Talkmasterin Oprah Winfrey tut es, Musikerin Lady Gaga und Model Bella Hadid genauso: Sie alle manifestieren. Winfrey ist überzeugt davon, dass sie dadurch eine Rolle im Kinofilm «Die Farbe Lila» ergattert hat, Lady Gaga sagte, sie habe sich ihren ersten Nummer eins Hit «Just Dance» herbei manifestiert und Hadid wurde mit dem Buch «Manifest. 7 Steps to Living Your Best Life» gesichtet, das die britisch-irakische Autorin Roxie Nafousi im vergangenen Jahr herausgebracht hat.
Wer manifestiert, ist davon überzeugt, dass Träume und Wünsche in Erfüllung gehen, wenn man fest genug daran glaubt. Oder in den Worten von Roxie Nafousi: «Manifestieren ist die Fähigkeit, das Leben zu erschaffen, das Sie sich wünschen.» Bereits in den 00er-Jahren erlebte Manifestieren einen Hype. 2006 erschien Rhonda Byrnes Selbsthilfebuch «The Secret», das sich um die Kraft der positiven Gedanken dreht und bis heute als Manifestations-Bibel gilt. Weltweit wurde das Buch über 35 Millionen Mal verkauft.
Doch Manifestieren ist kein Phänomen der jüngeren Zeitgeschichte. Die Idee dahinter geht auf die New-Thought-Bewegung des 19. Jahrhunderts zurück. Ihr Credo lautete: Wer positive Energie ins Universum sendet, erhält positive Energie zurück.
Manifestieren für mehr Positives in Zeiten von Krisen
Dass sich nun wieder immer mehr Menschen fürs Manifestieren begeistern, erklärt sich die Psychologin Nadine Volkmer, die an der ZHAW in Winterthur doziert, mit den Krisen der letzten Jahre. «Durch Kriege, Naturkatastrophen und die Corona-Pandemie waren wir dauernd mit negativen Nachrichten konfrontiert. Das führte zu einer Verunsicherung», sagt sie. Vor allem in Bezug auf die Pandemie hätten sich viele Menschen fremdbestimmt gefühlt. «Sie sehnten sich nach Halt und Hoffnung, wollten wieder mehr Positives in ihrem Leben.»
Dies soll Manifestation möglich machen: Wünschbar ist alles Erdenkliche. Etwa Alltägliches wie einen Parkplatz in einem überfüllten Quartier oder Grundsätzliches wie Glück in der Liebe und Erfolg im Job.
Unzählige Influencer preisen auf Social-Media Plattformen wie TikTok und Instagram verschiedene Manifestations-Methoden an, die ihr Leben gravierend verbessert haben. Eine der bekanntesten ist die 369-Methode. Auch von ihr gibt es verschiedene Varianten, die gängigste ist jedoch folgende:
- Überlege dir, was du dir wünschst.
- Schreibe dein Ziel am Morgen drei Mal handschriftlich auf – und zwar so, als hättest du es bereits erreicht. Zum Beispiel: «Ich bin glücklich, weil ich meine grosse Liebe gefunden habe.»
- Schreibe den Satz am Mittag sechs Mal auf.
- Schreibe den Satz am Abend neun Mal auf.
- Wiederhole diesen Ablauf für 21 Tage.
Diese Methode wird auch die «Nikola-Tesla-Methode» genannt. Der Erfinder und Physiker soll auf sie geschworen haben und sah in den Ziffern 3, 6 und 9 den Schlüssel zum Universum.
- 3 steht laut ihm für das Individuum, das Universum und den Ursprung des Seins.
- 6 sei die Macht in einem selbst.
- 9 stehe für alles Überirdische.
Keine komplizierten Methoden nötig
Racha Fajjari, Unternehmerin und selbst als Manifestations-Coachin tätig, steht den verschiedenen, oft von Influencern propagierten Methoden eher kritisch gegenüber: «Für mich sind sie alle etwas zu kompliziert und mystisch verpackt», sagt sie. Das ganze «Tam Tam» sei unnötig und irreführend.
«Grundsätzlich ist Manifestieren etwas, das wir alle tun», erklärt Fajjari. Und zwar mit jedem Gedanken, den wir wahrnehmen. Diese sollen wir bewusst und achtsam einsetzen. Denken wir nämlich, «das wird super», sei die Chance höher, dass etwas tatsächlich «super» wird, als wenn wir von Beginn an zweifeln.
