Es gibt mal wieder eine neue Studie des deutschen Institutes für Generationenforschung. Sie beschäftigt sich mit der sogenannten Generation Alpha, also den Kindern, die seit 2010 zur Welt kamen, und schlägt derzeit hohe Wellen. Denn die Ergebnisse seien «dramatisch». Beurteilt wurden die Kinder von Lehrkräften, und diese stellten bei einem erheblichen Teil von ihnen «Auffälligkeiten im sprachlichen, motorischen und sozialen Bereich» fest. Bei Sätzen wie diesem weiss ich schon mal nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Was soll das heissen? Dass ein Zweijähriger noch keinen Purzelbaum hinkriegt, eine Siebenjährige nicht Goethe zitiert und zwei Elfjährige sich halt ab und zu mal prügeln? Und wer, bitte schön, entscheidet denn hier, was «auffällig» ist und was nicht?
Neu an dieser Studie ist für mich, dass man hier nicht nur eine ganze Generation von Kindern in eine Schublade steckt, sondern auch eine ganze Generation von Eltern. Beziehungsweise steckt man sie in drei Schubladen. Liebe Eltern, was darfs denn sein für euch? Seid ihr Helikopter-Eltern, die ihre Kinder überbehüten, Rasenmäher-Eltern, die ihnen jedes Hindernis aus dem Weg räumen, oder Aktions-Eltern, die ihren Nachwuchs mit Events überfluten? Oder eine Kombination aus allem?
«Über die Generation Z sagten Studien auch schon früh, sie sei verwöhnt, unselbstständig und im Erwachsenenalter vermutlich nicht überlebensfähig.»
Meine Kinder gehören ja nicht dieser voll abverheiten Generation Alpha an, sondern der vorherigen, der Generation Z. Über diese sagten Studien auch schon früh, sie sei verwöhnt, unselbstständig und im Erwachsenenalter vermutlich nicht überlebensfähig (Nun kenne ich tatsächlich einige dieser Generation-Z-Exemplare, die inzwischen das Erwachsenenalter erreicht haben, und total fähig sind, zu überleben.) Heute gilt jene Generation als «ständig online, unfähig, Entscheide zu treffen und maximal unverbindlich.» Selbst wenn das stimmen sollte, halte ich dies nicht für die Eigenschaften einer Generation, sondern für Zeichen unserer Zeit. Ich kenne nämlich sehr, sehr viele Dreissig- Vierzig- Fünfzigjährige die ganz genau so ticken.
Mit einer ihrer Behauptungen hat die aktuelle Studie vermutlich recht: Noch nie waren Eltern so verunsichert wie heute. Und das liegt vielleicht auch an solchen Studien, welche ihre Kinder - und somit ihre Qualität als Eltern - in so ein schlechtes Licht rücken. Und an den Medien, welche diese mit reisserischen Titeln wie «Die traurigsten Kinder aller Zeiten» publizieren, ohne sie (und die Umstände, unter denen die Ergebnisse zustande kamen) im Geringsten zu hinterfragen.
LiebeAlpha-Eltern, ich bin bei weitem nicht befähigt, euch irgendwelche Ratschläge zu geben, aber lasst euch von einer Z-Mutter sagen: Ich habe manchmal «helikoptert», ab und zu «Rasen gemäht» und blieb auch vom Aktionismus nicht verschont. Weil für mich das in jenem Moment so gestimmt hat. Für mich - und für niemand anders. Kann sein, dass ich falsch liege, aber ich halte meine Kinder weder für sprachlich, motorisch oder sozial auffällig und für durchaus lebensfähig. Vielleicht hab ich ja was richtig gemacht.