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Der ganz normale Wahnsinn

Sind ältere Mütter und Väter bessere Eltern?

Prominente machens vor: immer mehr Mütter und Väter werden mit über 40 noch Eltern. Ein Modell mit Zukunft? Oder doch zurück zur eher jungen Elternschaft? Unsere Familienbloggerin macht sich ihre Gedanken. Und kommt zum Schluss: Alles hat seine Grenzen.

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Sandra Casalini Blog der ganz normale Wahnsinn

Im Herzen jung! Familienbloggerin Sandra C. findet das Alter von Eltern sekundär - ist aber mit ihren 43 Jahren ganz froh, gehören schlaflose Nächte der Vergangenheit an. 

Lucia Hunziker

«Noch nicht. Mal sehen, was das Universum noch für mich bereithält.» Dies die Antwort von Supermodel Naomi Campbell auf die Frage des «WSJ»-Magazins nach einem eventuellen Kinderwunsch. Naomi ist 49 Jahre alt. Musikerin Alanis Morissette spricht nach der Geburt ihres dritten Kindes über postnatale Depressionen. Sie ist 45. Schlagerstar Karel Gott stirbt im Alter von 80 Jahren und hinterlässt zwei Töchter im Alter von 13 und 11 Jahren. Drei Schlagzeilen von vergangener Woche.

Ein Drittel der Schweizer Mütter sind bei der Geburt über 35

Im Jahr 1970 waren gerade mal 11 Prozent der Mütter bei der Geburt ihres Babys über 35 Jahre alt. 2018 waren es 33 Prozent. Tendenz steigend. Dazu kommt, dass jeder fünfte Vater bei der Geburt seines Kindes über 40 ist. Das sagt vor allem etwas über die Entwicklung unserer Gesellschaft aus und nicht per se über die «älteren» Eltern persönlich.

«Frauen machen eine Ausbildung, studieren, arbeiten, machen Karriere. Und zwar in einem Alter, in dem sie eben auch Kinder bekommen könnten.»

Wir werden immer älter, haben mehr und andere Möglichkeiten, unser Leben zu gestalten. Trotzdem leben wir, gerade in der Schweiz, in einer Zeit des Umbruchs. Frauen machen eine Ausbildung, studieren, arbeiten, machen Karriere. Und zwar in einem Alter, in dem sie eben auch Kinder bekommen könnten. Und Männer haben im gleichen Alter immer seltener einer Partnerin, die bereit ist, zugunsten einer Familie auf die eigene Karriere zu verzichten. Karriere und Kinder geht nicht – oder kaum. Jedenfalls gleichzeitig.

 

Erst Karriere, dann Kinder

Wenn man beides will, muss man es nacheinander machen. Also zuerst Karriere, dann Kinder. (Natürlich wäre es theoretisch auch umgekehrt möglich, aber das passiert eher selten und vor allem eher selten geplant …). Das hat Vorteile, die nicht von der Hand zu weisen sind: Man ist gefestigt in Partnerschaft und Job, hat Lebenserfahrung und keine Angst mehr, etwas zu verpassen.

«Ich wollte so sehr beweisen, dass ich das alles kann. Vor allem mir selbst.»

Ich war 28, als ich Mutter wurde – und habe ehrlicherweise manchmal gedacht, dass das der dümmste Zeitpunkt überhaupt war. Ich wollte so sehr beweisen, dass ich das alles kann. Vor allem mir selbst. Ich wollte die beste Mutter der Welt sein. Und im Job alles besser machen als alle anderen. Weil man mir das eine oder andere immer vorwerfen konnte, wenn ich irgendwo versagte. Und ich habe versagt. Ich war nicht die beste Mutter der Welt. Und auch im Job nicht immer viel besser als alle anderen.

Lieber Shoppen als schlaflose Nächte

Aber ich war gut genug. Und ich weiss nicht, ob ich besser gewesen wäre, wäre ich älter gewesen. Kommt dazu: wenn ich mir vorstelle, jetzt nochmal ein Baby zu bekommen, schlaflose Nächte, ein quengelndes Kleinkind und alles, was danach so kommt. Um Himmels Willen! Da gehe ich lieber mit meiner Teenie-Tochter shoppen und zocke mit dem Junior eine Runde Fifa. Und bleibe auch mal etwas länger im Büro, weil ich nämlich nicht mehr drauf achten muss, wann die Kita schliesst.

Schön wäre, wenn nun endlich auch unsere Politik und Wirtschaft ein bisschen mitziehen würden, und den jüngeren unter uns das Kinderhaben wieder schmackhaft machen würde. Nicht nur des Schnittes wegen – die Schweizer Mütter gehören mit durchschnittlich 31 Jahren beim ersten Kind zu den ältesten Europas. Sondern auch, um denen, die es wagen, etwas jünger Kinder zu bekommen, den Druck zu nehmen. Man muss nicht die oder der beste sein. Gut genug reicht.

Wir sind nicht unsterblich

Das trifft selbstverständlich auch auf «ältere» Eltern zu. Schlussendlich hat jede und jeder seine eigene Geschichte, und es liegt nicht an mir, über diese zu urteilen. Abgesehen davon, dass Kinder die eigenen Eltern immer alt finden, egal, wie alt sie tatsächlich sind.

Ob also mit 20 oder mit 40 – egal, kriegt Kinder, es lohnt sich. Oder auch nicht, das lohnt sich nämlich auch (oh mein Gott, das Geld, das ich sparen würde!!!!). A propos Gott: ja, die Medizin kann vieles und immer mehr. Trotzdem sollten wir beim Kinderwunsch eines berücksichtigen: wir sind nicht unsterblich. Und wenn (Karel) Gott mit 80 Jahren zwei halbwüchsige Kinder hinterlässt, erlaube ich mir, die Frage zu stellen, ob es das ist, wo wir als Gesellschaft hinwollen.

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Von Sandra Casalini am 12. Oktober 2019 - 17:03 Uhr