Podiumsdiskussionen sind wie ultraschlechte Bücher. Anstatt aus Wörtern bestehen sie einfach aus Stühlen, chrosenden Mikrofonen und phrasendreschenden Menschen. Aber immer wieder tut man sich sie an mit der Intention, am Schluss biz schlauer zu sein. Bücher und Panels sind voll von Wissen und Lehrer wollen immer, das man liest und an Diskussionen teilnimmt. Weil das schlau mache. Nur merkt man ab etwa der Mitte (oder vier Minuten), dass sie eine absolute Zeitverschwendung sind. Dummerweise kann man Podiumsdiskussionen nicht weglegen; im Gegenteil, man ist sogar häufig gezwungen, sie bis zum bitteren Ende auszuhalten, weil der Sitzplatz leider viel zu auffällig situiert ist, um heimlich die Flucht zu ergreifen.
Weshalb gibt es überhaupt noch solche Veranstaltungen? Erkläre jemand mal einem Alien, aus welchem Grund wir uns in einem Raum versammeln, um vermeintlichen Expertinnen und Experten beim viel zu langen Debattieren zuzusehen. In einem drastisch unsympathischen Raum, der selten angenehm temperiert ist. Ganz ehrlich, noch nie ging ich inspiriert oder zumindest gut unterhalten von einem Panel nach Hause; noch nicht mal, wenn ich selbst diejenige war, die in schlechtem Hochdeutsch ihre Meinung in das Mikrophon nuschelte.
Mit irgendeinem Sinn versehen
Und dann die Publikumsgäste, die sich zu Wort melden! Ihre Fragen und Inputs beginnen gerne mit einem passiv-aggressiven «ich weiss grad nöd, wie dä Ma heisst, aber mini Frag gaht a sie da mit dem Schal…..». Nach einer solchen Einleitung folgt leider viel zu oft eine sehr lange und sehr konfuse Frage – Aussage – Input? Man weiss es häufig nicht. Dennoch versucht die Moderatorin, das Gesagte mit irgendeinem Sinn zu versehen, bevor sie es den Podiumsgästen weitergibt.
Diese antworten mit demselben, was sie vorher schon achtmal erzählt haben, worauf eine gen Bühne gebrüllte Rückfrage kommt, da ja das Publikums-Mikro schon längst weiter gewandert ist. Eine Farce. Und dennoch, meine Schaltzentrale im Kopf scheint immer wieder den Zettel mit der wichtigen Information zu verlieren, auf der geschrieben steht: «Zeitverschwendung», «Don’t go there» oder «Es bringt nix, Bitsch». Ich finde mich nämlich immer wieder im Publikum von Podien wieder. Und dann sitze ich da, augenverdrehend und heimlich durch Instagram scrollend. Mehrere Male im Jahr höre ich Menschen beim Sich-im-Kreisdrehen zu, meistens für 90 Minuten (gefühlt sind es fünf Stunden).
Make Podiumsdiskussion great again!
Kann man denn nicht solchen Events mehr Substanz und Relevanz einimpfen? Es gibt mehr als genug spannende Persönlichkeiten und ähnlich viele grandiose Diskussionsleitende, kommen denn die einfach nie zusammen? Und vielleicht liesse man das Publikum nicht mehr als eine Stunde auf dem Sitzfleisch hin und her rutschen: 45 Minuten zuhören täten es eigentlich? Make Podiumsdiskussionen great again! Sie sollten so inspirierend sein, dass man danach acht neue Bäume pflanzen will und motiviert wird ein StartUp für Bambus-Zahnbürsten zu gründen oder ein Buch zu schreiben. Ein grandioses Buch, versteht sich. Und wenn das so weiter ginge, gäbe es irgendwann keine schlechten Bücher oder boring Panels mehr. Problem solved.
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