Lasst euch vom Titel nicht in die Irre führen. Die Jungs, um die es geht, sind ganz lieb - sie sehen halt nur nicht aus, wie man sich den typischen Veganer vorstellt. Und bevor jemand gleich in die Tasten haut, um mir mitzuteilen, dass es den «typischen Veganer» nicht gibt und überhaupt in Stereotypen zu denken sowieso daneben sei - ihr habt ja recht. Und trotzdem poppen vor meinem geistigen Auge beim Wort «Veganer» eher Yoga praktizierende Chörnlipicker oder Wollpulli tragende, ältere rothaarige Damen auf als volltätowierte Punks.
Am 3. Juli feierte der vegane Take-away «roots» gleich hinter dem Zürcher Jelmoli Eröffnung. Die drei Gesichter hinter dem Laden sind Mattias, Hermann und der einzige Nicht-Veganer im Bunde Frédéric. Bei der Eröffnung habe ich mich mit Mattias unterhalten und fand seine Einstellung und Lebensweise so interessant, dass ich mehr darüber erfahren wollte. Mattias lebt schon seit 2004 vegan, als 15-jähriger ist er Vegetarier geworden «wegen der Tiere». «Als ich begann, mich wirklich damit auseinanderzusetzten, was mit ihnen passiert, nur um auf unseren Tellern zu landen, war für mich klar, dass ich ab sofort kein Fleisch mehr essen würde.»
Herrmann, der Koch (im Video ganz unten zu sehen), geht noch einen Schritt weiter - er gehört der Straight-Edge-Bewegung an. «Edger» verzichten auf Drogen, Zigaretten und Alkohol, viele von ihnen verzichten auch auf Koffein und/oder Fleisch oder leben vegan. Auch Mattias lebte sieben Jahre abstinent, trinkt aber mittlerweile wieder. Wieso er wieder angefangen hat? «Wegen einer Frau. Sie fands langweilig, nie mit mir ein Glas Wein trinken zu können. Gefehlt hat mir der Rausch in dieser Zeit aber eigentlich nie.»
Straight Edge ist eng mit Hardcore Punk verbunden, die Bewegung, die in den 80ern entstanden ist, propagiert Respekt. Respekt gegenüber anderen Menschen, Tieren aber auch dem eigenen Körper.
Was ich wirklich cool finde am «roots» und seinen Betreibern, ist die Toleranz. Es soll niemand verurteilt und schon gar niemand bekehrt werden. Im «roots» isst man gesund und merkt dabei vielleicht nicht einmal, dass die feinen Salate, Suppen, Brote und Säfte komplett frei von tierischen Produkten sind. Das einzige nicht-Vegane im Lokal ist die Milch zum Kaffee. «Bei uns gibt es richtig guten Kafi, so wie man ihn in Italien bekommt. Da gibt es halt schon viele Kunden, die Kuhmilch dazu bevorzugen, das gab bei uns dreien Anlass zu langen Diskussionen», so Mattias. Gesiegt hat schlussendlich einmal mehr die Offenheit.
Ich empfehle: vorbeigehen, ins Abenteuer stürzen, ausprobieren. Meine persönlichen Favoriten: die Spicy Quinoa Bowl und die Cold Melon soup.