Es gibt in der Schweizer TV-Landschaft Menschen, die waren für mich schon immer alt. Die waren schon alt, als ich damit begann, Zeitschriften zu lesen. Die drei Gäste bei «Gesundheit heute» auf SRF1 am Samstagabend gehören zu diesen. Es nahmen im Studio Platz: Hotelier Art Furrer, 82, Sepp Trütsch, 69, und Musiker Pino Gasparini, 73.
Es hätte ein «Wo tut es weh?»-Abend werden können. Oder ein «Wir reden über die Prostata»-Abend. Auch Zweiteres hätte ich dem Sendeformat zugetraut. Geworden ist aus dem Abend eine wunderbare Runde gestandener Senioren, die so viel Schönes und Leichtes über das Altern zu sagen hatten, dass es meine Seele streichelte.
Natürlich wurde über Fitness und Gesundheit im Alter geredet. Und wer wäre da ein besseres Aushängeschild als Pino. Pino ist – wie es meine Nonna sagen würde – ein Mann, der immer eine «bella figura» macht. Der macht immer was her, schaut immer gepflegt aus, verfügt über eine beneidenswerde Haarpracht und trägt den eng anliegenden Pulli besser als manch ein junger Herr meines Alters. Konsequentes tägliches Training, verriet er. Trampolin morgens, während des Haareföhnens auf einem Bein balancieren, Bewegung in den Alltag einbauen. Herr Pino kann man nur auf die Schultern klopfen.
Das sind die Tipps, die man als junger Mensch doch hören möchte. Dieses ganze «Smoothie trinken am morgen und Wasser und Chia-Samen»-Gerede glaubt man doch eh keinem. Es ist schlicht und einfach langjähriges Training, das sich im Alter dann auszahlt.
Lieblingszitat des Abend kam – das war zu erwarten – von Furrer: «Du sollst immer Trinken, aber nie zu viel saufen.» Ja, das Gläschen hat der sich bestimmt nie nehmen lassen. Und die Weisheit, man solle im Leben immer Gleichgewicht halten und nie zu sehr über die Strengen schlagen, ist doch auch ein Tipp, den man sich hinter die Ohren schreiben kann.
Wenn drei TV-Männer in so einer Runde zusammenkommen, muss schweren Herzens auch über den langsamen Rückzug aus der Öffentlichkeit geredet werden. Wir kennen es von Hollywood, dass es da genug Beispiele gibt von Menschen, die den würdevollen Absprung nicht schaffen. Die drei Herren jedoch haben dem Thema viel Leichtigkeit geschenkt. Man müsse keinem mehr etwas beweisen, so der O-Ton. Und man müsse sich von der Rampen-Sucht lösen und sollte aufs Altern nur noch tun, worauf man wirklich Lust hat und nicht, wozu man sich gezwungen fühlt.
Und als das Trio von ihren Partnerschaften zu erzählen begannen, schmolz mein Herz wie Butter auf dem Raclette-Ofen. Wie aus einer «heissen Liebe» nach all den Jahren eine «verlässliche Liebe» geworden ist. Und wie man im Alter die Zeit findet, miteinander zu reden, ohne dass der Alltagsstress dazwischenfunkt.
Mir fällt es als junger Mensch oft schwer, älteren Menschen zu glauben, wenn sie erzählen, dass sie mit ihrem aktuellen Alter zufrieden sind. Und es gibt wenig Senioren, die mich vom Gegenteil überzeugen können. Die drei haben gute Arbeit geleistet. Authentisch und mit viel Herz konnten sie mich zwar nicht vom Gegenteil überzeugen. Aber sie konnten mir alle die Vorzüge, die ich noch nicht kennen kann, nähergebracht.