«Ihre DNA-Analyse ist eingetroffen.» Diese wenigen Buchstaben verursachen bei mir fast einen Herzinfarkt. Ich bin nervös, habe tausend Gedanken in meinem Kopf. Habe ich tatsächlich asiatische Wurzeln, wie alle immer denken? Oder kommen meine Vorfahren unerwartet aus Australien oder Afrika? Ein Klick und ich habe Gewissheit.
Doch dieser eine Klick bringe ich nicht übers Herz. Drei Tage sind nun vergangen, die E-Mail noch immer ungelesen. Mit meinen besten Freundinnen sitze ich nun in einer Runde, wir trinken Gin Tonic und wollen gleich ins Kaufleuten. «Die Resultate sind da», offenbare ich beschwipst. Alle reden wirr durcheinander, der Tenor ist eindeutig: «Öffne diese verdammte Mail!»
Alkohol sei Dank getraue ich mich. Nach wenigen Sekunden fange ich so laut an zu lachen, dass mir Tränen in die Augen schiessen. Asien? Vier Prozent! Vier lächerliche Prozent! «Das ist unmöglich», meint Özi fassungslos. «Du verarschst uns, oder?», fragt Lulu mit grossen Augen. Um näher auf die Resultate einzugehen, sind wir zu betrunken.
Das mache ich eine Woche später. Ich bin wieder zurück in Los Angeles, sitze mit meiner Freundin Nat auf dem Sofa und endlich, endlich erfahre ich, woher ich komme. Und schon wieder trifft mich fast der Schlag. Zuoberst auf der Liste steht doch tatsächlich Skandinavien mit 21 Prozent. Die vermeintliche Asiatin hat Wurzeln in Norwegen, Schweden und Dänemark. 21 weitere Prozent zeigen Westeuropa an. Allen voran: Deutschland und Schweiz. Gut, das war ja zu erwarten.
Weiter gehts. 19 Prozent Spanien, 16 Prozent Grossbritannien. Griechenland und Italien teilen sich 16 Prozent. Asien, sprich Kaukasus, vier Prozent. Also nichts mit China, Japan oder Taiwan, meine Lieben. Alle, die mich in ihrem Handy mit Sushi-Emojis gespeichert haben oder in Bruce Lee meinen Vater sehen, geht in eine Ecke und spielt Baum.
«Hey, du bist ja ein Prozent jüdisch», strahlt Nat - sie kommt aus Tel Aviv - plötzlich. «Jetzt habe ich den Segen deiner Eltern auf sicher», schmunzle ich. Und wenn hier in Los Angeles mal wieder jemand denkt, ich komme aus Schweden, wenn ich mit «Switzerland» antworte, kann ich nun ja getrost Ja sagen.