Wenn ich an Ostern denke, kommt mir ziemlich schnell die sehr erboste Mutter eines Freundes meines Sohnes in den Sinn. Diese schimpfte ziemlich lange und ziemlich heftig auf mich ein, weil mein Sohn ihrem erzählt hatte, dass es den Osterhasen nicht gibt. Dabei hatte ich zu dem Zeitpunkt – die Kids waren etwa vier und sechs Jahre alt – gar nicht mal vorgehabt, meinen Kindern zu gestehen, dass sie einer Lüge auf den Leim gegangen waren. Auch wenn ich, ehrlich gesagt, schon fand, zumindest die Ältere müsste doch langsam mal anfangen, halbwegs logisch zu denken. Ein Hase, der angemalte Eier und Schoggi versteckt? Hallo????
Trotzdem war die Aufdeckung dieser Lüge echt nicht geplant. Wir waren über die Ostertage in den Bergen, es hatte geschneit, mein Bruder versteckte die Osternester für die Kinder im Garten und hinterliess dabei seine Fussspuren im Schnee. Während sich Kind 1 total darüber freute, ihr Osternest so schnell zu finden, schloss Kind 2 aus den Fussspuren, dass der Osterhase etwa vier Meter gross sein muss (ha - doch schon ein Anflug von Logik, auch wenn die Relationen nicht ganz richtig waren). Nachdem das Kind drei Nächte hintereinander von zähnefletschenden Monster-Osterhasen geträumt hatte, beschloss ich, meine Kinder über die Nicht-Existenz des Eier-versteckenden Hasen aufzuklären. Was mein erleichterter Sohn bei nächster Gelegenheit im Kindergarten rumerzählte. Was dann wiederum bei gewissen Eltern auf wenig Begeisterung stiess.
«Vom Kuchenbacken wurde ich nach dem Versuch, Marienkäfer-Muffins herzustellen, erlöst»
Heute frage ich mich, warum ich meinen Kindern überhaupt sowas erzählt habe. Ich liebe Traditionen und würde niemals auf Ostern, Weihnachten und Co. verzichten. Das, was ich aus meiner Kindheit kannte, habe ich gar nie hinterfragt, sondern ganz selbstverständlich weitergeführt. Und dabei Dinge getan, die ich heute «bireweich» finde. Ich fand zum Beispiel Kerzenziehen schon als Kind langweilig. Trotzdem bin ich mit meinen eigenen Kindern im Advent jahrelang brav zum Gemeindehaus marschiert, und habe zugesehen, wie sie stundenlang stoisch Dochte in Wachs tunkten. (Quizfrage: Was ist noch langweiliger als Kerzenziehen? Beim Kerzenziehen zuschauen!)
Ich habe über die Jahre so viele Dinge gemacht, die ich nicht mochte, aus dem einzigen Grund, dass sie halt dazugehören: Geburtstagskuchen backen. Weihnachtsgeschenke basteln (und ewig nach Ideen dafür suchen, die ich mit zwei linken Händen und zwei kleinen Kindern halbwegs hinkriege). Und ja, auch Ostereier bemalen. Wofür all das? Ich sags euch. Weil ich nicht wollte, dass meine Kinder Sätze sagen wie «alle anderen ziehen ihre Weihnachtskerzen selbst» oder «alle anderen malen mit ihren Mamis Ostereier an, und dann kommt sie der Osterhase holen und versteckt sie.» (A propos Logik .... DAS macht ja jetzt wirklich GAR keinen Sinn ...). Ich habe alles relativ lange durchgezogen. Ausser das Kuchenbacken. Davon wurde ich nach dem Versuch, Marienkäfer-Muffins herzustellen, erlöst. Die Dinger sahen wohl eher aus wie der Monster-Hase aus Kind 2’s Albträumen. A propos: Ob ich meinen Kindern heutzutage tatsächlich keinen Osterhasen mehr aufbinden würde? Ich weiss es nicht. Denn irgendwie ist er ja doch auch schön, dieser kindliche Glaube an Unlogisches.