Da es mir verboten ist, an dieser Stelle über das Liebesleben meines Nachwuchses zu schreiben,beruht alles, was ihr hier lest, auf allgemeinen Beobachtungen. Ich bemühe mich trotzdem, euch einen einigermassen authentischen Einblick in das merkwürdige Verhalten geschlechtsreifer Teenager zur Paarungszeit (wer erinnert sich an den Film mit ähnlichem Titel?) zu geben.
Kennenlernen auf Hinge oder per AirDrop
Ja, die berühmt-berüchtigte Generation Z ist ziemlich oft online unterwegs (als ob wir anderen das nicht wären ...), und ja, man lernt sich demtensprechend auch öfter mal auf digitalem Weg kennen. Zum einen über klassische Dating-Apps – die App ihres Vertrauens heisst «Hinge» –, aber auch beim ganz normalen Gamen oder Chatten. Und auch, wenn man immer wieder von ganz üblen Fällen hört: Ich glaube, die digitale Generation merkt ziemlich schnell, wenn etwas nicht ganz koscher ist. Jedenfalls, was Erwachsene auf der Suche nach Minderjährigen angeht. (Schwieriger: Junge Typen, die den Kids das schnelle Geld versprechen, wenn sie Unsummen in irgendwelche Online-Trading-Kurse investieren. Da fallen sie reihenweise drauf rein.)
Tatsächlich lernt man sich aber auch heute noch sehr oft «analog» kennen: In der Schule, bei der Arbeit oder im Freundeskreis. Im Ausgang eher selten. Dafür gehen die Teenager von heute aber auch nicht aus. Man geht tanzen oder mit Freundinnen und Freunden feiern, nicht, um Leute kennen zu lernen. Obwohl das tatsächlich überall passieren kann. Und die Kontaktaufnahme ist easy, man muss einander nämlich nicht mal ansprechen. Kürzlich mitbekommen: Plingendes Handy im Zug, Mädchen im Abteil schräg gegenüber schickt Teenie eine Message per AirDrop: «Ich mag deinen Style!»
«Die Kids haben unheimliche Angst davor, irgendwo festzustecken, wo sie nicht mehr wegkommen»
Kennenlernen ist also einfach. Danach wirds kompliziert. Denn die Optionen, eine Beziehung zu gestalten, sind endlos. Und wenn man der Generation Z Beziehungsunfähigkeit vorwirft, hat man wohl recht – aber irgendwie auch nicht. Mich dünkt, diese Kids haben unheimliche Angst davor, irgendwo festzustecken, wo sie nicht mehr wegkommen. Sei das an einer öden Party, in einem Job oder eben in einer Beziehung. Deshalb lassen sie sich überall gern irgendwelche Türchen offen. Aber seien wir mal ehrlich: Irgendwoher haben die das ja. Oder habt ihr noch nie im letzten Moment eine Verabredung abgesagt? Ich erwische mich jedenfalls auch immer wieder mal beim Gedanken «Ich melde mich mal an, kann ja immer noch absagen». Auch wenn ich das eigentlich total doof finde.
Jedenfalls haben Teenager durchaus Beziehungen – sie nennens einfach nicht so. Es heisst «Situationship» – also eine Beziehung, die im Moment gerade passt. Man macht dabei alles, was man als Paar so macht, und hat dabei durchaus auch einen Exklusivitätsanspruch, nennt einander aber nicht «mein Freund» oder «meine Freundin». Und das Ende einer «Situationship» ist genauso dramatisch wie das Ende einer definiert festen Beziehung. Auch wenn man wohl von Anfang an gewusst hat, dass es kein «bis dass der Tod uns scheidet» geben wird. Und das ist auch gut so – in dem Alter. Generation beziehungsunfähig? Oder einfach Generation realistisch? .