Lieber Urs Fischer
Nur sechs anderen Schweizern ist es gelungen, Bundesliga-Trainer zu werden. Und jetzt haben Sie den Aufstieg ausgerechnet mit dem ewigen Zweitligisten, dem früheren Ossi-Klub Union Berlin, geschafft, der noch nie bei den Grossen mitgespielt hat. Viele dachten ja, jetzt ist Urs Fischer im Out gelandet, nachdem er mit Thun in die Europa League aufgestiegen und mit FC Basel Schweizer Meister geworden ist.
Im Fischer-Stil – etwas langweilig, aber gut organisiert und zäh – hat Union gegen Stuttgart das notwendige 0:0 erstritten. Feiern Sie den historischen Moment möglichst ausgiebig! Denn dort oben, wo Geld und Stars die erste Rolle spielen, wird sich Union nicht lange halten können, sagen die Auguren. Obschon bereits vom Ausbau des kleinen Stadions «Alte Försterei» die Rede ist, wo die Matchhymne der ostdeutschen Pop-Ikone Nina Hagen so schön dröhnt. Zum Glück ist es den Fans des «eisernen» Klubs auch recht, wenns bald wieder weitergeht wie bisher, denn Familien-Groove ist ihnen wichtiger als Schickimicki. Sie gehen sogar zum Blutspenden, wenns den Vereinsfinanzen schlecht geht. Wo sonst hat man je ein Spruchband «Au Scheisse, wir steigen auf» gesehen, wie vor zwei Jahren, als Union Berlin nah am Aufstieg war?
In der Alten Försterei herrscht eine Atmosphäre, auf die viele Klubs neidisch sein könnten: eine Mischung aus «Ostalgie», Aussenseiter-Romantik, linkem Gedankengut und echter Fussballbegeisterung. Und am Spielfeldrand steht ein Schweizer namens Fischer, der nach dem Match gerne fischen geht. Eine schöne Geschichte, die Sie da geschrieben haben.
Mit freundlichen Grüssen