Selbstverständlich stöbere ich nicht in den Sachen meiner Kinder, aber die Liste in einem dieser Teenager-Mädchen-Magazine lag offen auf ihrem Schreibtisch, also nahm ich an, ich darf einen kurzen Blick drauf werfen. Und da ich mich hüten werde, die 10 Dinge meiner kleinen Grossen gegenüber irgendwie zu kommentieren, tue ich das einfach hier.
1. Eine ganze Nacht durchmachen
Hast du schon als Baby getan, können wir also eigentlich abhaken. Es gibt Fotos von dir um ungefähr vier Uhr morgens an einem Stammtisch an Neujahr, du warst sechs Jahre alt, und ich schon längst im Bett. Und dass du und deine Freundin bei deiner letzten Übernachtungsparty morgens um zwei noch im Garten rumgerannt seid, hab ich im Fall auch mitgekriegt. Aber ob dus tatsächlich bis am nächsten Morgen schaffen würdest? Das wage ich zu bezweifeln.
2. Einmal die Haare kurzschneiden
Veto! Auch wenn du jetzt in einem Alter bist, in dem du Klamotten und Haarschnitt selbst bestimmen kannst: Solange ich dafür zahle, habe ich bei beidem ein Mitspracherecht. Ich finde, es gibt ganz wenige Mädchen und Frauen denen eine Kurzhaarschnitt steht. Wir beide gehören nicht dazu. Und nachdem dein Vater schon Wochen brauchte, bis er über die pinke Strähne hinweg war, musst du ihm das nicht antun, oder?
3. Zu Hause eine heimliche Party schmeissen
Glaubst du wirklich, das würde ich nicht merken? Von mir aus darfst du gern auch eine nicht heimliche Party schmeissen - wenn du selbst zahlst und hinterher selbst aufräumst.
4. Schule schwänzen
Lass dir eines gesagt sein: Rein objektiv gesehen gibt es echt nichts, wofür sich der Ärger lohnt, den du dafür kriegst. Aber vielleicht musst du diese Erfahrung selbst machen.
5. Die Verantwortung für ein Tier übernehmen
Ah, gut dass wir da mal drüber sprechen! Die arme Hermine wäre nämlich längst verhungert, verdurstet oder im Mist erstickt, wenn du die alleinige Verantwortung für sie hättest. Fairerweise muss ich zugeben, dass du meist ohne Motzen beim Ausmisten und Füttern hilfst, wenn ich dich darum bitte. Das Sammeln von Gras und Löwenzahn im Garten hingegen überlässt du grosszügig mir oder deinem Bruder. Und die Kosten für all die T-Shirts, Bettwäsche und Decken, die dein Viech angeknabbert hat, werde ich bald mal von deinem Taschengeld abziehen.
6. Partyurlaub
Eine Woche lang die Nächte durchsaufen und tagsüber am Strand schlafen? Vor deinem 16. Geburtstag? Klar doch! Zusammen mit deiner besten Freundin. Und die ist, bis du volljährig bist, deine Mama! Zumindest was solche Dinge angeht. Du wirst also auch in den nächsten fünf Jahren alkoholfreie Cocktails trinken und die Feriennächte schlafend verbringen. (Was für ein Idiot hat diese Liste verfasst? Partyurlaub für Elf- bis Fünfzehnjährige? Hast du sie noch alle?!)
7. Mitglied in einem sozialen Netzwerk sein
Ein ganz aktuelles Thema, nachdem du zum Geburtstag ein Smartphone gekriegt hast. Ich habe mitgekriegt, wie du dich bei deiner Freundin beklagt hast, weil ich dir ein Instagram-Profil verboten habe. Das war aber auch eher halbherzig, und du wolltest nur eines, weil sie eins hat, oder? Ich finde, du bist zu jung dafür, in drei, vier Jahren können wir gern nochmal darüber reden. Und ich rechne dir hoch an, dass du ohne Murren dein Passwort rausgerückt hast. Ja, ich schaue ab und zu nach, was du gemacht hast, wenn du online warst. Mit deinem Einverständnis, und meinem Versprechen, dass ich nicht lese, was du schreibst, sondern nur schaue, mit wem du chattest. Den Versuch, mir erklären zu wollen, was dieses Momio ist, hast du wohl aufgegeben. Ich muss ja auch nicht alles wissen.
8. Einen romantischen Brief schreiben
Hahahaha! Entschuldige, dass mich diese Vorstellung unglaublich erheitert. Nicht nur, weil ihr euch ja kaum mehr Briefe schreiben werdet, und SMS oder WhatsApp-Nachrichten schon per se nicht sehr romantisch sind. Sondern auch, weil du, meine liebe Tochter, der Pragmatismus in Person bist. Ein Brief von dir an deinen Angebeteten würde momentan wohl etwa so lauten: «Lieber XY, ich finde dich gut, weil du der einzige bist, der gleich gross ist wie ich. Ich sage vor meinen Freundinnen trotzdem, dass du blöd bist, weil sie sonst über mich lachen. Und ein bisschen blöd bist du manchmal schon auch. Aber manchmal bist du auch nett.» Aber wer weiss, vielleicht gibts ja eines Tages tatsächlich einen, der es schafft, die Romantikerin in dir zu wecken.
9. Eine Fremdsprache lernen
Mein Lieblingspunkt auf dieser Liste! Ich muss sagen, ich bin recht erfreut, wie gut dein Englisch mittlerweile ist. Nach meinem ersten Besuch in einer eurer Englischstunden, war ich doch ein wenig erstaunt, dass der «spielerische Ansatz» beim Frühenglisch offenbar darin bestand, dass euer Lehrer die ganze Lektion auf Englisch parlierte und ihr kein Wort verstanden habt. Aber das ist mittlerweile fast drei Jahre her und er hat es doch geschafft, euch das ganz passabel beizubringen. Auch wenn Voci lernen noch immer nicht zu deinen liebsten Beschäftigungen gehört. Übrigens hat mich die Voci-Auswahl deiner Französisch-Lehrerin bei den ersten paar Lektionen auch etwas erstaunt. Schön ist aber, dass dein kleiner Bruder immer gleich mitlernt und mir nun bei jeder Gelegenheit ein herzhaftes «Je m’en fous» um die Ohren haut.
10. Einen Adrenalinkick erleben
Bungeejumpen oder Fallschirmspringen vor deinem 16. Geburtstag? So ein Blödsinn! Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass du das genauso siehst. Dass du dich noch bis vor ein paar Jahren auf nichts getraut hat, was schneller als ein Kinderkarussell fährt, erzähle ich niemandem. Ich würde also sagen, die Adrenalinkicks bei der Fahrt in der Wildwasserbahn im Legoland reichen vorerst.