Die SRF1-Dokuserie «Jobtausch» startete am Freitag in ihre achte Staffel. Um Schoggi ging es da. Ein Auftakt mit sowohl süssem als auch bitterem Nachgeschmack. Für das Bittere waren leider wir Schweizer verantwortlich, was mich in meiner Patriotenseele etwas kränkte.
Auf der Schweizer Seite standen die herzige Stefi und die nicht weniger herzige Larissa. Beide arbeiten beim Luzerner Schoggihaus «Bachmann» und sollten im Rahmen dieses Tauschexperiments nach Panama reisen, woher ihre Schokolade stammt. Und weil das Format «JobTAUSCH» heisst, reisten im Gegenzug die reizende Esmeralda und die ebenso reizende Nicooll aus der Kakaoplantage in Panama ins schweizerische Luzern.
Freudentränli flossen bei den Schweizerinnen, als sie den Dschungel erreichten. Das konnte ich gut verstehen. Die beiden waren ausser sich vor Freude, endlich erfahren zu dürfen, woher ihr Rohmaterial stammt und wer die Menschen sind, die dahinter stehen.
Weit aufgerissene Augen hingegen gab es bei den beiden Zentralamerikanerinnen, als sie mit rosa Haarhüübli die sterile Schokoladenfabrik zum ersten Mal betraten. Das konnte ich ihnen nicht verübeln.
Bis dahin schnitten meine Landsleute tiptop ab. Die beiden Schweizerinnen waren sympathisch, freundlich, einfühlsam, beeindruckt, respektvoll... Mein Adjektivdurchfall wird den beiden Schnuggis kaum gerecht. Doch da kam der «Bachmann»-Chef und machte meinem Nationalstolz einen Strich durch die Rechnung.
Ich erkläre, warum: In Panama versuchten sich die beiden jungen Frauen an der traditionellen Kakaogewinnung. 100 Früchte anstatt 200 haben sie geerntet. Geröstet haben sie anschliessend die Bohnen unausreichend. Die Paste war bitter... Nun gut. Sie habens versucht. Vom Plantagenchef gab es dennoch nichts als liebe und warme Worte.
Und dann standen die beiden Panamaerinnen bei «Bachmann» und mussten mit diesem Spritzding Blumen spritzen. Man hätte da als Chef sagen können: «Wunderschön, wie ihr das probiert» oder «Der Wille war da» oder «Danke für euren unermüdlichen Einsatz heute». Aber der Schweizer ist eben zielorientiert und kritisiert gern. Er findet die Masse zu weich und «war sich schon von Anfang an sicher, dass das nicht so hinhauen würde».
Auf die Spitze getrieben wurde dieses Spiel dann, als die beiden hinter dem Tresen Kunden bedienen sollten. «Grüezi» wird ihnen als Begrüssung beigebracht. «Was hättet ihr gäärn?» Und dann lehnt sich die «Bachmann»-Angestellte mit breitem Grinsen über die beiden Damen und wiederholt ihr Schwiizerdütsch viertausend Mal, als hätte sie selbst innert vier Minuten Spanisch gelernt. Und dann kam auch noch diese Kundin, die im Schneckentempo «W-A-S I-S-T D-A-S?» fragt, während sie auf irgendein Praliné in der vordersten Reihe zeigt. DIE REDEN KEIN DEUTSCH! Auch wenn man es l-a-n-g-s-a-m sagt. Ich fand, das war reines Vorführen.
Auch beim Abschiedsfest in Luzern, bei dem die beiden ihre eigenen Schoggikreationen vorstellen durften, war das kulturelle Gefälle gross. Während der Chef in Panama bei seinem Abschlussfest rührende Worte im Sinne von «Ihr bleibt für immer in meinem Herzen» fand, murkste der Schwiizer: «Wir haben Gäste aus Panama, die uns diese Woche verstärkt haben.» Nein. Ihr habt kein «Gäste» erhalten, lieber Herr Bachmann. Die Frauen, die täglich Stunden in der Sonne hunderte von Kakaofrüchte ernten, damit hier mit dem Spritzding herumgespritzt werden kann, waren als Fachpersonen hier. Über die Qualifikationen der Frauen wurde nämlich kein Wort verloren.
Mich würde es ja interessieren, was Esmeralda und Nicooll zurück zuhause ihren Leuten so erzählt haben. «Da tragen sie rosarote Hüübli», vielleicht. Oder: «Die spritzen mit so einem Spritzding Blumen, die es in der Realität überhaupt nicht gibt, auf ein Praliné, das dann in einer Glasvitrine in der vordersten Reihe steht.»
Auf alle Fälle haben aber die Schweizerinnen etwas vom Leben gelernt und auch verstanden. Nämlich, wie viel Knochenarbeit anderer es braucht, damit wir mit unserem Wohlstand Blumen spritzen können.