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Der ganz normale Wahnsinn

Diese Parteien sind familienfreundlich

Am 20. Oktober sind Wahlen. Unsere Familienbloggerin fragt sich: Wen soll ich als Familienfrau wählen? Sandra C. nimmt die Familiepolitik der Parteien unter die Lupe – und tut dies selbstverständlich total subjektiv!

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Sandra Casalini Blog der ganz normale Wahnsinn

Familienbloggerin Sandra C. nimmt als berufstätige Mutter die Familienpolitik der Parteien unter die Lupe. 

Lucia Hunziker

Eines fällt mir beim Durchschauen der Parteiprogramme auf: fast jede Partei hat sich die «Vereinbarkeit von Familie und Beruf» auf die Fahnen geschrieben. Die einen mehr, die anderen weniger.

Das ist bemerkenswert für ein Land, dessen Stimmvolk entsprechende Initiativen immer wieder glorios gegen die Wand fährt. Die Frage ist: Ist sich hier tatsächlich etwas am tun? Oder klingt es einfach gut, dieses Vereinbarkeits-Ding, man will ja nicht rückstandig sein? Schauen wir sie uns mal an, unsere Parteien und ihre Familienpolitik:

 

BDP und CVP: Gute Ansätze, schwammige Aussagen

BDP: In Sachen Klima erstaunlich klar, setzt sich die BDP zum Beispiel für die Gletscherinitative ein. Wenns um die Familienpolitik geht, hinterlässt sie bei mir ein zwiespältiges Gefühl. Sie findet steuerliche Anreize absolut zweitrangig, wenns um Familien geht, und liegt damit total auf meiner Linie. Ebenso mit der Förderung von Blockzeiten, Tagesschulen und familienergänzender Kinderbetreuung.

Die Begründung, dass man damit dem Fachkräftemangel vorbeugt und die Zuwanderung senkt, löst bei mir allerdings ein ungutes Gefühl aus. Klar, man ist ja mal aus der SVP gekommen, man kann ein paar Jahre später nicht alles total anders machen. Aber wer Familien nur fördert, um die Zuwanderung zu stoppen, hat meine Stimme nicht verdient, sorry.

Wählbarkeit: Eigentlich nicht. Auch wenn die Ansätze okay sind.

«So sollen Kinder von den Krankenkassenprämien ausgeschlossen werden. Ist nett, klar. Aber wie genau soll das die Vereinbarkeit fördern?»

CVP: Die Partei, die immer wieder darauf beharrt, DIE Familienpartei überhaupt zu sein. Und in der Familienpolitik genauso schwammig bleibt wie überall anders auch. Ein bisschen Klima, ein bisschen Europa, ein bisschen Wirtschaft. Man muss ja überall einen Fuss in der Tür haben. Ja, man setzt sich für mehr und günstigere Krippenplätze ein, das ist schon mal etwas. Konkret wirds allerdings nur, wenns ums Gesundheitswesen geht. So sollen Kinder von den Krankenkassenprämien ausgeschlossen werden. Ist nett, klar. Aber wie genau soll das die Vereinbarkeit fördern?

Wählbarkeit: Nützt nichts, schadet nicht.

FDP und GLP: finanzielle Verantwortung und flexible Arbeitsmodelle

FDP: Auch die FDP setzt sich für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein, und findet, man müsse bei den dafür nötigen Rahmenbedingungen anfangen. Das tönt dann zum Beispiel so: «Die finanzielle Verantwortung der Eltern kann nur zum Tragen kommen, wenn die benötigte Infrastruktur gemäss staatlichen Rahmenbedingungen bestehen.» Was heisst das? Wer seine Kinder betreuen lassen will, soll blechen, und zwar viel? Immerhin traut sich die Partei zu sagen, wer ihrer Meinung nach die Verantwortung für die Schaffung von Betreuungsplätzen tragen soll: die Gemeinden und die Kantone. Wäre nur noch offen, wer zahlt.

