, was andere denken. Das ist in Hollywood weniger der Fall.» Dennoch plant die Designerin keinen Wegzug, sie will mit ihrem Label in Zürich bleiben. An ihrer Heimat schätzt sie neben der hohen Lebensqualität die überschaubare Grösse: «Los Angeles finde ich eine Zeit lang cool. Aber ich möchte nicht jeden Tag eine Stunde im Stau stehen müssen. Dann gehe ich doch lieber über Mittag schnell in die Badi oder mit dem Velo innert zehn Minuten überall dahin, wo ich hinwill – das liebe ich.» 

Was ist EqualVoice?

Die EqualVoice Initiative wurde 2019 von Ringier CFO Annabella Bassler initiiert und von CPO Global Media & Blick Grouppe Katia Murmann mitgegürndet. Die Initaitve wird von Verleger Michael Ringier und Ringer CEO Marc Walder präsidiert. Ziel von EqualVoice ist es, Frauen in den Medien sichtbarer zu machen und Frauen und Männern die gleiche Stimme zugeben. Kern der Initiative ist der EqualVoice-Factor, ein Algorithmus, der analyisiert wie oft Frauen und Männer in den Artikel zu Wort kommen. Mehr Informationen zu EqualVoice unter: www.equalvoice.ch

Von Denise Kühn am 26. April 2022 - 10:30 Uhr