Während Kinder-Neid gemeinhin total akzeptiert ist, ist es Kinderlosen-Neid nicht. Dass es Menschen, die ungewollt kinderlos sind, nur schon beim Gedanken an Kindersegen Stiche ins Herz versetzt, ist mehr als verständlich. Aber auch, wer bewusst auf Kinder verzichtet, darf mit einem gewissen Mass an Verständnis rechnen, wenn sich beim Anblick eines besonders süssen Exemplars der Zwerglein-Fraktion seufzend die Was-wäre-(gewesen)-wenn-Frage stellt. Eine eigene Familie ist in unseren Köpfen das Nonplusultra, ohne muss einem ja irgendwann was fehlen.
So geht denn auch elterlicher Neid auf Kinderlose gar nicht. Man darf nicht mal was in der Richtung denken, geschweige denn laut aussprechen. Oder schreiben. Schliesslich wollte man ja Kinder, da kann man sich doch nicht drüber beklagen, dass man sie hat. Tu ich auch nicht. Aber ich gestehe, dass mich hin und wieder der pure Neid auf alle Kinderlosen packt. Nicht nur beim Durchscrollen von Social Media, den allgemein anerkannten Neid-Förder-Plattformen. Aber auch. Wenn ich da sehe, dass ihr mitten im Schuljahr in die Ferien könnt. Oder jedes Wochenende an irgend einer Party feiert. Und wofür ihr euer Geld ausgebt, während meines in absurd teure Krankenkassenprämien für drei Leute, ÖV-Billette, Schulmaterial (inklusive obligatorischem Auslandaufenthalt) und einen Kühlschrank, der sich alle drei Tage wie von Zauberhand leert, fliesst!
«Sie sind jeden meiner Franken und jede meiner Sorgen und jeden meiner Verzichte wert. Trotzdem erlaube ich mir ab und zu ein bisschen Neid. Ihm folgt auch immer die Erkenntnis, dass man nicht alles haben kann.»
Aber wisst ihr, was mich am meisten reizt, am Gedanken, keine Kinder zu haben? Ich hätte zwei Drittel weniger Sorgen. Nämlich nur meine eigenen. Kein Kopfzerbrechen über Schulnoten und Lehrstellen. Kein Wachbleiben, bis Kind 1 vom Ausgang heimkommt. Kein ungutes Gefühl, wenn Kind 2 spätabends mit dem Mofa unterwegs ist. Und ich müsste nur für mich selbst denken und organisieren. Was wäre das für ein Leben! Ich könnte einfach irgendwo hinziehen, ohne an die Ausbildungs-Orte der Kinder gebunden zu sein. Ich müsste nur meine eigene Agenda im Kopf haben, und nicht noch ständig zwei weitere, mit denen meine abgeglichen werden muss. Ich könnte jeden Abend und jedes Wochenende, an denen ich nicht arbeite, genauso gestalten, wie ich will, ganz ohne schlechtes Gewissen. Liebe Kinderlose, ihr wisst ja gar nicht, wie gut ihrs habt!
Aber wisst ihr was? Wenn ich nach den schönsten Momenten meines Lebens gefragt werde, sind es nicht Ferien, die mir spontan in den Sinn kommen, oder die grandiosen Cavalli-Stiefel, die ich mir mal geleistet habe (okay, die sind ziemlich nah dran). Es sind die Augenblicke, in denen ich meine schlafenden Kinder beobachtete (ich gestehe, dass ich das heute noch ab und zu mache), und mir die Tränen kamen, weil es nichts Schöneres oder Besseres in meiner Welt gibt als sie. Sie sind jeden meiner Franken und jede meiner Sorgen und jeden meiner Verzichte wert. Trotzdem erlaube ich mir ab und zu ein bisschen Neid. Ihm folgt auch immer die Erkenntnis, dass man nicht alles haben kann. Und ich habe mehr, als ich mir je erträumt habe.