Als hätte SRF1 meine Gedanken gerochen und aufgegriffen... Die Angst vor Altersarmut ist nämlich eine, die mich seit Wochen konstant begleitet. Wie sich bei mir dieses Gedankenfenster geöffnet hat, kann ich nicht mehr ergründen. Es war eines Tages einfach offen und seither herrscht Durchzug.
Passend zu meinem Panik-Themenmonat lief am Donnerstagabend die Dokumentation «50+ und arbeitslos. Wege aus der Altersfalle». Gezeigt wurde das Leben von vier verschiedenen Ü50ern, die sich in ihrem ungewollt arbeitslosen Alltag irgendwie durchschlagen und die alle aufgrund ihres Alters keine neue Stelle mehr finden.
Mit 50 in die Lehre
Natürlich ist es ein Klischee und schrecklich naiv anzunehmen, dass solche Schicksale nur jenen droht, die weniger gut ausgebildet sind. Und natürlich waren genau wegen dieses Vorurteils unter Protagonisten Ingenieure und Betriebswirtschaftler. Da war zum einen Andreas Knuchel, der als Ausgleich einen Tag pro Woche LKW fährt oder Alfred Waser, der als Sozialhilfeempfänger in einem Zimmer mit Gemeinschaftsküche leben muss.
Da war Ruth Stadelmann, die bei der Post arbeitete und heute ehrenamtlich in einem Kaffee und einem Tauchshop jobbt. Was sie dort verdient, wird ihr von den Sozialgeldern abgezogen. Es gehe eher um eine Aufgabe, als ums Geldverdienen, sagt sie. Und mein Dok-Held Raffael Spielmann, der mit knapp 50 noch eine Lehre begann und sich nun im zweiten Lehrjahr durchschlägt.
Warten auf die erlösende Pensionierung
Es erfordert Mut, sich mit diesen Voraussetzungen vor der Kamera zu zeigen. Nicht, weil arbeitslossein verwerflich ist, aber weil man als Arbeitsloser im reifen Alter ganz klar einer Randgruppe angehört und auch einer Generation, die Arbeitslosigkeit womöglich nicht gleich toleriert, wie die meine.
Ich habe mir eine Stunde lang die Geschichten der Protagonisten angehört, ihre Gedanken und ihr Leid. Die Depressionen, der verlorene Optimismus, die Hoffnungslosigkeit und das Tagezählen, bis zur Pensionierung. Da wurde mir das Herz schwer. Hier sprachen Menschen, die ihr Leben lang gearbeitet haben und dann jahrelang, bis die erlösende Pensionierung kommt, von der Hand in den Mund leben müssen.
«Sucht euch Hobbies»
Sie haben Berufs- und Lebenserfahrung gesammelt, aber können sich davon weder etwas kaufen, noch sich irgendwo produktiv einbringen. Und auf dem Arbeitsmarkt sind auch sie einfach nur eine Bewerbung von vielen. Ein weiterer Name auf einem Blatt Papier. Anonym. Einfach eine Zahl.
Raffael, der Lehrling, lebt von 4000 Franken pro Monat. Ruth am Existenzminimum. Andreas wird von seinen Kindern unterstützt. Erdrückend. Wie man Arbeitslosigkeit im höheren Alter vermeidet, darauf habe ich keine Antwort erhalten. Wie man wieder aus ihr herausfindet, auch hier wurde kein Erfolgsrezept dem Zuschauer entgegen geschmissen. Wie auch... Das einzige, was mir dieser Film in Erinnerung gerufen hat, ist der folgende Satz meines Vaters, den er meinen Schwestern und mir schon immer nahgelegt hat: «Sucht euch Hobbies. Und zwar solche, denen ihr Zuhause nachgehen könnt. Dann wird euch nie langweilig.» Das schreib ich mir als seelische Vorsorge mit dickem Permanentstift hinter die Ohren.