Als Melanie Winiger, 40, Miss Schweiz wurde, war ich gerade einmal knappe acht Jahre alt. Es erklärt sich von selbst, dass ich die Veranstaltung damals nicht verfolgt habe. Aber so weit mein People-Gedächtnis zurückreicht: Winiger war immer da. Und Winiger fand ich schon immer – pardon, pardon, pardon... – eine geile Sau. Dass ich am Freitagabend bei SRF1 in die Sendung «Geboren am 22. Januar 1979 – Melanie Winiger» reinzappen musste, erklärt sich von selbst.
In der Sendung wurden drei Frauen mit demselben Geburtsdatum vorgestellt. Jede komplett anders: Daniela flüchtete als Mädchen aus Bosnien in die Schweiz und Barbara leidet unter einer Lichtallergie. Die dritte im Bunde war dann eben unsere Winiger.
Ich habe die Geschichten ihrer Kindheit bestimmt schon oft gehört und gute Geschichten hört man sich gerne mehrmals an. Winigers Geschichten sind aber nicht gut, weil sie unterhaltsam sind. Sie sind gut, weil sie einem lehren, die Ärmel hochzukrempeln und Eigenverantwortung zu tragen.
Winiger erzählte, wie sie damals als Mädchen in der Schule im Tessin verhauen worden und als «verdammte Marokkanerin» beschimpft worden ist (tatsächlich ist sie Halbinderin). Ihr Vater war es, der ihr das Prügeln beigebracht habe. Ab dem Zeitpunkt habe sie Mobber in die Schranken gewiesen und sei von allen nur noch «Super-Melanie» genannt worden, weil sie die Starken für die Schwächeren verprügelte.
Besonders ergreifend fand ich Winigers Tränen, als sie über ihren Sohn Noel sprach. Es ging darum, wie damals in der Presse über ihr Mutterdasein hergezogen wurde, nachdem sie in einem Interview gesagt hatte, dass ihr ihr eigener Sohn manchmal auf die Nerven gehe. Als Winiger dann von ihrem Sohn zu erzählen begann, kullerten die Tränen. Es ist schön, eine harte Winiger einmal nah am Wasser gebaut zu sehen.
Entgegen den meisten Meinungen finde ich nicht, dass Winiger eine «Rebellin» ist – oder eine Person, die sich selbst regelmässig «neu erfindet». Die tut doch einfach, wonach ihr gerade ist, ohne sich auch nur eine Sekunde lang zu überlegen, wie das die anderen so finden werden. Recht hatte sie damals und Recht behält sie heut.