Sie hilft Schülerinnen und Schülern bei den Hausaufgaben, Jugendlichen beim Schreiben von Bewerbungen und sogar Ärztinnen und Ärzten bei der Diagnosestellung: Künstliche Intelligenz (KI) ist längst in diversen Lebensbereichen angekommen. In den letzten Monaten wurde deutlich, dass sie viele Chancen bietet, aber auch Risiken birgt. Vor allem sogenannte Deepfakes – Bilder, Videos und Audiofiles, die von künstlicher Intelligenz generiert oder verändert wurden – könnten laut Experten künftig für Probleme sorgen.
Jüngstes Opfer ist Taylor Swift. Durch KI hergestellte Nacktfotos der Popsängerin verbreiteten sich im Netz in Windeseile. Fast 50 Millionen Mal wurden sie auf der Plattform X (früher Twitter) betrachtet, bevor sie gelöscht wurden.
Ein kompletter Fake ist die Influencerin Emily Pellegrini. Realisiert hat das lange niemand. Unzählige Männer haben die mittels KI erschaffene Frau angechattet, zum Essen und auf Reisen eingeladen. Ihr Schöpfer, der anonym bleiben möchte, verdiente laut eigenen Angaben mit der künstlichen Figur innert sechs Wochen umgerechnet rund 90’000 Franken.
Doch Deepfakes können nicht nur arglose Userinnen und User täuschen, sondern auch politische Entscheide beeinflussen. Im Hinblick auf die Präsidentschaftswahlen in den USA im kommenden Herbst wird eine Flut von durch KI erstellte Falschmeldungen erwartet. Bereits im Januar erhielten US-Abgeordnete einen Anruf von Joe Biden, der ihnen Anweisungen für die Vorwahlen gab. Wie sich später herausstellte, griff jedoch nicht der Präsident himself zum Hörer, sondern sprach eine mit KI generierte Stimme.
Aber wie sollte man das bemerken? Selbst spezifische KI-Erkennungsprogramme haben Mühe damit, Fakes zu enttarnen.
Überforderung und Wunsch nach digitalen Auszeiten
All diese Beispiele tragen dazu bei, dass viele Menschen nicht primär die Chancen von künstlicher Intelligenz sehen, sondern vor allem die Gefahren. Sie fühlen sich überfordert und der Wunsch nach digitalen Auszeiten wird drängender. Um seiner Arbeit nachzukommen und vernetzt zu bleiben, ist es jedoch kaum möglich, sich der fortschreitenden Digitalisierung gänzlich zu entziehen.
Das ist auch gar nicht nötig. Ein bewussterer Umgang mit digitalen Geräten und Inhalten kann bereits viel bewirken. Oft sind wir nämlich einiges länger am Smartphone, als wir ursprünglich wollten. Auch geschieht der Griff zum kleinen Gerät häufig unbewusst: Wir schauen automatisch aufs Handy, wenn wir auf den Bus warten müssen, auf längeren Zugfahrten sowieso und manchmal sogar parallel zum Serien-Bingen. Ständig lassen wir uns berieseln und sind auf Empfang.
Digitaler Stress belastet Körper und Psyche
Anna Miller, Expertin für digitale Achtsamkeit, sagt dazu: «Der Griff zum Handy ist wie eine Beruhigungs-Strategie. Er hilft uns, Langeweile zu überbrücken, unangenehme Gefühle wegzudrücken und schwierige Situationen zu managen.» Allerdings ist diese Beruhigungs-Strategie weder nachhaltig noch gesund – das ist den meisten von uns sogar bewusst. «Umfragen zeigen, dass mehr als 50 Prozent der Menschen sagen, sie verbringen mehr Zeit an digitalen Geräten, als sie im Grunde möchten», sagt Anna Miller. Viele würden ausserdem einen starken digitalen Stress empfinden. «Dadurch ist ihr Nervensystem konstant aktiviert, was mittelfristig zu Angst- und Schlafstörungen führen kann.» Weiter können Konzentrationsschwierigkeiten, Nackenverspannungen und Rückenprobleme ihren Ursprung in langen Bildschirmzeiten haben.
Die Expertin
Digitale Auszeiten sollten gut geplant sein
Um es nicht so weit kommen zu lassen, empfehlen sich kürzere und längere Pausen von digitalen Geräten. Damit diese gelingen und nicht für zusätzlichen Stress sorgen, sollten sie gut geplant sein.
Anna Miller empfiehlt, sich zuerst Gedanken zu machen, wie man die Zeit offline nutzen möchte. Man soll sich überlegen, was bislang zu kurz gekommen ist und wie man das ändern könnte. Dabei dürfe man das Digitale sogar einbeziehen, um künftig glücklicher und gesünder zu leben. «Schliesslich ist nicht alles am Digitalen schlecht», stellt die 36-Jährige klar. Statt ein Buch zu lesen, könnte man dieses auch als Audio-Version hören. «Das ist zwar digital, aber man behält die Kontrolle über seinen Konsum.»
Ein weiterer Faktor, den es vor den digitalen Auszeiten zu bedenken gelte, sei die Angst vor sozialer Isolation: «Viele Menschen nutzen ihr Handy, um in Kontakt zu bleiben und Beziehungen zu pflegen. Sind sie einige Stunden offline, fürchten sie, Freunde zu verärgern oder wichtige geschäftliche Nachrichten zu versäumen.» Um dem vorzubeugen, helfe es, die digitalen Auszeiten und die Erreichbarkeit proaktiv zu kommunizieren. Das schaffe Sicherheit.
