Dass es nicht ganz einfach werden würde in Sachen Berufswahl für und mit meinem Sohn, ahnte ich schon früh. Nur eines war klar: Schule fand er mehr oder weniger von Anfang an doof, obwohl er sich gut durchschlug und schlussendlich auch ganz anständig Sek-A-Noten hinkriegte. Aber je früher Schluss damit war, desto besser. Irgend etwas, bei dem er weiterhin Vollzeit zur Schule hätte gehen müssen, war also keine Option.
Aber was dann? Das Kind hatte null Ahnung, was ihm eventuell Spass machen könnte. Und ich auch nicht. In der 2. Sek fingen wir an mit diversen Schnupperlehren, von Auto- über Motorradmechaniker bis zu Sanitärinstallateur. Nichts davon gefiel ihm. Dann kamen Corona und Nach-Corona, auf Schnupperanfragen hagelte es Absagen. Erst gegen Ende der 3. Sek ein Lichtblick: Nach einer Schnupperlehre als Hotelfachmann – ein Freund von ihm fand eine entsprechende Lehrstelle, ich wäre im Leben nicht auf diese Möglichkeit gekommen – hatte er endlich etwas gefunden, das ihm Spass macht. Aber mit der Lehrstellensuche war er natürlich viel zu spät dran.
Wir entschieden uns in der Folge für ein Berufseinstiegsjahr mit Praktikum. Super, dachte ich. Jetzt weiss er, was er will, und er hat ein ganzes Jahr Zeit für die Lehrstellensuche. Zudem hat er durchs Praktikum bereits Erfahrung – was kann einem Lehrbetrieb besseres passieren? Da kann man mal gemütlich schauen, welche Lehrstellen bereits ausgeschrieben sind – zu meinen Erstaunen viele – und anfragen, ob man mal in den Betrieb reinschnuppern darf. Die Ernüchterung: Auf fast die Hälfte der Anfragen kommt die Antwort zurück, man habe die Lehrstelle bereits besetzt oder sei in der letzten Auswahlrunde. Im Herbst 2022. Für Lehrstellen, die im Sommer 2023 beginnen. Wer also nicht mit 14 weiss, was er oder sie will, ist bereits im Hintertreffen. Unglaublich.
«Müssen künftig bereits 12-Jährige eine Lehrstelle haben, wenn sie auf dem Sprung in die Oberstufe sind, sonst haben sie keine Chance mehr? Was ist mit Kindern, die nicht so entscheidungsfreudig sind?»
Ich bin sicher, dass mein Sohn etwas finden wird. Aber ich frage mich, wie schwer man es den Schulabgängerinnen und -abgängern in Zukunft noch machen will. Müssen künftig bereits 12-Jährige eine Lehrstelle haben, wenn sie auf dem Sprung in die Oberstufe sind, sonst haben sie keine Chance mehr? Was ist mit Kindern, die nicht so entscheidungsfreudig sind? Machen die halt einfach irgend etwas, egal obs ihnen gefällt oder nicht? Und wer es sich notenmässig halbwegs leisten kann, schleppt sich irgendwie durchs Gymi, aus dem einzigen Grund, dass man nicht weiss, was man sonst machen soll? (Was ja heute schon recht häufig der Fall ist). Schade. Gerade in Zeiten, in denen es überall an Fachkräften mangelt, sollte man es den jungen Menschen doch eher leichter machen statt so schwierig.