«Haben wir Striichhölzer?», fragt Kind 1. Ich glaub, ich hör nicht richtig. «Wie sagst du dem?» – «Na, Striichhölzer. Wie sagst denn du?» – «Zündhölzli!» – «Nie gehört. Das ist wieder so ein Wort aus deinem komischen Dialekt.» Nein, ist es nicht. Zündhölzli ist ein ganz normales schweizerdeutsches Wort – und nicht, wie mein Zürcher Kind offenbar denkt, ein spezifisch bündnerisches. Und meine Kinder kennen es nicht mehr.
So wie viele andere Schweizer Ausdrücke. So klebte Kind 1 bereits in der 1. Klasse mal einen Zettel auf eine selbst bemalte Tasse, auf dem stand «bitte nicht in die Schbühlmaschine». Von mir hat es das – zugegebenermassen in dieser Schreibweise recht hübsche – Wort nicht. Für mich ist das immer noch eine Abwaschmaschine. Aber meine Kinder essen «Pommes» statt «Pomfrit», spielten mit «Puppe» statt mit «Bäbi», räumen den «Schrank» statt den «Chaschte» ein und drücken «Pickel» aus statt «Püggeli» oder «Bibeli». Und wenn Kind 2 jeweils sagt «Ich muess no arbeite», klingt das schon fast wie eine Beleidigung für meine Schweizer Ohren.
«Zum einen sprechen meine Kinder mit 15 und 17 Jahren mehr oder weniger fliessend Englisch, und auch akzentfreier Hochdeutsch als die meisten Bundesräte. Zum anderen wissen sie eben nicht mehr, was ein Zündhölzli oder eine Abwaschmaschine ist»
In den Wortschatz der Kids mischen sich nicht nur immer mehr Anglizismen (ja, «cringe» ist immer noch King), sondern auch immer mehr «Hochdeutschizismen». Was total paradox ist, angesichts der Tatsache, dass sie – wenn sie denn überhaupt noch schreiben – dies auf sozialen Medien und in Messenger-Diensten nur noch auf Schweizerdeutsch tun. Das liegt unter anderem daran, dass Kinder, die in der Schweiz aufwachsen, aber zu Hause nicht Dialekt reden, diesen gar nie lernen. So hatten meine Kinder bereits als Knirpse Freundinnen und Freunde, mit denen sie Hochdeutsch sprachen.
Dann kommen noch Fernsehen, Youtube, Tik Tok und so weiter dazu. Dank dieser Medien sind gerade Teenager heute mehr von Schriftsprache und Englisch umgeben als von ihrer eigentlichen Muttersprache. Das hat zwei Seiten. Zum einen sprechen meine Kinder mit 15 und 17 Jahren mehr oder weniger fliessend Englisch und auch akzentfreier Hochdeutsch als die meisten Bundesräte. Zum anderen wissen sie eben nicht mehr, was ein Zündhölzli oder eine Abwaschmaschine ist.
Ich finde es toll, dass meine Kinder – Reisemöglichkeiten und Internet sei Dank – so viel internationaler aufwachsen als meine Generation. Ihr Horizont ist sehr viel weiter, als meiner es war in ihrem Alter. Dass dies ein bisschen zu Lasten des Traditionellen geht, lässt sich nicht vermeiden. Trotzdem finde ich es schade, dass sie beim Jassen (Ja, sie können es, und ich bin sehr stolz darauf!) den «Bueb» spielen statt den «Puur», und nicht mehr wissen, was ein «Wallholz» («Nudelholz»? Nicht dein Ernst, Kind!), ein «Bostitch» («Tacker»? Echt jetzt?) oder ein «Schüttschtei» («Schpüelbecki»? Oh Mann!) ist.
Bei einem sind wir uns allerdings sprachlich total einig: beim Essen. Zmittag ist Zmittag, Znacht ist Znacht. Ein Gipfeli bleibt ein Gipfeli, ein Glacé ist ein Glacé, Chnöpfli sind Chnöpfli und Gschwellti sind Gschwellti. Und Gschluder bleibt Gluschder und wir hassen es. Än Guätä.