Das bestätigt Nadine Volkmer: «Gehe ich beispielsweise positiv in ein Bewerbungsgespräch rein, ruft das eine bestimmte Verhaltensweise in mir hervor – und entsprechend eine Reaktion des Gegenübers.» Man trete selbstbewusster auf, was auch so wahrgenommen werde. In der Psychologie wird dies «selbsterfüllende Prophezeiung» genannt. Zudem ist wissenschaftlich belegt, dass es Optimisten im Leben leichter haben. «Menschen, die zuversichtlich sind, ziehen mehr Chancen an», erklärt Nadine Volkmer. Und Menschen, die manifestieren, sind in der Regel zuversichtlich und von ihrem Erfolg überzeugt.
«Menschen, die zuversichtlich sind, ziehen mehr Chancen an.»
Nadine Volkmer, Psychologin
Racha Fajjari hat das Manifestieren schon seit sehr langer Zeit verinnerlicht. Bereits als Kind habe sie auf ganz natürliche Weise manifestiert. «Ich wusste, dass Dinge geschehen, wenn ich mir das lange genug einrede.» Doch das allein reiche nicht. Manifestation ebne zwar den Weg, aber «es braucht schon auch den Mut des Menschen, etwas zu verändern», gibt Racha Fajjari zu bedenken.
Heute manifestiere sie aktiv, wenn sie grössere Herausforderungen vor sich habe, sonst eher passiv. Von der Lehrstelle bis zu ihrer Selbständigkeit habe sie alles auf diese Weise angestrebt – und bekommen. «Mittlerweile habe ich ein solches Vertrauen in mich und mein Leben, dass ich weiss, dass ich die Segel jederzeit selbst setzen kann», sagt sie.
Im Body & Health Lab beschäftigen wir uns mit aktuellen Themen aus den Bereichen Mental Health, Body Science sowie Innovation und Digitalisierung. Welche Technologien, Trends und Therapien sind richtungsweisend? Was tut sich gerade in der Forschung? Und wer sind die Menschen dahinter? Fundiert recherchierte Artikel geben Auskunft. Unterstützt werden wir dabei von unserem langjährigen Partner Toyota. Auch Toyota ist stets bestrebt, neue Lösungen zu finden und Innovationen voranzutreiben mit dem Ziel, unser Leben und unsere Zukunft besser und nachhaltiger zu machen.
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Manifestieren birgt auch Risiken
Doch obwohl Manifestation laut Fajjari simpler ist, als man meint, könne man dabei auch einiges falsch machen: «Leider wird Manifestation sehr oft mit Materiellem gleichgestellt», sagt die Unternehmerin. Sie empfehle jedoch, Gefühle zu manifestieren. Denn ob ein Haus, ein Auto oder viel Geld jemanden tatsächlich glücklich macht, sei fraglich.
Psychologin Nadine Volkmer sieht ein weiteres Risiko: «Treten die Dinge, die man manifestiert hat, doch nicht ein, bedeutet das gemäss dem Grundprinzip von Manifestation, dass man nicht ausreichend Energie investiert hat.» Man sei nicht positiv genug an die Sache herangegangen und deshalb selbst schuld, dass es nicht geklappt hat. «Doch nicht alle Menschen haben die Möglichkeit, sich ihr Wunschleben zu erschaffen», sagt Volkmer. Unter anderem, weil sie nicht die ausreichenden finanziellen Privilegien geniessen oder aufgrund ihrer Sozialisation nicht dieselben Chancen haben wie andere. «Dann zu sagen, jemand sei selbst schuld, dass er in ärmeren Verhältnissen lebt, halte ich für gefährlich.» Andererseits helfe das Manifestieren aber, schwierige Situationen auszuhalten. «Der Glaube daran, dass sich unsere Wünsche erfüllen, lässt uns besser warten», erklärt Nadine Volkmer.
Dank mentaler Stärke zu sportlichen Spitzenleistungen
Die Grundpfeiler des Manifestierens – die Positivität und Zukunftsorientiertheit – würden zudem auch in der Sportpsychologie eine entscheidende Rolle spielen, sagt Volkmer, die unter anderem für das deutsche Beachvolleyball-Nationalteam als Sportpsychologin im Einsatz war. Allerdings wendet man in der Sportpsychologie eher Techniken wie Visualisieren oder Hypnose an. Den grössten Unterschied zu Manifestationsformen wie der 369-Methode sieht Nadine Volkmer darin, dass man in der Sportpsychologie trotz allen positiven Gedanken ins Handeln kommen muss und sich nicht darauf verlassen kann, dass das Universum allein für Erfolg sorgt. Dass positives Denken die Erfolgschancen steigern, ist jedoch unbestritten: «Je höher das Niveau der Sportlerinnen und Sportler und je ähnlicher ihre technischen Fähigkeiten sind, desto entscheidender ist die mentale Stärke.»