Oh ja, es ist heiss. Sehr heiss. Sonnig. Sommer. Hochsommer! Ich kann mich kaum noch erinnern, wann das letzte derartige Hoch über dieses Land gezogen ist. Spontan kommt mir nur 2003 in den Sinn, aber da war ich noch jung und hatte Zeit, das Ganze zu geniessen. Momentan treibe ich mich leider ausschliesslich in meinen stickigen vier Dachwohnungs-Wänden (= mein Atelier) und in klimatisierten Büroräumen rum und die kurze Zeit draussen hetze ich mehr oder weniger durch die Strassen von A nach B, was nicht wirklich angenehm ist.
Trotzdem: Das alles macht doch irgendwie Laune - Laune auf Festivals! Oh ja, dieses Jahr geb ichs mir wieder einmal richtig und gönne mir und meinem angeschlagenen Brieftäschchen ganze zwei Openairs und zwar Full Time (mehr schaff ich leider nicht mehr)! Und auch wenn ich das krasse Wetter momentan eher verpasse: Vorfreude ist die schönste Freude. Und da ich mich mit meinen drei Jahrzehnten auf dem Buckel ungeniert als kleine Expertin im Outdoorfeiern bezeichnen kann, teile ich gerne hin und wieder meine Weisheiten mit allen, die sie hören möchten (und auch den anderen). Deshalb brettere ich mal ein paar Ratschläge in die Welt hinaus, wie man ein Festival - ob gross und kommerziell wie Gurten bis Gampel oder alternativ, klein und fein im Dorfwäldchen - trotz aller Strapazen halbwegs lebend hinter sich bringt.
Das heilige Notfallzelt
Es ist so schäbig, wie es klingt. Ein Notfallzelt kommt zum Zuge, wenn man (oder ein Freund) in Fuss- oder Veloweite von einem Festival entfernt wohnt oder man sich zu alt, gebrechlich oder fein für billige Interdiscount-Zelte und dreckige, unbelichtete Plastik-Kloboxen am anderen Ende des Zeltplatzes fühlt. Wer auch immer plant, ausserhalb des Festival-Geländes zu pennen, tut trotz allem gut daran, ein billiges Zelt irgendwo im dafür markierten Dreck zu platzieren. Denn: Man kann dort erstens sehr gut klebrige Mischgetränke, Pullis, Pellerinen, Ersatzsocken und besoffene Freunde deponieren. Und zweitens: Ja, die einen oder anderen überkommts bei so vielen Glücksgefühlen leicht, und sie verspüren plötzlich Lust, sich spontan mit seinem verschwommenen Gegenüber zu paaren. Alles schon erlebt. Also legt doch netterweise auch noch mindestens einen Schlafsack für die Turteltauben rein, man will ja kein Unmensch sein.
Alternativgetränke
Man kennt das: Kaum ist man im Gelände drin, stellt sich ein kaum stillbarer Durst auf Bier ein. Verständlich: Es ist billig - jedenfalls billiger als anderer Alkohol - und am Anfang noch kühl, auch die grässlichen wiederverwertbaren Plastikbecher scheinen noch in keinster weise eklig zu sein oder den Geschmack des goldenen Gebräus in negativer Weise zu beeinflussen. Hach, der erste Festivaltag ist doch sooo schön! Nur, am nächsten Tag, nach dem ersten ganz dicken Kater, gehts erfahrungsgemäss noch zwei bis drei Tage weiter mit dem Feiern. Und: Ganz urplötzlich scheint Bier abstossender zu sein als die Schüssel, in die man es wieder ablässt. Der Körper wehrt sich gegen die lasche Köhlensäure, den Geschmack, das darin schwimmende Gras, die elenden Becher. Nun: Der kluge Festivalgänger sorgt vor. Jedenfalls jene, die trotz allem weitersaufen wollen. Ein paar Pet-Flaschen voller Mischgetränke in feuchtes Zeitungspapier wickeln, mit Kühlelementen in eine Kühltasche und die ins (Notfall-)Zelt legen - et voilà, eine preiswerte Alternative. Sind die Kühlelemente erschöpft, das Zeitungspapier nochmals nass machen und etwas in die Sonne legen. Hilft ein bisschen. Und sonst: Eis klauen oder warm trinken. Danach gibts nur noch: Portemonnaie plündern und Longdrinks ordern.
Aus dem Bierkoller-Missstand haben übrigens Freunde von mir eine tolle Geschäftsidee im Rahmen des Gurtenfestivals lanciert: Sie kreierten ein halbes Dutzend leckere Cocktails, die man bis zum 8. Juli bestellen und am 15. Juli im Breitsch abholen kann. Danach die bunten Fläschli einen Tag in die Gefriertruhe legen und dann idealerweise in einem Hipster-Säckli kühlend am Rücken tragen, bis der Bierkoller zuschlägt. Für interessierte Gurtengänger: Auf Facebook «Gurtini» suchen und liken, bis Mittwoch per PN bei den Girls bestellen und wie gesagt am 15. abholen und geniessen!
Alleine rumziehen
Du warst nie auf einem Festival, wenn Du nicht mal all deine Freunde verloren hast. Der Akku ist natürlich leer oder keine Sau nimmt das Telefon ab. Du kannst dann natürlich trotzig vor eurem Zelt rumhocken und all deine Festivalkumpels für miese Verräter halten. Oder Du ziehst endlich mal alleine rum und lässt den Charme Deines Festivalpegels spielen. Ich habe so schon ganze neue Cliquen gewonnen, viele viele Gratisgetränke erworben und natürlich meine Flirtskills verbessert. Mittlerweile bin ich fortgeschritten und löse mich hie und da ganz freiwillig von meinen Peers. Auf den Schweizer Festivals findest Du sie ohnehin bald wieder. Trotz allem bringt mich dieser Tipp zu meinem nächsten Ratschlag...
Lockere Treffpunkte vereinbaren
Auf richtig grossen Festivals, wie etwa dem Fusion auf einem ehemaligen Militärflughafen nahe Berlin (leider schon vorbei) mit 80'000 Leuten, kann man Handys, Zusammenbleiben und ähnlich Strukturiertes eh vergessen, weil das Gelände riesig, die Band-Auswahl vielfältig und das Festival sehr alternativ ist. Unsere Gruppe der letzten Jahre hat deshalb ein super Konzept entwickelt: Zu jeder ungeraden Stunde können jene, die wollen, zu einem abgemachten Treffpunkt kommen. Wer da ist, diskutiert, wer was machen will, und so mischt sich gerade eine grosse Gruppe immer wieder neu. Alles darf, nichts muss.
Und zu guter Letzt
Nehmt eine Klorolle oder ganz viel Nastüechli mit. You know why.
So, das wars fürs erste mit der Weisheit zum Feiern an Festivals. Fortsetzung folgt...vielleicht.