Den eigenen Kindern Vornamen zu verpassen, ist eine hohe Kunst. Das zeigte gerade auch wieder US-Reality-Star Kylie Jenner, die ihren Sohn «Wolf» nannte, dann aber fand, er passe nicht zu ihm, und mitteilte, das Kind heisse nun nicht mehr so. Nun ja, Hollywood eben, mag man denken. Dort benennt man Kinder ja nicht nur nach Tieren, sondern auch nach Städten oder Pflanzen. Oder man nennt sie «True» (wahr), «Dream» (Traum), «Blue Ivy» (blauer Efeu) oder «Daisy Dove» (Margerithe Taube).
Aber bei uns? Nun, bei uns tauft man Kinder sehr wohl mit Hollywood im Blick. Ich erinnere mich an ein Handballmatch von Kind 2, da lasen sich die Shirt-Aufdrucke wie der Cast von «Ocean’s Eleven»: Es spielten Brad, Matt, Andy und Scott. Verstärkung erhielten sie von Keanu, Ben und Chris. Schön finde ich auch, dass die Eltern, die ihren Kindern die bescheuertsten Vornamen aufdrücken, am meisten stolz darauf sind. Dies zeigen sie durch Aufkleber am Autoheck. Oh mein Gott, ich liebe diese Aufkleber! Oft kann ich noch Tage später darüber lachen.
Kürzlich sah ich «Rocket Oscar» (klar kann man sein Kind Rakete nennen, warum auch nicht). Ganz toll fand ich auch «Luke Sky Walker» (möge die Macht mit dir sein, Luke, und deine Klassenkameraden nie nach deinen Zweit- und Drittnamen fragen). Bei «Oceana-Electra» musste ich irgendwie an einen Stromschlag denken, und für «Cinderella-Melodie» hoffe ich, dass sie sich nicht irgendwann für einen Job auf dem Bau entscheidet. Bei «Marilyne Jàdore Chérie» bin ich zwar zugegebenermassen ein bisschen gerührt von so viel Elternliebe – aber eben .... echt jetzt? Ein bisschen cool hingegen finde ich «Dee-Jay». Ich freue mich auf seinen Bruder «Rock-Star» und seine Schwester «Indie-Pop». Vor einiger Zeit fuhr ich hinter den Eltern von «Johnnie Walker», «Jack Daniel» und «Jennifer Jackie». Hallo? Was soll denn das? Hättet ihr das Mädchen nicht «Bloody Mary» nennen können, damit es sich nicht ausgeschlossen fühlt?
«Ob Roger Federer mal dran gedacht hat, dass seine Tochter bei der Frage nach ihrem Namen bei Starbucks sagen muss: «Maila, aber Mila geschrieben, aber mit Ypsilon.»»
Ein Blick auf die Liste der beliebtesten Vornamen in der Schweiz dieses Jahres zeigt allerdings, dass die Eltern hierzulande wieder zur Traditionalität neigen. Hätte mir jemand vor Jahren gesagt, dass ich meine neugeborenen Töchter im Jahr 2022 getrost nach meinen Grossmüttern Ella und Ida benennen könnte, und die Chance, dass andere Mädchen in ihren Klassen gleich heissen, gross ist – ich hätts wohl kaum geglaubt. Dabei sind sogar diese Namen alles andere als einfach. Zuvorderst bei den beliebtesten Mädchennamen: Mia, Mya, Mila, Myla. Ob Roger Federer mal dran gedacht hat, dass seine Tochter bei der Frage nach ihrem Namen bei Starbucks sagen muss: «Maila, aber Mila geschrieben, aber mit Ypsilon.»
Meine eigenen Kinder haben übrigens recht normale Namen (die ich hier für mich behalte, weil ich nicht möchte, dass sie googlebar sind). Trotzdem habe ich schon Schreibweisen gesehen, die ich nicht für möglich gehalten hätte. Wir sagen jetzt deshalb bei Starbucks jeweils «Kind 1» und «Kind 2». Die Blicke sind etwas komisch, aber falsch geschrieben hats noch niemand.