Komischerweise habe ich mir die Frage, ob meine Kinder mich glücklich machen, nie wirklich gestellt. Ich habe 28 Jahre meines Lebens ohne sie gelebt, knapp 16 beziehungsweise 14 mit ihnen. War ich zuvor glücklicher oder unglücklicher? Weder noch. In jungen Jahren waren Kinder eine Option von mehreren, mein Leben zu gestalten. Wäre ich unglücklich, wenn es nicht so gekommen wäre, wie es ist? Oder gar glücklicher?
Ich habe keine Ahnung. Ich weiss ja nicht, wie es wäre, wäre es anders. Ich kann mir keinen grösseren Schmerz vorstellen, als meine Kinder, oder eines von ihnen, zu verlieren. Aber würde mir etwas Grundlegendes fehlen, hätte ich sie gar nie gehabt? Ich weiss es nicht.
«Die Verantwortung für mein Glück auf die Schultern meiner Kinder zu legen, fände ich etwas Furchtbares. Vielleicht deshalb, weil ich weiss, wie es sich anfühlt, wenn man es als Kind nicht schafft, seine Eltern glücklich zu machen.»
Und deshalb lautet meine Antwort auf die Frage, ob meine Kinder mich glücklich machen: «Ich hoffe nicht.» Denn die Verantwortung für mein Glück auf die Schultern meiner Kinder zu legen, fände ich etwas Furchtbares. Vielleicht deshalb, weil ich weiss, wie es sich anfühlt, wenn man es als Kind nicht schafft, seine Eltern glücklich zu machen. Ich habe mich nach der Trennung meiner Eltern lange für das Glück meines Vaters verantwortlich gefühlt. Und bin so lange gescheitert, bis ich merkte, dass es nicht an mir liegt, ihn glücklich zu machen, sondern ausschliesslich an ihm allein.
Dabei ist «glücklich» doch irgendwie ein irreführendes Wort. Kein Mensch ist ständig immerzu super happy. Glück ist jeweils eine Momentaufnahme. Die haben sehr oft mit meinen Kindern zu tun, aber nicht immer. Das laute, glucksende Lachen meines Sohnes, wenn er irgendein doofes Youtube-Video schaut, macht mich genauso glücklich, wie morgens um sieben ganz allein im makellos glatten Zürichsee zu schwimmen.
«Es wird immer jemanden geben, der mehr hat, besser aussieht, besser behandelt wird. Dass man sich hin und wieder mit anderen vergleicht oder auch mal neidisch ist, ist normal.»
Dazwischen geht’s darum, halbwegs zufrieden zu sein mit mir und meinem Leben. Das möchte ich auch meinen Kindern mitgeben. Es wird immer jemanden geben, der mehr hat, besser aussieht, besser behandelt wird. Dass man sich hin und wieder mit anderen vergleicht oder auch mal neidisch ist, ist normal. Dies auf ein Minimum beschränken zu versuchen und sich stattdessen immer wieder bewusst machen, was im eigenen Leben alles gut läuft, führt zu viel mehr Zufriedenheit. Ich bin überzeugt, dass nur sie schlussendlich der Schlüssel zum Glück ist. Mit Kindern oder ohne.
Die Sendung «SRF Reporter Spezial» – Machen Kinder glücklich? seht ihr am Sonntag, 26.7.2020, um 20 Uhr 05, auf SRF 1.
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