Manchmal hat man ja als Eltern das Gefühl, die Zeit steht still. Die endlosen Nächte, in denen sie zahnen, scheinen nie vorbeizugehen. Wie oft plangt man auf den nächsten Schritt. Sitzen, krabbeln, laufen, sprechen, Kindergarten, Schule. Und dann schnippt man plötzlich mit dem Finger und das Kind ist erwachsen.
So ist es mir diese Woche gegangen. Nicht, dass sich grundlegend etwas verändert hätte. Ich denke jedes Jahr am Geburtstag meiner Tochter an jenen Tag zurück. Ans Auto, aus dessen Motorhaube dicker Rauch qualmte, als wir im Spital ankamen. An den Moment, in dem jeder Schmerz vorbei war und die Hebamme das Baby aus der Gebärwanne hob und auf meine Brust legte. An den erstaunten Aufschrei der Hebammenschülerin, als sie seine flammend roten Haare sah. Und jedes Jahr fühlt es sich an, als wäre es gestern gewesen. Aber dieses Jahr fühlte es sich gleichzeitig so an, als wäre es ewig her, in einem anderen Leben.
«vWas sagt man als Mutter in so einem Moment. Ich bin stolz auf dich? Klar, das bin ich. Aber im Laufe des Tages machte sich noch ein anderes Gefühl in mir breit: Ich bin stolz auf mich selbst.»
Dabei ists ja nur eine Zahl. 18. Eins mehr als 17. Und trotzdem. Sie bedeutet, dass mein Kind jetzt erwachsen ist. Seine eigenen Entscheidungen trifft, und die Konsequenzen dafür trägt. Was sagt man als Mutter in so einem Moment. Ich bin stolz auf dich? Klar, das bin ich. Aber im Laufe des Tages machte sich noch ein anderes Gefühl in mir breit: Ich bin stolz auf mich selbst. Ich habe eine erwachsene Tochter. Und ich glaube, ich habe – zusammen mit ihrem Vater natürlich – unterm Strich gar keinen so üblen Job gemacht.
Natürlich würde ich rückblickend immer wieder mal etwas anders machen. Ich denke, ich wäre heute in gewissen Situationen gechillter, in anderen konsequenter. Vor allem würde ich heute ihre Bedürfnisse wohl nicht mehr so strikt über meine eigenen stellen. Aber alles in allem waren die letzten 18 Jahre genau so, wie sie sein sollten: voller Hochs und Tiefs, die wir gemeinsam genossen und bewältigten.
Und jetzt ist es an der Zeit, ihre eigenen Schritt zu machen. Einen nach dem anderen. Sie geht noch zur Schule und wohnt noch daheim, das endgültige Loslassen dauert also noch ein Weilchen – zum Glück für uns beide. Aber ich merke, dass sie bereit für diese Schritte ist, noch ein bisschen unsicher vielleicht, aber in der Lage, sie zu machen. Und das erfüllt mich mit Stolz. Auf sie, auf mich. Denn so hart das als Eltern ist – schlussendlich ist vermutlich der grösste Liebesbeweis, den wir unseren Kindern liefern können, die Gnade zu haben, sie loszulassen. Und bisher mach ich das gar nicht so schlecht, finde ich.