Um die Bildschirmzeit dann im Alltag nachhaltig zu reduzieren, ist laut Anna Miller der Abstand zum Körper etwas vom Wichtigsten. Ideal sei es, wenn sich das Smartphone gar nicht im selben Raum befindet wie man selbst und bei Treffen mit Freunden in der Tasche bleibe. Mit der Zeit gewöhne man sich daran, vom Gerät entkoppelt zu sein.
Im Body & Health Lab beschäftigen wir uns mit aktuellen Themen aus den Bereichen Mental Health, Body Science sowie Innovation und Digitalisierung. Welche Technologien, Trends und Therapien sind richtungsweisend? Was tut sich gerade in der Forschung? Und wer sind die Menschen dahinter? Fundiert recherchierte Artikel geben Auskunft. Unterstützt werden wir dabei von unserem langjährigen Partner Toyota. Auch Toyota ist stets bestrebt, neue Lösungen zu finden und Innovationen voranzutreiben mit dem Ziel, unser Leben und unsere Zukunft besser und nachhaltiger zu machen.
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Ebenfalls empfehlenswert sind gemäss der Expertin für digitale Achtsamkeit Smartphone-freie Zeiten am Morgen und am Abend. Ein erster Schritt ist es also, sich einen Wecker zu kaufen. «Lässt man sich mit dem Smartphone wecken, ist man zwar schnell wach, weil einem sofort diverse Benachrichtigungen ins Auge springen – gesund ist das aber nicht», sagt Anna Miller. Das Nervensystem fahre sofort hoch und wir müssen im Zustand des Halbschlafs, in welchem wir noch sehr verletzlich sind, bereits viele Eindrücke verarbeiten. Schaue man in der ersten halben Stunde des Tages noch nicht auf einen Bildschirm, biete uns das die Chance, den Start in den Tag selbstbestimmt zu gestalten, wie es uns guttut – beispielsweise mit Yoga-Übungen, einem Kaffee, dem Lesen eines Buches oder einer Print-Zeitung.
Um seinen digitalen Konsum tagsüber in Schach zu halten, rät Anna Miller dazu, das Smartphone auszumisten. Push-Nachrichten können ausgeschaltet, Newsletter, die man sowieso selten liest, abbestellt und Apps, die zu sehr ablenken, vom Startbildschirm verbannt werden. Anna Miller hat die Instagram- und Mail-App auf ihrem Smartphone sogar gelöscht. Brauche sie dringend eine Info, lade sie die Apps wieder runter. «Mir ist bewusst, dass das umständlich klingt, doch genau darum geht es», sagt sie. Sie baue absichtlich Schranken ein. Diese zwingen sie dazu, sich zu überlegen, ob es denn tatsächlich nötig ist, die Apps zu öffnen. «Das Neuinstallieren der Apps kostet mich zwar immer eine Minute, erspart mir aber längerfristig Stunden», sagt sie.
Generell findet die Expertin: «Wir Menschen überschätzen unsere Willenskraft.» Wir würden denken, es falle uns leicht, Benachrichtigungen für eine Weile zu ignorieren. «Viel einfacher ist es aber, wenn es nichts zu ignorieren gibt», erklärt sie.
Pausen von der digitalen Welt verschaffen uns also Zeit, die wir bewusst für das nutzen können, das uns guttut. Dies verhilft uns zu innerer Balance. Anna Miller ist überzeugt: «Je digitaler wir im Alltag unterwegs sind, desto mehr müssen wir proaktiv dafür sorgen, einen Ausgleich für unseren Körper und Geist zu finden.»
So gelingt der digitale Balanceakt
Digitale Auszeit planen
Bevor man mit dem Digital Detox beginnt, sollte man sich im Klaren sein, wie man die bildschirmfreie Zeit nutzen möchte. Was kam bisher zu kurz? Welchem Hobby möchte ich mich öfter widmen? Überlegt euch auch gleich, wann und mit wem ihr diesen Aktivitäten nachgehen möchtet.
Klar kommunizieren
Digitale Auszeiten sollten geplant werden – unter anderem, um sich selbst dabei sicher zu fühlen. Kommuniziert klar, wann ihr erreichbar seid und wann nicht und aktiviert im Mail-Programm den Abwesenheitsassistenten.
Für Abstand sorgen
Ist das Smartphone ständig in Sicht- und Griffweite, ist es schwierig, sich davon loszulösen. Sorgt für Abstand zum Körper. Das kann bedeuten, dass gewisse Räume wie das Schlafzimmer zur Handy-freien Zone erklärt werden oder dass das Smartphone bei Treffen mit Freunden in der Tasche bleibt.
Smartphone ausmisten
Verbannt die Apps, die regelmässig zu Zeitfressern werden, vom Startbildschirm oder löscht sie idealerweise gleich ganz. Deaktiviert zudem Push-Nachrichten und bestellt Newsletter ab, die ihr sowieso nicht lest.
Randzeiten schützen
Direkt nach dem Aufstehen und vor dem Einschlafen ist es besonders empfehlenswert, sich vom digitalen Raum abzugrenzen. Kauft euch einen Wecker, damit ihr nicht bereits frühmorgens mit unzähligen Nachrichten konfrontiert werdet. Die Smartphone-freie Zeit am Abend hilft euch, runterzufahren und schneller einzuschlafen.