Mit der Welt ist eigentlich nichts los. Sie ist die gleiche, die sie immer war, immer sein wird. Die Frage ist, was mit uns los ist. Mit uns Menschen. Wir geben gerade das wohl schlechtestmögliche Bild ab, das unsere Spezies abgeben kann.
Warum? Aus Angst. Das ist an und für sich nichts Schlimmes. Und ihr beide habt das riesige Glück, in einem Teil der Erde geboren worden zu sein, in dem eure Angst tatsächlich gerechtfertigt ist. Weil ihr verdammt viel zu verlieren habt, wenns euch erwischt. Ihr habt keinen Grund, wegzulaufen, auch wenn ihr genau wisst, dass euch das im schlimmsten Fall das Leben kosten kann.
Euch sagt niemand, ihr sollt doch wieder «nach Hause» gehen, an einen Ort, an dem euch nichts geblieben ist, der als «Heimat» nur noch in eurer Erinnerung existiert. Ihr habt alles, wovon andere nur träumen können. Gesundheit, Sicherheit, Freiheit.
«Wir lassen Menschen – nicht Flüchtlinge, Menschen! – im Meer ersaufen und schieben einander gegenseitig den Schwarzen Peter zu.»
Wie gesagt, Angst zu haben ist keine Schande. Entscheidend ist, wie wir damit umgehen. Und ehrlich gesagt macht mich das im Moment genauso ratlos wie euch. Wir horten Toilettenpapier aus Angst vor dem totalen Shutdown wegen eines Virus (Toilettenpapier! Kann mir das mal jemand erklären?).
Wir lassen Menschen – nicht Flüchtlinge, Menschen! – im Meer ersaufen und schieben einander gegenseitig den Schwarzen Peter zu. Auf der anderen Seite schauen wir den Polen beim Schmelzen zu und überlassen es eurer Generation, dereinst auf das zu reagieren, das uns allen wirklich Angst machen sollte.
Klar, Virus ist Virus. Im schlimmsten Fall könnt ihr dran sterben, auch wenn sich die Gefahr in eurem Fall wirklich in sehr engen Grenzen hält. Ihr könnt auch vom Velo fallen und unter ein Auto kommen. Oder über das Puff in eurem Zimmer stolpern und euch das Genick brechen.
«Wir sind zu einer Horde ich-bezogener Schisshasen geworden, denen in der Angst nichts Gescheiteres einfällt, als WC-Papier zu horten.»
Klar, wir können nicht einfach alle Grenzen aufmachen und jeden hingehen lassen, wo er möchte. Dafür haben wir schlicht keine Kapazität. Aber wir könnten ein kleines bisschen Menschlichkeit walten lassen. Und hier liegt das Problem. Menschlichkeit stand einmal für Hilfsbereitschaft, Warmherzigkeit und Gemeinschaftssinn. Heute steht es offenbar für Egoismus und Angst. Wir sind zu einer Horde ich-bezogener Schisshasen geworden, denen in der Angst nichts Gescheiteres einfällt, als WC-Papier zu horten.
Ich wünsche mir, dass eure Generation wieder im ursprünglichen Sinn des Wortes menschlich wird. Es spricht nichts dagegen, eine Bedrohung ernst zu nehmen und vorsichtig zu sein. Wascht euch die Hände, niest einander nicht ins Gesicht und bleibt zu Hause, wenn ihr krank seid, auch wenns im Pausenkiosk Schoggigipfeli gibt. Alles andere ist Schicksal.
Schaut dereinst genau hin, wen ihr reinlasst – das gilt für euer Land genauso wie für euer Herz – aber lasst euch dabei nicht von Vorurteilen leiten. Sie sind ein noch schlechterer Ratgeber als Angst.
«Haltet zusammen. Schliesst Kompromisse. Auch wenn ihr dadurch vielleicht schlussendlich ein kleines bisschen weniger zu verlieren habt als jetzt. Es ist immer noch genug.»
Helft einander. Seid nett. Seid dankbar. Haltet zusammen. Schliesst Kompromisse. Auch wenn ihr dadurch vielleicht schlussendlich ein kleines bisschen weniger zu verlieren habt als jetzt. Es ist immer noch genug. Nur so könnt ihr die Welt retten. Ah ja, und schaut, dass ihr immer genug Toilettenpapier habt. Irgendeinen Sinn muss das ja machen. Oder kann es tatsächlich sein, dass sich so viele Leute aufsmal irren…?
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