Ich weiss ja nicht, ob Menschen die Schlager hören, so überglücklich sind, wie die Musik selbst – oder ob sie gern so überglücklich wären. Auf alle Fälle habe ich mich am Samstagabend für die geschätzte Leserschaft in neue Gewässer gewagt und mir das «Adventsfest der 100’000 Lichter» auf ARD mit Florian Silbereiesen angeschaut.
Wie es der Name verrät, sollte die Show auf die Adventszeit einstimmen und dementsprechend schaute es aus und hörte es sich an. Der Silbereisen wurde sogleich zu Beginn von als Engel verkleideten Kindern mit Hofknicks begrüsst, ein Christkind stand Kindern (die doch lääääängst schlafen sollten) Rede und Antwort, Love was in the Air, Schnee fiel und alle waren unfassbar glücklich und froh und hatten sich schrecklich lieb. So sehr, dass mir meine konstant aus dem Hintern scheinende Sonne im Vergleich sogar mürrisch vorkam.
Kitsch ist wohl das Wort, das mir auf der Zunge liegt. Daran habe ich ja eigentlich nichts auszusetzen. Ich liebe Kitsch. Aber da wurde Kitsch mit Glitzer, Schlagrahm, Streusel und jungfräulichen Einhorntränen angereichert.
Und als wäre das nicht genug, gab da auch noch live einen Heiratsantrag. Stefan Mross ergriff auf der Bühne seine Chance, bei seiner Anna-Carina Woitschack um die Hand anzuhalten. «Einen Engel darf man nicht wegfliegen lassen, einen Engel soll man halten», war einer der Sätze, der während des Antrages fiel. Keine lateinamerikanische Seifenoper hätte das besser inszeniert.
Sonia Liebing hat dann den Mariah Carey-Hit «All I want for Christmas is you» auf Deutsch interpretiert, sich während des Singens romantisch ihrer anwesenden Familie zugewandt und wie alle anderen Gäste vierhunderteinundneuzig Mal betont, wie sehr die Liebe und die Familie bei diesem Fest im Mittelpunkt steht. Kinder waren bei der Show generell und ständig auf der Bühne. Wenn nicht als Engel, dann als Heinzelmännchen oder im Schnee tobende glückliche Menschlein.
Unsere Linda Fäh war da auch noch und sang mit Gitarre zusammen mit dem Silbereisi am Lagerfeuer. Sogar bitzeli uf Schwiizerdütsch hat sie gesungen, zusammen mit ihm. Das fand ich jetzt schon noch herzig.
Dann kam etwas, das ich niemals erwartet hätte: Giovanni Zarrella sang mit seiner Frau Jana Ina «Cosi sei tu», eine italienische Interpretation von Peter Maffays Hit «So bist du». Jana Ina ist ja keine Sängerin und das ist auch absolut in Ordnung, dass man das auch hört.
Aber ich hab mich daran erinnert, dass ich vor einem Jahr an dieser Stelle über die riesige Helene-Fischer-Show schrieb. Die hat damals denselben Song aufgeführt. In der bis heute besten Version, die ich je gehört hab. Da kann ich auch jetzt noch auf Knopfdruck heulen.
Nach drei Stunden war mein Herz so durchgeknetet, dass ich es fast ausschied. Das war so furchtbar viel Glückseligkeit auf dieser Bühne, das hätte schon fast als Weihnachtssatire durchgehen können.