Darf ich euch meine liebsten Oster-Anekdoten erzählen? Kind 1, gut zwei Jahre alt, hatte ein Plüsch-Osterlamm bekommen, rannte mit diesem durch die Gegend, und rief: «Iisbär, Iisbär.» Ich versuchte, dem Kind zu erklären, dass es sich hier um ein Schaf und nicht um einen Eisbären handelte. Das Kind schüttelte energisch den Kopf, und drückte auf den Bauch des Tieres, welches daraufhin «Happy Easter» blökte. Mein zweitliebstes Geschichtchen rund ums Wording an Ostern.
Mein liebstes: Kind 2, im Primarschulalter, kam vom Religionsunterricht nach Hause, und meinte, es sei ja doch verrückt, dass man extra einen Feiertag gemacht habe, weil Jesus die Uhr verstanden hat. Auf mein verständnisloses Nachfragen erklärte das Kind: «Ja, die händ gseit, mir fiired sini Uhr-Verstehig!»
Eisbär hin, Uhren her – immerhin wissen meine Kinder, dass Ostern einen religiösen Hintergrund hat. Das tut nämlich Umfragen zufolge ein grosser Teil der Kinder und Jugendlichen nicht mehr. Für die meisten ist der höchste Feiertag des Kirchenjahres einfach ein Familienfest. Daran ist nichts falsch. Trotzdem war und ist mir dieses Bewusstsein meiner Kinder wichtig. Nicht, weil ich besonders religiös bin. Aber unsere Kultur und all unsere Feiertage basieren auf dem Christentum. Ich hätte gern, dass mein Nachwuchs ein kleines bisschen Ahnung davon hat.
Das war auch der Grund, dass ihr Vater und ich die Kinder taufen liessen, in einer Zeit, als alle, die nicht sehr gläubig waren, diese in einer Zeremonie segnen liessen, die nichts mit der Kirche zu tun hatte. (Okay, ein bisschen spielte auch meine Grossmutter eine Rolle, die mich bekniete, ihre unehelichen Urenkelkinder wenigstens taufen zu lassen, damit sie doch noch eine Chance hätten, in den Himmel zu kommen).
«Ich glaube daran, meinen Kindern zumindest die Möglichkeit aufzuzeigen, an einen Gott zu glauben, wenn das für sie Sinn macht. »
Dabei weiss ich selbst noch nicht mal, ob ich an (einen) Gott glaube. Ich glaube daran, zu versuchen, als halbwegs anständiger Mensch durchs Leben zu gehen, und anderen nicht absichtlich ans Bein zu pissen. Und ich glaube daran, meinen Kindern zumindest die Möglichkeit aufzuzeigen, an einen Gott zu glauben, wenn das für sie Sinn macht. Oder nicht, wenn es das nicht tut. Das gleiche gilt für die Institution Kirche. Wir haben beide Kinder in den Religionsunterricht geschickt bis zur Erstkommunion. Kind 1 hat danach entschieden, bis zur Firmung weiterzumachen – offenbar gabs da irgend etwas, das ihm etwas brachte –, Kind 2 stieg aus. Für mich war beides okay.
Fakt ist: Sie haben sich mit dem Thema auseinandergesetzt und können darauf zurückgreifen, falls sie das irgendwann mal möchten. Zum Beispiel, wenn es irgendwann mal um einen Kirchenaustritt geht. Da haben sie im Übrigen ein sehr gutes Vorbild: ihre Oma. Meine Mutter ist aus der Kirche ausgetreten, zahlt aber jährlich den Betrag, den sie an Kirchensteuer zahlen würde, für einen guten Zweck. Ein Akt, der wohl christlicher ist als jedes Jahr Kirchensteuer zu zahlen, und sich sonst um jegliche Menschlichkeit zu foutieren. Wobei ja viele Vertreter der Kirche ziemlich gute Vorbilder sind, was letzteres angeht. A propos Kirchenaustritte: Es gab noch nie so viele wie heute. Vielleicht sollte man sich in dieser Institution auch mal bemühen, die (tickende) Uhr zu verstehen.