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Der ganz normale Wahnsinn

Teenager und die Verrohung der Sprache

Die Sprache ist immer wieder ein Thema im Haus unserer Familienbloggerin. Dabei ist sich Sandra C. durchaus bewusst, dass sie selbst nicht immer das beste Vorbild war und ist.

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Sandra Casalini Blog der ganz normale Wahnsinn

Darüber, dass die Sprache ihrer Kinder on- und offline einiges rauer ist, als zu ihren eigenen Jugendzeiten, ist sich unsere Familienbloggerin im Klaren. Aber zu Hause gelten fixe Regeln. 

Lucia Hunziker

«Halts Maul!». Hab ich mich gerade verhört? «Was hast du grad zu mir gesagt?», frage ich mein Kind 1. Es zuckt mit den Schultern. «Dass ich noch was zu sagen habe und fertig reden möchte.» - «Hast du nicht.» - «Doch.» - «Nein. Das war nicht deine Wortwahl.» Das Kind schaut mich konsterniert an. «Du hast mir gesagt, ich soll s Maul halten!» - «Ja eben. Das ist doch das gleiche.»

Entscheidend ist, was ankommt

Ist es nicht. Ich setze zu einem Monolog an über Respekt, und dass sich dieser auch in der Sprache ausdrückt. Wohl ahnend, dass er nicht viel nützen wird. Denn in der Welt der Kids sind solche Ausdrücke die totale Norm. Sie sehen wirklich keinen Unterschied zwischen «Halts Maul» und «Ich habe noch was zu sagen». Trotzdem - oder gerade deswegen - nutze ich die Gelegenheit, um mein Mantra runterzubeten: «Schau, selbst wenn ich weiss, dass du es nicht respektlos meinst, kommt es bei mir so an. Und wenn du weisst, dass es bei mir so ankommt, dann sagst dus einfach nicht. Fertig. Ausser du bist ein Arschloch.»

«Auch wir Erwachsenen nehmen heute ganz selbstverständlich Worte in den Mund, die wir als Kinder höchstens hinter vorgehaltener Hand zu flüstern wagten.»

Ja, ich weiss. Ich hätte diesen letzten Satz jetzt auch anders ausdrücken sollen. Ich hätte einfach nicht gewusst, wie. Aber das zeigt ja sehr deutlich, dass nicht nur die Sprache der Kids rauer geworden ist. Auch wir Erwachsenen nehmen heute ganz selbstverständlich Worte in den Mund, die wir als Kinder höchstens hinter vorgehaltener Hand zu flüstern wagten. Und wenn Politikerinnen in Interviews es schaffen, in drei Sätzen gefühlte siebzehn Mal das «F-Wort» zu benutzen, muss man sich nicht wundern, wenn auch Kinder irgendwann die selbe Sprache sprechen.

Kein unüberlegtes Zeug mehr von mir geben

Dabei nehme ich mich - wie bereits erwähnt - als schlechtes Vorbild gar nicht aus. Als meine Kinder kleiner waren, habe ich gern gescherzt, dass sie jedes ihnen bekannte Fluchwort aus meinem Auto kennen. Irgendwann piepste Kind 2, damals etwa sechs, vom Rücksitz: «Mami, was ist ein Wichser?» Ich, super genervt: «Einer der einem den Weg abschneidet!» Es kam, was kommen musste. Tage später im Coop, jemand schob seinen Einkaufswagen direkt vor das Kinderwägeli des Kleinen, worauf er - unverhältnismässig laut natürlich - rief: «Maaaami! Die Frau ist ein Wichser!»

Klar, im Nachhinein eine lustige Anekdote. Im Moment aber auch eine Lehre für mich, in der Gegenwart meiner Kinder kein unüberlegtes Zeug von mir zu geben. Nicht, dass ich fortan total aufgehört hätte damit. Aber es wurde besser.

«Ich habe eine ganz wichtige Regel: Alles, was bestimmte Menschengruppen ausgrenzt, wird nicht als Schimpfwort benutzt in meinem Haus. Ich will weder «schwul» noch «behindert» noch «Spasti» als Beleidigung hören.»

Heute weiss ich, dass ich die Sprache meiner Kinder nur bis zu einem gewissen Grad kontrollieren kann. Wie sie mit ihren Freunden reden, ist ihre Sache. Aber wie sie zu Hause sprechen, ist auch meine. Und ich habe eine ganz wichtige Regel: Alles, was bestimmte Menschengruppen ausgrenzt, wird nicht als Schimpfwort benutzt in meinem Haus. Ich will weder «schwul» noch «behindert» noch «Spasti» als Beleidigung hören. Auch wenn ich weiss, dass sie es ausserhalb meiner Hörweite trotzdem tun, geht es hier ums Prinzip. Und die Hoffnung, dass sie ihren Kindern dereinst ein besseres Vorbild sind als wir.

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Familienbloggerin Sandra C.
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Von Sandra Casalini am 10. Oktober 2020 - 17:05 Uhr