Da hocken doch tatsächlich Millionen Asiaten vor ihren PC-Bildschirmen und schauen anderen live dabei zu, wie sie Berge von Essen in sich hineinstopfen. Das Ganze nennt sich «Muk-Bang» und wurde hierzulande bereits vor zwei Jahren in den Medien thematisiert. Was sich damals aber noch eher als Nischenmarkt anhörte und für mich irgendwie nach einer Art sexuellem Fetisch, wird mehr und mehr Bestandteil der koreanischen Kultur und hat in Wahrheit bei den wenigsten eine sexuelle Komponente.
Die Food-Stars nennen sich BJs, (eine Abkürzung für «Broadcast Jockey»), essen bis zu fünf Stunden vor einer Kamera, die live streamt und kommunizieren dabei mit ihren Fans, die ebenfalls vor ihren Bildschirmen hocken und meist mitessen. Je länger die BJs futtern, desto mehr Geld wird ihnen von den Fans überwiesen - im Chatfenster erscheint auf dem Bildschirm des BJs bei jedem Geschenk ein Münzen-Icon, das in etwa aussieht wie die im Supermario-Game und meist nur einen Betrag von weniger als einem Franken ausmacht. Ende des Monats haben sich die Cents aber ordentlich kumuliert. Einige BJs fressen sich so über 100'000 Franken im Jahr zusammen.
Um sich von der immer grösser werdenden Zahl von BJs abzuheben, muss man sich etwas einfallen lassen: Die einen verkleiden sich für ihre Muk-Bangs als Puppen, andere essen nur in Uniform wie Ji Hwan Choi, und Ji Hyun Kwon’s Markenzeichen ist ihr ausgeprägtes Schmatzen, das man sich hierzulande niemals freiwillig antun würden - besonders nicht während man selber isst!
Korea ist ein Land von Foodies (was so viel heisst wie Foodliebhaber oder Foodverrückte), ihr Pavillon an der Mailänder Expo ist einer der grössten, Essen hat einen riesigen Stellenwert und das ist auch der Grund, warum Muk-Bang boomt. Die Menschen Südkoreas werden immer einsamer und in einer Kultur, in der das gemeinsame Essen eigentlich der sozialste Moment des Tages ist, gibt ihnen Muk-Bang das Gefühl nicht ganz so allein zu sein.
Das Prinzip habe ich durchaus begriffen...sollte die Einsamkeit an die Tür klopfen, werde ich aber auch in Zukunft nach wie vor lieber eine Freundin einladen.