Wählbarkeit: Die politische Verantwortung der FDP könnte nur zum Tragen kommen, wenn sie die benötigten Stimmen gemäss Rahmenbedingungen erhalten würden. Dies ist zumindest in meinem Fall eher unwahrscheinlich.

GLP: Die Richtung stimmt. Nebst der Klimadebatte setzen die Grünliberalen auf Chancen- und Lohngleichheit, flexible Arbeitsmodelle, höhere Angebote an Betreuungsplätzen und familienfreundliche Wohnstrukturen. Das ist wenig konkret – aber immerhin ein Anfang.

Wählbarkeit: Warum nicht? Man kanns ja mal versuchen.

Grüne und SP: Elternzeit und die Sache mit dem Neid

Die Grünen: Ihre Kernthemen sind die Reduktion des CO2-Ausstosses, Nachhaltigkeit, erneuerbare Energien. Klar. Dass man sich für Lohngleichheit, eine «anständige Elternzeit» (was immer das auch heissen mag), sowie das Ehe- und Adoptionsrecht für alle einsetzt, scheint auf den ersten Blick so ein bisschen «wir müssen ja auch noch was zu anderen Themen sagen.» Aber: die Grünen sind die einzige Partei, welche das Wort «Elternzeit» statt «Vaterschaftsurlaub» in den Mund nimmt. Dies ist meiner Meinung nach die einzige vertretbare Möglichkeit, um Gleichberechtigung im Arbeitsleben zu schaffen. Und sie schlägt die Schaffung eines Staatssekretariats für Familien vor, was längst schon überfällig ist.

Wählbarkeit: Ja.

«Liebe SP, als berufstätige Mutter habe ich im Alltag keine Zeit dafür, mich darüber aufzuregen, dass andere mehr verdienen als ich.»

SP: Arbeit und Ausbildung für alle, gleiche Löhne, Schaffung von bezahlbaren Krippenplätzen, Vaterschaftsurlaub. Eigentlich ok. Aber wenn ich sehe, wie man sich hier auf die Erhöhung der Kinderzulagen einschiesst und gegen das «Steuergeschenk an Spitzenverdiener» wettert, kann ich nur den Kopf schütteln. Liebe SP, als berufstätige Mutter habe ich im Alltag keine Zeit dafür, mich darüber aufzuregen, dass andere mehr verdienen als ich. Mit Tagesschulen und anderen bezahlbaren Betreuungsangeboten wäre mir wesentlich mehr geholfen als damit, dass Reichere mehr Steuern zahlen.

Wählbarkeit: Jein. Neid ist ein schlechter Ratgeber. Auch in der (Familien-)politik.

SVP: Willkommen im 21. Jahrhundert!

SVP: Die Partei bekämpft nicht nur «Linke und Nette», sondern auch «jede Tendenz, elterliche Pflichten an den Staat zu delegieren.» Was Familien angeht, setzt sie mehr oder weniger ausschliesslich auf den steuerlichen Bereich und pocht auch hier auf Gerechtigkeit, also Gleichbehandlung von berufstätigen und nicht-berufstätigen Elternteilen (beziehungsweise Müttern, wenn man ehrlich sein will). «Wenn Eltern ihre Kinder selbst erziehen, ist das ebenfalls ein Dienst an der Allgemeinheit», findet die Partei. Liebe SVP, erstens: Auch Eltern, die ihre Kinder zwei, dreimal in der Woche von jemand anderem betreuen lassen, erziehen ihre Kinder selbst (und wenn das so verwerflich wäre, müssten wir sofort die Schule abschaffen, dort verbringen sie nämlich spätestens ab dem 7. Lebensjahr einen Grossteil ihrer Zeit). Und zweitens: Willkommen im Jahr 2019. Und in der realen Welt. Mütter und Väter arbeiten und haben Kinder. Man kann den Lauf der Dinge nicht aufhalten – auch ihr nicht.

Wählbarkeit: Nein.

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Von Sandra Casalini am 19. Oktober 2019 - 08:00 Uhr