Es herrscht grosse Aufregung im «Hühnerstall». Wenn niemand hinhört, nenne ich so den Freundinnen-Club meiner Tochter. Wir sind ja unter uns, also bitte nicht weitersagen. Es herrscht also Aufregung. Und zwar wegen dem Autofahren. Seit diesem Jahr darf man das nämlich bereits ab 17 Jahren. Und da ein Grossteil der Mädchen im Freundeskreis meiner Tochter entweder bereits siebzehn sind oder es dieses Jahr werden – so wie sie auch – ist klar: «Wir lernen jetzt Autofahren. Alle gemeinsam.»
Angesichts der Tatsache dass jede/jeder fünfte Schwerverletzte bei Verkehrsunfällen in der Schweiz zwischen 18 und 24 Jahre alt ist – und dies, obwohl diese Altersgruppe nur knapp acht Prozent der Schweizer Bevölkerung ausmacht – fand ich die Idee, dass man die Kids nun schon ein Jahr früher hinters Steuer lässt, erstmal keine besonders gute. Die neuen Regeln besagen allerdings auch, dass, wer den Lernfahrausweis von seinem 20. Geburtstag erhält, eine Lernphase von zwölf Monaten durchlaufen muss. Vor deren Ablauf ist er oder sie nicht zur praktischen Prüfung zugelassen.
Das heisst, selbst wenn meine Tochter am 17. Geburtstag ihren Lernfahrausweis erhält (was möglich ist, da sie die theoretische Prüfung zwei Monate zuvor absolvieren darf), hat sie den Führerausweis nach wie vor frühestens an ihrem 18. Geburtstag. Und da kaum etwas so sehr Übungssache ist wie Autofahren, ist eine einjährige Fahrpraxis, bevor man allein auf den Verkehr losgelassen wird, auf jeden Fall eine gute Idee.
«Teenagerhirne funktionieren anders als die von Erwachsenen, gerade was die Einschätzung von Gefahren angeht. Dies kombiniert mit ihrer überhöhten Risikobereitschaft wäre eigentlich ein Grund, sie während der ganzen Pubertät einzusperren und draussen an der Leine zu führen!»
Trotzdem bekomme ich beim Gedanken, dass meine Tochter bald mit Auto unterwegs ist, Schweissausbrüche. Nicht weil ich sie für unfähig halte, oder weil ich grundsätzlich total ängstlich bin. Sondern weil ich weiss, dass Teenagerhirne anders funktionieren als die von Erwachsenen, gerade was die Einschätzung von Gefahren angeht. Dies kombiniert mit ihrer überhöhten Risikobereitschaft wäre eigentlich ein Grund, sie während der ganzen Pubertät einzusperren und draussen an der Leine zu führen!
In Teenie-Hirnen sind noch nicht so viele Dopaminrezeptoren vorhanden wie bei Erwachsenen – vereinfacht gesagt sind das Zellen, welche Reize aufnehmen und sie in Erregung umwandeln. Das hat zur Folge, dass Situationen, die wir schon als total spannend – oder eben auch gefährlich – wahrnehmen, für sie noch voll zum Gähnen sind. Deswegen machen Jugendliche genauso viel Blödsinn wie Kleinkinder. Es braucht viel mehr als bei Erwachsenen, bis sie Gefahren sehen, und die Folgen ihres Tuns abschätzen können sie schon gar nicht.
«Wenn ich ganz ehrlich bin, hätte ich meinem Sohn am liebsten verboten, die Töffliprüfung zu machen, als er vierzehn wurde. Ich schwitzte ja schon Blut und Wasser, wenn ich ihn Ski- oder Velofahren sah.»
Und trotzdem kann man sie nicht vor allem beschützen. Wenn ich ganz ehrlich bin, hätte ich meinem Sohn am liebsten verboten, die Töffliprüfung zu machen, als er vierzehn wurde. Ich schwitzte ja schon Blut und Wasser, wenn ich ihn Ski- oder Velofahren sah. Auf einem Mofa wollte ich ihn mir gar nicht erst vorstellen!
Seit einigen Monaten fährt er nun voller Stolz mit seinem Elektro-Mofa durch Gegend, das er sich selbst zusammengespart hat. Natürlich sehe ich ihn nicht immer, aber wenn er mir zufällig damit im Dorf begegnet, fährt er total anständig. Vermutlich will er einfach nicht riskieren, dass sein geliebtes Gefährt einen Kratzer abbekommt.
Bis sie sich ein eigenes Auto zusammengespart hat, wird es bei meiner Grossen wohl noch eine Weile dauern – ausser sie hört auf, ständig Klamotten zu kaufen. Aber vielleicht wird sie ja nach einem Jahr Übung im Strassenverkehr wirklich vermehrt darauf sensiblisiert, gefährliche Situationen auch als solche wahrzunehmen. Und ehrlicherweise gefällt mir der Gedanke, dass bald sie mich abholt und nicht mehr umgekehrt gar nicht so schlecht.
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