Es ist ja immer so ein bisschen Klassenzusammenkunfts-Stimmung bei diesem «Prix Walo». All die Menschen der Schweizer Unterhaltungsbranche kommen zusammen, setzen sich an langen Tischen auf Plastikstühle und warten, bis sie endlich einem Gspönli applaudieren dürfen.
Sonntagabend war es auf «Star TV» mal wieder soweit und zum Glück liess das erste Missgeschick nicht lange auf sich warten, als Laudator Daniel Rohr, 57, den falschen Preis in den Händen hielt und somit den falschen Sieger nannte. Kann passieren, wir wollen ja nicht so sein. Was mich aber immer wieder etwas erschreckt bei Schweizer Gala-Veranstaltungen, ist diese hoffnungslos unelegante Garderobe, in die sich so viele Künstler für einen solchen Anlass schmeissen. Natürlich ist der «Prix Walo» nicht die «Met»-Gala. Aber ich bitte euch: Wenn ihr doch vor allem euch selbst feiert, dann seid euch doch bitte genug Wert, etwas Glam zu versprühen. Ich verstehe durchaus, dass wir Schweizer nicht gleich empfänglich sind für Glamour und Drama, aber als Zuschauer möchte man doch das Gefühl vermittelt bekommen, dass wenigstens die Teilnehmer ihre eigene Branche wichtig genug nehmen, um sich anständig herauszuputzen.
Diese Kritik trifft jedoch vor allem auf eine Person nicht zu: Moderatorin Nicole Berchtold, 39, war ein Augenschmaus und ihr Mitmoderator Salar Bahrampoori, 37, entzückte meine Ohren wie Nutella den Toast. Für das Wohl aller sollten wir daher über eine Bündnerquote bei allen Schweizer TV-Sendern reden. Auch Comedian Claudio Zuccolini, 47, kann mir weiss Gott alles erzählen und ich weiss nicht, ob ich wegen des Inhaltes kichern musste, oder weil ich mich immer wie ein verlegenes Schulmädchen fühle, wenn ich ihn reden höre.
Abseits meiner Bündner-Lieblinge sah ich viel, was ich sonst in meinem normalen Alltag nicht sehen würde: Nachwuchs-Jodler, Ländler-Musikanten, noch mehr Ländler-Musikanten und noch ein wenig Ländler-Musikanten. Es war ein Ausflug in eine verborgene Welt der Handörgelis und Jolalalilos. Und irgendwann zwischendurch tanzte eine Tänzerin auf ihrem Pianisten herum, züchtigte ihn mit Peitsche und verrenkte ihre Beine auf seinen Schultern. Ich hab nicht mehr ganz verstanden, ob das noch Kunst ist. Ich würde lügen, wenn ich behaupte, dass es in meinem Empfinden nicht doch ein paar etwas verstörende Szenen gab. Aber es ist schliesslich die Unterhaltungsbrache und die darf so manches, was das «seriöse Fernsehen» nicht darf.
Aber vor allem bin ich bin den TV-Göttern dankbar, dass sie Hausi Leutenegger, 78, immer wieder auf die Bühne lassen, auch wenn es nur als Laudator war, wie an diesem langen Abend. Hausi macht auf mich generell einen konstant charmant angeschickerten Eindruck mit einer Haltung, die nur einer haben kann, der weiss, dass man ihn bedingungslos liebt. Und eines muss man dem Hausi lassen: Wo er Recht hat, hat er Recht.