Jeden Freitag, wenn meine Grossmutter zum Abendessen kam, begann eine ihrer Geschichten mit folgender Frage: «Händ ier die Wuche dä Aeschabchen xeh?» Das geschah weit vor meiner SRF-reifen Zeit, dass Kurt Aeschbacher, 70, Teil meines Lebens wurde. Ich wusste damals immer, dass auf diese Frage eine spannende Anekdote folgte. Meine Grossmutter erzählte uns dann immer voller Begeisterung, was sie in der aktuellen Folge gesehen, gelernt oder gehasst hat. Aber egal, was es war: Spannend zuzuhören war es immer und für Gesprächs- und Diskussionsstoff sorgte «Aeschbacher» bei uns auch.
Archiv bis auf die Knochen
Ich schwelge etwas in Familien-Nostalgie, weil ich mir am Sonntagabend «Danke, Kurt Aeschbacher» auf SRF 1 anschaute. Es war seine grosse Adieu-Show, bevor «Aeschabcher» am 30. Dezember zum letzten Mal ausgestrahlt wird. Die wundervolle Sandra Studer, 48, moderiert durch die Sendung. Das Wühlen im Aeschbacher-Archiv stand bei der Show im Vordergrund. Und wer sich das Gesicht von Aeschbacher während der Sendung angeschaut hat, den dünkte es, als sei der Moderator wohl selbst darüber verwundert, was er alles vor laufender Kamera gesagt und getan hat.
Die ganze Sendung bestand darin, in Erinnerungen zu schwelgen und Freunde des Moderators erzählen zu lassen. Vor allem aber kam Aeschbacher selbst zu Wort, plauderte aus dem Nähkästchen, sprach über sein Privatleben oder verriet TV-Background-Geschichten. Er antwortete selbst auf seine damals gestellten Fragen und kommentierte Aufnahmen von Sendungen, die er längst vergessen hatte.
Eine Sendung wie Aeschbacher selbst
Eine – meiner Meinung nach – runde und besonders herzliche Sendung, welche den Charakter Aeschbachers wunderbar wiederspiegelte: Auch nach über 40 Jahren im Fernsehen hat sich Aeschbacher seine Bescheidenheit bewahrt. Für eine Fernsehpersönlichkeit dieser Grösse ist es bewundernswert, wenn einem der Ruhm nicht über den Kopf wächst.
Während all den Jahren lagen Aeschbacher seine Talk-Gäste mehr am Herzen, als er sich selbst. Sein Moderationsstil war immer geprägt von dem unermüdlichen Willen, Sachverhalte und Menschen verstehen zu wollen. Aeschbacher schaffte es immer, sich auf seine Gäste einzulassen, sogar dann, wenn ihm die Themen fern lagen. Und mit all seiner Bescheidenheit und Zurückhaltung, glänzte er immer dank seines unübertreffbaren Charmes. Aeschbacher verstand es, im Mittelpunkt zu stehen, ohne sich in den Mittelpunkt zu stellen.
Ein würdevoller Abschied
Warum «Danke, Kurt Aeschbacher» so gut zu ihm passte? Weil auch die Sendung durch Bescheidenheit glänzte. Es war nicht zu viel Tamtam, aber gerade genug, um Aeschbacher nach so vielen Jahren würdevoll zu verabschieden. Es gab ein Live-Publikum, aber kein grösseres, als sonst bei seinen Sendungen. Es gab musikalische Begleitung, es kamen Freunde vorbei, es gab Cüpli. Nichts wirkte aufgesetzt, nichts konstruiert. Es war der TV-Abschied, den man einem Aeschbacher wünscht: Ein authentischer Abschied mit Herz, Emotionen und vor allem mit viel Charme.