Das Bloggen aus Thailand ist irgendwie grad saumässig in Mode. Und während der Journalist in der Schweiz vielleicht angesäuert wäre ob all der Konkurrenz, nimmt mans hier ganz gelassen. Nein, im Gegenteil: Ich mache mir jetzt mal den Feind zum Freund und treffe mich mit einem, der hier eigentlich gar nichts zu suchen hat. Reda El Arbi, männlich, 43, Zürcher. Er schreibt für den Stadtblog vom «Tagesanzeiger» und tut dies, hoppla, auch ganz entspannt aus seinen Asien-Ferien. Jetzt ist der Mann in Bangkok eingetrudelt und er lässt sich auf einen Arbeitstag mit Lanz ein. Acht Stunden verbringen wir zwei an der Khao San Road zwischen Hippies, Teenies und Szenis - und das geht so:
Kafi
Eine gemeinsame Leidenschaft der Konkurrenten. Wir beide lieben Kaffee und kombinieren ihn vorzugsweise mit vielen Zigaretten. Reda zeigt mir einen Ort, an dem es sogar richtig guten gibt und wir sitzen und sitzen, trinken und trinken und rauchen und rauchen. Beim Gespräch stellt sich heraus, dass der Mann das Asienbloggen für Schweizer sozusagen erfunden hat. Nachdem er bei seiner ersten von «ungefähr» neun Asienreisen noch Newsletter-Mails an seine Freunde verschickt hat, kam danach der erste Reiseblog. Es folgten «ungefähr» 100. Der grosse Unterschied zwischen uns beiden: Er findet die grösste Freude darin, Strandbilder zu veröffentlichen, sich zu beklagen, wie langweilig das Leben in den Ferien doch sei und damit die Leute in der kalten Schweiz zu nerven. Ich finde die grösste Freude darin, Barbilder zu veröffentlichen, mich zu beklagen, wie anstrengend das Trinken doch ist und damit die Leute in der kalten Schweiz zu nerven.
Khao San
«Es unterscheidet sich eigentlich nicht gross von der Streetparade», sagt Reda beim Gang durch die Khao San. Während es von allen Seiten wummert und scheppert, erzählt er mir von Schweizer Geschäftsmännern, die nach einer Nacht hier mit einem Tattoo auf der Stirn aufgewacht sind und vor lauter Scham nie mehr nach Hause gereist sind. Und von Touristen, die auf dem nächtlichen Heimweg versehentlich im Tempel eingeschlossen wurden. Und dann erzählt er mir doch tatsächlich von einem Guesthouse, das vom Mossad geführt wird. Da steigen junge Männer und Frauen ab, die in Israel gerade das Militär fertig haben und in Feierlaune sind. Gibts Probleme, gibts entsprechend grad Hilfe. Der Herr El Arbi ist übrigens auch mal da abgestiegen...aus reiner Neugier natürlich.
Klagelieder
Er redet viel, der Zürcher, fast noch mehr als ich. Vor allem aber klagt er. Über fast alles: «Und wenn ich noch einmal diese blöde Kate Moss mit ihrem Finger auf einem T-Shirt sehe, dann...», «Hast du auch so ein beschissenes, bedrucktes Shirt?» (ähm, ja). Die Leute sind viel zu jung, die Musik zu schlecht, der Kaffe an den meisten Orten ungeniessbar. Und dann schweift er ab: Koh Phangan ist auch nicht mehr so wie früher, die Hippies nerven, die Schweden liegen zu lange in der Sonne, die alten Säcke baggern immer junge Thais an, die Strände sind nicht mehr so weiss, der Strom ist schlecht, die Busfahrten nerven... Mit seinem ganzen Gejammere bringt er sogar mich dazu, mit einzustimmen: Mir ists zu heiss, das Bier wird zu schnell warm, die Frauen sind zu jung, zu dünn, zu schön, die Männer sind zu jung, zu rot, zu hässlich. Ja, dieser Herr El Arbi mag zwar einen exotischen Namen tragen, im Herzen ist er aber ein ganz grausam ansteckender Bünzli.
Konkurrenz
Wir sind Blogger, Journalisten - und, wie gesagt, Konkurrenten. Umso lieber tauschen wir uns über unsere Probleme aus. Über stalkende Kommentatoren, über Aufregerthemen, über Leserzahlen und natürlich über unsere Firmen. Und wir müssen viel lachen: über den nervösen Blick der Lanz, wenns kein WiFi gibt, die ewigen Stops für tolle Handyfotografien von Reda, die schweren Taschen (beide tragen sowohl Handy, Computer, Ladegerät für beides, Kamera und USB-Stick mit sich herum), das abwesende Nicken, wenn einer von beiden mitten im Gespräch grad Facebook, Twitter oder sonstwas checkt. Ginge es nach Shakespeare, dürften der Tamedia-Romeo und die Ringier-Julia niemals so vertraut sein, ja, auch in der Schweiz käme es wohl weniger gut an, aber hier in Bangkok sind wir am Ende eben doch mehr Kumpels als Konkurrenten. Und zwar zwei, die trotz Motzen und Jammern unsere grosse Liebe zum Schreiben - und ganz viele Thailand-Entry-Stempel im roten Pass - teilen.