Ich kanns ja immer wieder aufs Neue nicht fassen, dass eine Jass-Sendung unsere Schweizer Prime-Time bestimmt. Nichts, aber auch gar nichts drückt unsere Schweizer Unschuld eher aus, als das Jassen. Am Donnerstag wars dann wieder so weit, zum ersten Mal mit dem neuen Moderationstrio: Darum hab ich mir die volle Ladung «Donnschtig-Jass» auf SRF1 gegeben.
Rainer Maria Salzgeber, 49, moderiert neu. Das passt mir ganz gut, weil mir der Salzgeber gut passt. Auch, wenn sein Akzent mich für immer an meine Walliser Primarlehrerin erinnert. Die versuchte damals meinen Eltern zu erklären, dass ich in Mathematik zu schlecht war. Ich hab Mathematik bis heute nicht verstanden und meine Eltern meine Lehrerin nicht. Aber den Salzgeber, den mag ich und den find ich eine mehr als würdige Neubesetzung. Ich hab den Salzgeber zwar verstanden, das Jassen jedoch noch immer nicht.
Ich kam nicht umhin mich zu fragen, ob Moderator und Comedian Stefan Büsser, 32, wohl gern an Salzgebers Stelle gestanden wäre. Büssi ist der neue Social-Media-Typ und für mich war er wie der Schuss Kirsch im Fondue: ohne ihn wärs für mich nur Käse gewesen. Der Büssi ist genau das, was eine solche Sendung braucht. Der bringt etwas Jugendliches, Freches und Witziges ins bescheidene Schweizer Leben. In zwanzig Jahren dann darf sicher auch er ein Blumenhemd tragen und dem Telefon-Jasser die Karten halten.
Es ist Zeit, folgendes zu gestehen: Ich verstehe das Konzept dieser Sendung sowas von überhaupt nicht. Ich würde sogar so weit gehen, zu behaupten, dass ich von Herzchirurgie mehr verstehe. «Bahnhof» sprach meine Gedankenstimme.
Unterdessen hat es aber Thun auf meine «Places to visit»-Liste geschafft. Als leicht arrogante Zürcherin begebe ich mich selten in fremdes Territorium, aber dieses Thun... das schaut schon nach dem friedlichen Leben aus.
SRF feierte übrigens eine kleine Premiere: Die Jass-Sendung hat ihre erste SchiedsrichterIN. Schwinger-Königin Sonia Kälin, 33, macht jetzt, was eine Jass-Schiedsrichterin eben so macht. Näher kann ich auf diese Aufgabe leider nicht eingehen. Sie richtet... und zählt Punkte... und hat etwas an dieser Tabelle gemacht. Eine sympa Erscheinung fand ich die Kälin. Wirkt noch etwas TV-jungfräulich, aber in die Jass-Unschuldsrunde hat das gepasst wie die Faust aufs Auge. Sie meinte noch zu Beginn der Sendung, dass sie etwas aufgeregt sei. Davon hat man aber tatsächlich nicht viel gemerkt.
Das Jassen nahm seinen Lauf, in Thun wurde es dunkel, ich hab bei der vierten Jass-Runde meinen Hunden kurz das Erleichtern erlaubt. Als ich zurückkam, hab ich auch nicht allzu viel verpasst. Das war nett, dieser Ausflug in eine mir sehr fremde Welt. Diese Welt bleibt mir wohl ein Buch mit sieben Siegeln.