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Der ganz normale Wahnsinn

Brief an meine Tochter zum Ende der Schulpflicht

Mit dem Beginn der Sommerferien endet die obligatorische Schulpflicht der Tochter unserer Familienbloggerin. Ein weiterer Meilenstein für beide. Und Zeit für ein paar emotionale Worte.

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Sandra Casalini Blog Mädchen am Schreiben

Die Tochter unserer Familienbloggerin an ihrem ersten Schultag. Jetzt, neun Jahre später, ist das Obligatorium geschafft. 

ZVG

Meine kleine Grosse,

es ist, als wärs gestern gewesen, als du voller Selbstbewusstsein zum ersten Mal ein Schulzimmer betreten hast. Als du deine Schultasche auspacktest, voller Stolz, Neugier und Vorfreude. Ich kann kaum glauben, dass das neun Jahre her ist.

Eine schulische Überfliegerin trotz Pubertät

Genauso, wie du damals dieses Schulzimmer betreten hast, bist du durch deine Schulzeit marschiert. Mit einer kurzen, intensiven Ausnahme, als du vor gut fünf Jahren über Nacht in die Pubertät kamst und plötzlich nicht mehr viel ging. Die hat uns beiden viel abverlangt. Da wir aber, was die Schule angeht, immer wussten, dass dus besser kannst, war das eigentlich nie ein Thema.

«Dich scheitern zu sehen hat mir fast mehr weh getan als dir selbst. Und in dem Moment ist mir richtig bewusst worden: es wird jetzt immer mehr Dinge geben, vor denen ich dich nicht schützen kann.»

Die Primarschule hast du als eine der Klassenbesten abgeschlossen, ohne grossen Aufwand. Als du die Gympirüfung nach der 2. Sek nur knapp geschafft hast, dämmerte mir zwar schon, dass es ab jetzt nicht mehr ganz so einfach sein würde. Und ich sah auch warum. Du hast nie gelernt, zu lernen. Weil es nie nötig war.

Ab jetzt ist alles freiwillig

Und es kam, was kommen musste: du bist mit wehenden Fahnen untergegangen. Mit dem Nichtbestehen der Probezeit bist du zum ersten Mal im Leben so richtig auf die Schnauze gefallen. Das Krasse ist: dich scheitern zu sehen hat mir fast mehr weh getan als dir selbst. Und in dem Moment ist mir richtig bewusst worden: es wird jetzt immer mehr Dinge geben, vor denen ich dich nicht schützen kann. Ich muss einen Schritt zurücktreten, dir dein Spielfeld überlassen – und mich wieder vermehrt auf mein eigenes Spiel konzentrieren. Das ist gar nicht so einfach.

«Ab jetzt ist alles, was du machst, alles, was du investierst, eine Investition in dich, in deine Zukunft.»

Du hast dich entschieden, es nochmal zu versuchen mit dem Gymnasium. Insofern wird sich, abgesehen von der neuen Klasse, nach den Sommerferien nicht wahnsinnig viel ändern für dich. Eines aber ist ab jetzt grundlegend anders: du MUSST nicht mehr. Es gibt kein Gesetz mehr, das dir vorschreibt, dass du zur Schule gehen sollst. Ab jetzt ist alles, was du machst, alles, was du investierst, eine Investition in dich, in deine Zukunft.

Tu, was sich richtig anfühlt!

Ich weiss, mein Rat ist immer weniger gefragt, aber zwei Dinge will ich dir trotzdem noch mitgeben. Erstens: sei mutig. Du weisst jetzt, wie es sich anfühlt, wenn halt mal was nicht so klappt, wie man sich das vorgestellt hat. So schlimm wars nicht, oder? Zweitens: hör auf deinen Bauch. Für deinen Kopf mögen tausend Dinge eine Rolle spielen, aber dein Gefühl ist mindestens genauso wichtig.

Kann schon sein, dass es dich mal täuscht. Aber aus Erfahrung kann ich dir eines sagen: es ist viel schlimmer, etwas zu tun, das sich falsch anfühlt, als etwas, das sich im Nachhinein zwar als falsch herausstellt, sich im Moment aber richtig angefühlt hat. Und last but not least: ich werde immer da sein. Nicht vor oder hinter dir, sondern an deiner Seite. Mit gebührendem Abstand.

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Familienbloggerin Sandra C.
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Von Sandra Casalini am 18. Juli 2020 - 17:14 Uhr