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  4. Gülsha Adilji: Die Bloggerin über Effizienz und Martina Bircher
Genau, Gülsha

Effiziencer

Bloggerin Gülsha Adilji schreibt darüber, wie sie mit Effizienz Zeit für die wirklich wichtigen Dinge im Leben spart und warum es wiederum furchtbar ineffizient wäre, an den Ärmsten der Schweiz zu sparen.

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Multitasking
Justin Case

Ich bin beeindruckt von Menschen, die ihr Leben im Griff haben. In deren Wohnung hängt kein feebreezegetränkter modriger Geruch quer durch das Wohnzimmer, bei ihnen leuchtet ein Öllämpli auf dem Vintage-Tisch und untermalt ihre aktuelle Stimmung mit der passenden ätherischen Essenz.

Diese Menschen, sogenannte «Erwachsene», besitzen Thermometer für den Wasserkocher, um ihre verschiedenen Grüntees bei der für die jeweilige Sorte geeigneten Temperatur zuzubereiten, und sie waschen die Wäsche nicht nur ein Mal im Monat, weshalb sie auch nie gezwungen sind, panisch irgendwelche T-Shirts und Unterwäsche beim Discounter zu holen.

Kartonsammlung gehört zum Wohnkonzept

Das Einzige, das mich daran erinnert, dass ich nicht mehr 21 bin, ist meine Arthrose am Ringfinger und mein flüchtendes Zahnfleisch. Ansonsten wohne ich noch in einer WG, da ich mich für den Kleinkunst-/Autoren-Weg und der damit verbundenen Anspruchslosigkeit entschieden habe. Während sich andere in meinem Alter darüber aufregen, dass sie wegen der Morgen-Yoga-Class die Kartonabfuhr verpasst haben, sind meine grössten Ärgernisse: der Spotify-Mix der Woche, der absolut meinen Geschmack verfehlt hat und dass ich die Küchentüre wegen des Kartons nicht mehr ganz aufbringe. Letzteres gehört aber absolut zum Wohnkonzept. 

Granulat-Kaffee, weil effizient

Es gibt allerdings eine Sache, bei der mir aber noch nicht mal die erwachsenste Person der Welt – Markus Lanz – das Wasser reichen kann: Effizienz. Um Zeit zu sparen in der Zukunft, markiere ich bei allen Sprühflaschen die Ecke, in der der Schlauch endet, damit ich, wenn der Inhalt sich dann dem Ende neigt, nicht ständig herausfinden muss, wie ich die Flasche anzuwinkeln habe.

Mein Wasserkocher ist immer gefüllt, damit ich das Ding nach dem Aufwachen direkt anschalten kann, um dann ohne Umwege unter die Brause zu hüpfen. Nach dem Duschen und Zähneputzen, was ich natürlich verbinde, hätte mein Kaffeewasser sehr zufällig auch die optimale Ziehtemperatur für Kukicha-Grüntee. Aber ich trinke Granulat-Kaffee, weil effizient.

Nicht bei denen sparen, die am wenigsten haben

Nach dem Sport halte ich den Rekord für die kürzeste Aufenthaltszeit in der Umkleidekabine: Ich weiss den Föhn so zu drapieren, dass ich beide Hände freihabe, um parallel mit dem Contouring zu beginnen. Man muss halt auf Zack und ultra effizient sein, um genügend Zeit zu haben für die wirklich wichtigen Dinge im Leben, wie zum Beispiel die neusten Influencer-Trends. (Man ist jetzt übrigens bodypositiv, muss aber immer noch Acai-Bowls fein finden und 15 Mal die Woche Sport machen.)

Zudem braucht man genügend Zeit, um bei all den Twitter-Kriegen à jour zu sein, um beispielsweise rechtzeitig Menschen den Rücken zu stärken, die wegen eines #NazisRaus mit allerlei wüsten Bedrohungen beworfen werden. Die meiste Zeit geht bei mir aber drauf, den Martina Birchers dieser Welt zu erklären, dass man nicht bei Sozialhilfeempfängern sparen sollte, weder bei ihrem Essens-, Kleider- noch Telefongeld. Man sollte allgemein nicht bei denen sparen, die am wenigsten haben. Das wäre tatsächlich ultra ineffizient. So, als würde man beim Grüntee kochen am Wasser sparen statt beim Thermometer. Menschen, die Grüntee ohne Wasser propagieren, wirken zudem nicht so, als seien sie erwachsen oder hätten eine Auswahl an ätherischen Ölen im Schrank stehen. Sie wirken eher so, als hätten sie nicht alle Tassen im Schrank stehen. 

am 15. Januar 2019 - 11:52 Uhr, aktualisiert 21. Januar 2019 - 01:24 Uhr