Farbenblindheit
Anders kann ich mir das mit der schmutzigen Wäsche nicht erklären. Denn SO schwierig ist das nun wirklich nicht. Links: weiss, Mitte: bunt, rechts: schwarz. Für meine Pubertiere offenbar eine unlösbare Aufgabe. Dabei muss ich gestehen, dass vermutlich nur das eine davon farbenblind ist – das nämlich, das die Wäschekörbe überhaupt findet. Das andere, das seine schmutzigen Klamotten im ganzen Haus rumliegen lässt, hat wohl irgendwie Orientierungsprobleme.
Schwerhörigkeit
Die zeichnet sich zwar ab, seit sie klein sind, aber mit Erreichen der Pubertät ist sie offensichtlich am Höhepunkt angelangt. Kennt ihr das Spiel, bei dem alle in einer Reihe sitzen, der Erste flüstert dem Zweiten etwas ins Ohr, der flüsterts dem Dritten ins Ohr und so weiter, und am Schluss lachen sich alle schlapp, was beim Letzten ankommt? Meine Pubertiere brauchen gar keine Ohren dazwischen und ich flüstere auch nicht, sondern sage laut und deutlich: «Aufstehen, es ist schon halb acht!» Und sie verstehen: «Nochmal umdrehen, du hast noch ewig Zeit!» Oder wahlweise: «Schuhe anziehen, wir müssen in fünf Minuten los.» Und sie verstehen: «Mach doch noch dein Game fertig, spiel ein bisschen Klavier und schmier dir ein Butterbrot, wir habens nicht eilig.»
Glasknochen
Pubertiere sind generell verletzungsanfälliger als Kleinkinder. Besonders männliche. Während sie, wenn sie als Vierjährige vom Velo fallen, sich dabei die Lippe aufreissen und heftig bluten, nicht mehr als ein eher erstauntes «Aua» von sich geben, schreien sie als Zwölfjährige «Der ist gebrooooooooochen!!! Auuuuuuuuuuu!», wenn sie auf dem Fussballplatz einer mit der Schuhspitze am Fussknöchel berührt hat. Dann humpeln sie theatralisch vom Platz, die Arme um die Schultern von zwei Kumpels, sitzen für den Rest vom Match mit einem Eisbeutel am Fuss am Spielfeldrand und schütteln am Ende resigniert den Kopf, weil man verloren hat. Wäre man selbst nicht so oberfies gefoult worden und haarscharf an einem ganz üblen Bruch vorbeigeschrammt, wäre das nicht passiert.
Wasserscheuheit
Selbst die grössten Wasserratten werden in der Pubertät wasserscheu. Wobei es auch hier Unterschiede gibt. Soweit, dass ich beurteilen könnte, ob das mit dem Geschlecht zusammenhängt, bin ich in meinen Forschungen noch nicht. Jedenfalls scheut das weibliche Pubertier, früher die grösste Wasserratte weit und breit, den See mittlerweile fast mehr als seine Hausaufgaben. Da hats so Pflanzen drin. Und Fische, oh Gott – Fische!!! Und seine Haare! Die werden so chüsimüsi wenn sie nass sind. Und hier gibts keinen Föhn. Wenns einen Föhn in der Nähe hat, springt es dafür auch mal dreimal täglich unter die Dusche. Das männliche Pubertier hingegen liebt den Sprung in den See oder den Pool nach wie vor über alles und kann auch den ganzen Tag dort drin verbringen. Wasser, das von oben kommt hingegen, findet es genauso überflüssig wie Shampoo, Seife und Zahnpasta. Braucht kein Mensch. Oder kein Mann. Oder so.
Legasthenie und Dyskalkulie
Die Buchstaben- und Zahlenblindheit betrifft selbst die besten Schülerinnen und Schüler. Ganz offensichtlich ist es für ein Pubertier sehr, sehr schwierig, einen Stundenplan zu lesen. Glücklicherweise gibt es ja heute Handys und Mütter, die wahlweise so nett oder so blöd sind, einem in der Pause die Sporttasche zu bringen. Das Gleiche gilt für Fahrpläne. Und für Mütter, die wahlweise so nett oder so blöd sind, einen zu fahren, wenn man am Bahnhof gemerkt hat, dass fünf vor und fünf nach nicht das Gleiche ist.
Übrigens bin ich nach einem Besuch im Zoo zum Schluss gekommen, dass das Pubertier eine Unterart des Koalas sein muss: 14 Stunden Schlaf pro Tag, vier Stunden Relaxen (beziehungsweise Chillen), sechs Stunden Essen. Genau das Verhalten eines Pubertiers in seinem natürlichen Lebensraum (seinem Zimmer). Wären da nicht seine natürlichen Feinde (seine Eltern), die es immer wieder stören und aus seinem Lebensraum vertreiben. Aber es findet immer wieder einen Weg zurück. Und wenn es schläft, ist es tatsächlich auch immer noch ziemlich herzig, dieses Pubertier.