Zwar musste sich der Begriff «hobbylos» im Jahr 2011 im Kampf ums Jugendwort des Jahres mit dem 11. Platz begnügen. Aber er hält sich seit über zehn Jahren im Wortschatz der Schweizer Jugend, auch wenn es heute nicht mehr so oft verwendet wird. Die Bedeutung bleibt die gleiche: langweilig, beziehungsweise gelangweilt. Wird jemand gefragt, ob er oder sie «hobbylos» sei, bedeutet das so viel wie «Hast du keine (anderen) Hobbys?» was wiederum so viel bedeutet wie «Bist du so gelangweilt, dass dir nichts besseres in den Sinn kommt als was auch immer du gerade gemacht hast?» Positiv gemeint ist das nicht.
Nun, meine beiden Teenager sind seit einer Weile im wahrsten Sinne des Wortes hobbylos - mit ganz kleinen Ausnahmen. Und ich kann euch gar nicht sagen, wie froh ich darüber bin. So war noch vor zwei Jahren ein gemeinsames Znacht unter der Woche eine Seltenheit. Kind 1 hatte an zwei Abenden Musical-Proben und an einem HipHop-Stunde, Kind 2 an zwei Abenden Handball-Training und an einem HipHop - zwar am gleichen wie seine Schwester, aber selbstverständlich nicht zur gleichen Zeit.
Die Wochenenden waren besetzt von Handball-Matches und je nachdem von zusätzlichen Musical- oder HipHop-Stunden und/oder Aufführungen. Kurz: Im Prinzip richtete sich die gesamte Freizeit nach den Hobbys der Kinder - inklusive regelmässigem Match-Fahrdienst in der ganzen Schweiz und Trikots der gesamten Mannschaft waschen. Aber es gibt doch kaum etwas Schöneres, als einen sonnigen, warmen Samstagnachmittag in einer stickigen Turnhalle zu verbringen.
«Da ich selbst mir sowohl die Klarinetten-Stunden (und den Blockflöten-Kurs sowieso) als auch den Turnverein erspart hätte, war ich bei meinen Kindern immer zurückhaltend mit Hobbys.»
Bei uns scheint immer noch die gleiche Meinung über Kinder und Hobbys zu herrschen, wie damals, als ich ein Kind war: «Irgend etwas müssen sie machen. Wenns geht mindestens ein Instrument und eine Sportart.» Da ich selbst mir sowohl die Klarinetten-Stunden (und den Blockflöten-Kurs sowieso) als auch den Turnverein erspart hätte, war ich bei meinen Kindern immer zurückhaltend mit Hobbys. Aber verbieten kam natürlich nicht infrage. So haben wir in den vergangenen Jahren einiges durchgemacht:
Ballett, Taekwondo, Fussball - wobei das weibliche Kind 1 sich als wesentlich talentierter herausstellte als sein Bruder - Boxen. Alles war immer mit elterlichem Aufwand verbunden, wobei ich gestehen muss, dass sich das bei mir immer auf ein Minimum beschränkte. Kind 1 machte seine grössten Hobbys mehr oder weniger zum «Beruf» und hat jetzt am musischen Gymnasium Klavier- und Gesangsstunden im Stundenplan integriert, was schon mal vieles erleichtert.
Die Proben seiner Band fallen so aus, dass man vorher noch essen kann. Kind 2 wurde das Handball-Training, das mittlerweile dreimal pro Woche stattfinden sollte, nebst Schule und Lehrstellensuche zuviel. Es hat stattdessen ein Abo im Fitness-Studio gelöst und trimmt sich jetzt auf irgend einen Marvel-Helden oder so. Und wir essen fast jeden Abend gemeinsam. Ich weiss nicht, wies euch geht, aber ich finde «hobbylose» Kinder super!