Es ist die ewige Krux des Single-Daseins. Wie gestalte ich meine kostbare Freizeit? Vor 30 hat man im Prinzip zwei Auswahloptionen: Entweder man schliesst sich zu Hause ein oder man betrinkt sich mit anderen Singles. Das dritte Szenario - man schliesst sich einem befreundeten Pärchen bei seinen Pärchenaktivitäten an - fällt aus Unbehagensgründen gänzlich weg, jedenfalls bei mir. Da mir diese Auswahl noch nie gereicht hat (ich meine, wie traurig), habe ich mir einen ordentlichen Katalog an Aktivitäten zugelegt, die ich ganz gerne alleine hinter mich bringe, und dabei rausgefunden: Alleine ists doch am schönsten.
Kino: Klar, man könnte sich auch mit anderen für einen netten Film treffen, das machen offenbar viele Leute, aber wieso eigentlich? Ich persönlich stehe ja auf Nachmittagsvorstellungen, womit ich schon einmal recht alleine da stehe. Sonntagnachmittag ist dafür ideal, obwohl ich Wochentage sogar noch vorziehe. Nur fünf Leute im Saal? Herrlich! Niemand isst mein Popcorn weg, niemand stört es, wenn ich meine Sachen auf zwei weiteren Sitzen verteile und keiner flüstert mir Nonsense ins Ohr oder - noch schlimmer - fragt mich über die Handlung aus, obwohl ich ja auch nicht mehr weiss. Zusammen ins Kino zu gehen ist gänzlich sinnlos, auch mit dem Lover, denn ich wähle ja aus Prinzip nicht einen Film aus, bei dem es mir bei 18 Franken Eintritt egal wäre, wenn ich die Hälfte verpasse wegen Zunge in meinem Mund. Auch mit Freunden ein Kino zu betreten, ist komplett unnötig. Es ist dunkel, man konzentriert sich auf den Film und danach denkt man vielleicht darüber nach, aber das Bedürfnis, anschliessend darüber zu sprechen, habe ich eigentlich null - also wozu das Ganze? Fazit: Alleine ins Kino zu gehen ist das einzig Richtige, sehts ein, Leute.
Museum: Hach, Museen... Im Moment vernachlässige ich sie sträflich, das letzte Mal, war ich wahrscheinlich während der Art Basel in einem, Gerhard Richter war schön, aber zu voll. Jedenfalls gibt es bei Museumsbesuchen in Gesellschaft für mich nur Worst-Case-Szenarien. Da wäre zum einen der selbsternannte Experte: Er plappert ununterbrochen, wählt Sehenswertes für dich aus, wahrscheinlich, weil er im Vornherein schon einmal den Museumskatalog auswendig gelernt hat. Oder er erfindet was und trägt es höchst geschwollen vor. Ich hingegen will einfach unvoreingenommen Kunst auf mich wirken lassen und lese oft nicht einmal die Erklärungsschildchen. Zudem entscheide noch immer ich, was mich interessiert.
Dann gibts den Banausen. Er ist wahrscheinlich nur aus Gefallen oder um zu gefallen überhaupt mitgekommen, sieht unter Umständen das erste Mal ein Museum von innen und ist vor allem unsicher. Deshalb gibt er dauernd infantile Kommentare von sich, die er witzig findet. Nach zwei Sälen kippt das Ganze in eine Art Ohnmacht, da er erst jetzt realisiert, dass eine Sonderschau auch locker über acht Säle füllen kann. Dann hört man nichts mehr, jedoch zieht der Banause jetzt ein Schnute und steht schon in der nächsten Tür, bevor ich vor dem zweiten Bild stehe.
Zu guter letzt gibts den Bestätiger. Er bewundert deine Kultiviertheit, versteht aber nichts von Kunst und will dich eigentlich nur ins Bett kriegen. Deshalb bleibt er mit dir vor den Bildern stehen, die du magst, bestätigt dich in deiner Wahl, lobt deinen guten Geschmack und fragt ein, zwei schierig-einfühlsame Fragen. Er will deine Psyche über die Kunst ergründen, um über die Erkenntnisse deinen Frontallappen und dann deinen Unterleib zu knacken. Aber sein grenzenloses Geschleime verdirbt dir den ganzen Tag.
Am liebsten ist mir da der komplett Desinteressierte. Ihn triffst du nach einem tollen einsamen Museumsbesuch abends in einer Bar.
Snowboarden / Skifahren: Nicht, dass ich etwas dagegen habe, ab und zu in einer Gruppe auf den Berg zu gehen. Zusammen Mittagessen ist nett, manchmal braucht man auch den Push einer schnellen Gruppe, manchmal macht es Spass, einem Anfänger zu helfen. Doch alleine Snowboarden fühlt sich einfach frei an und lässt einen herrlich nachdenken. Du fährst dein eigenes Tempo, du hörst vielleicht deine Lieblingsmusik oder einfach nur das Chrrr der Kanten im harten Schnee. Du kannst am Morgen los, wann du möchtest, ohne andere aus dem Bett zu holen oder dich über das Gestresse zu nerven. Boarden in einer Gruppe hingegen kann demütigend sein, wenn die anderen viel schneller sind als du und ständig warten müssen. Oder es frustriert dich, wenn ein Mitfahrer (oder mehrere) bedeutend langsamer fahren und du Lust hast, so richtig zu brettern. In beiden Fällen heisst es bei mir recht schnell: Ade merci, ich bin dann mal allein unterwegs, man sieht sich im Après Ski.
Wandern: Ich bin offenbar noch immer in einem Alter, wo ich mit meiner Wanderlust relativ alleine dastehe. Deshalb hab ich rausgefunden, dass auch alleine zu wandern sich sehr sehr geil anfühlen kann. Stundenlang kein Mensch weit und breit, nur Gezirpe, Rauschen, Knirschen. Ähnlich wie beim Snowboarden gibt es kein Tempo anzupassen und die Pausen werden selber gesetzt. Niemand jammert über zu enge Schuhe oder das Wetter. Und das Belohnungs-Weissbier schmeckt alleine genauso gut wie in Gesellschaft. Als Beweis für die getane Leistung kann man heute problemlos mit einem Selfie vor einem Abgrund aufwarten (aber vorsicht, dabei sind schon Menschen abgestürzt und gestorben).
Shoppen: Ja, Kleider einkaufen ist bei mir Chefsache. Gesellschaft ertrage ich dabei nicht. Sätze wie «Das wäre doch was für dich!» nerven mich masslos, weil sie niemals wahr sind. Ich bin in der Regel nach zehn Minuten aus einem Laden raus, egal, ob ich eingekauft habe oder nicht. Ich sehe sofort, wo was ist und was etwas taugt. Ich bin also stilsicher, modisch beratungsresistent und viel schneller als jede andere Frau auf der Welt. Ich mache eine Ausnahme: Wenn man mich lieb fragt, dann berate ich liebe Freundinnen bei der Suche nach etwas. Meistens erleben die dann ihr blaues Wunder, weil sie mit mir doppelt so schnell durch sind wie sonst. Ich sollte mich dafür bezahlen lassen.