Genau 591 Tage werden die Bernerin Alina Buchschacher und die Ostschweizerin Julia Flückiger bei der Übergabe am kommenden Samstag vor 2500 Fans im ausverkauften Zürcher Hallenstadion im Amt gewesen sein. Ein Novum in der Geschichte der Schweizer Miss-Wahl, denn so lange trug bisher noch keine ihre Krone. Den bisherigen Rekord hielt die Luzernerin Renate Knöpfli-Walther, die 1986 anderthalb Jahre amtierte - weil die Wahl vom Frühling auf den Herbst verlegt wurde.
Der Amtszeit-Rekord gilt indes nur in der Neuzeit. Denn in den Anfängen war das noch anders mit dem Amtsjahr: Missen, die Erfolg hatten, durften ihre Krone nach Gutdünken der damaligen Organisation weiter behalten. Bis der Wind drehte und man fand, es sei wieder mal an der Zeit, eine neue Königin zu küren. Das waren noch Zeiten!
Diesmal hat die lange Amtsdauer viel dramatischere Gründe: Letztes Jahr fand gar keine Kür statt. Das Schweizer Fernsehen zog den Stecker, Sponsoren stiegen aus, Veranstalter Christoph Locher verkaufte den Glamour-Event. Alles war am Boden. Aber Unternehmer Guido Fluri fasste sich ein Herz, kaufte die Wahl, halbierte das Budget, fand einen neuen TV-Sender und setzte die erfahrene Missen-Betreuerin Karina Berger (Miss Schweiz 1988) zusammen mit ihrem Ehemann Thomas Russenberger an die operative Spitze. Dem Trio ist es zu verdanken, dass die gute alte Schweizer Tradition, neben der Zirkus-Familie Knie ein Ersatz-Königshaus zu haben, fortgesetzt wird.
591 Tage auf dem Thron - und kein Chauffeur! «Wie kommen wir nur an den Bahnhof?» Das fragte sich Alina vergangene Woche am fünften Geburtstag der Abendzeitung «Blick am Abend» im Zürcher «Quai 26». Angeregt unterhielten wir uns am Tisch mit der Luzerner Ex-Miss Kerstin Cook, Karina und Thomas. Wie es sich gehört, bot ich Fahrdienst an, sodass die Gespräche unverzüglich fortgesetzt werden konnten. Dabei dachte ich im Unterbewusstsein an das, was alle drei Missen gemeinsam in ihrem Leben haben: Alle ihre Beziehungen haben die Amtsjahre bestens überstanden!
Alina ist immer noch mit Fabien Papini zusammen, ihrem Freund, den sie kurz vor ihrer Kür kennenlernte. Julia ist nach wie vor glücklich mit ihrem Schatz Ronny Spitzli. Und Kerstin, die Miss von 2010, ist soeben mit ihrem Freund Silvan Büchli in der Nähe von Solothurn zusammen gezogen. Ich stell mal die Frage: «Wer von euch drei heiratet zuerst?» Alina und Kerstin schmunzeln nur. Bei Julia aber kommt es wie aus der Kanone geschossen: «Also bei mir kann es nicht mehr lange dauern!» Ist sie denn schon verlobt? «Nein, mein Liebster hat den Kniefall noch nicht absolviert.»
Aufdatiert mit diesen wichtigen Informationen, packe ich draussen noch schnell mein neues, mobiles Fotostudio (auf das ich wirklich stolz bin) zusammen, komme zurück - und kann Alina und Julia immer noch nicht losreissen von der gesprächigen Runde. Es ist 22.45 Uhr und die Züge nach Bern und in die Ostschweiz fahren doch plus/minus 23 Uhr! Zehn Minuten später sind die Verabschiedungs-Rituale endlich vorbei, wir können losfahren. Es wird eng. Doch ganz unbekümmert schwärmen Alina und Julia im Auto von ihrer Amtszeit, wie schön sie es hatten, wie viele Freundschaften sie haben schliessen können - und wie viel Lebenserfahrung sie haben machen dürfen.
Ergebnis: Alina verpasst ihren 23.02-Uhr-Zug nach Bern, Julia erwischt ihr Transportmittel von 23.06 Uhr gerade noch...