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Langlaufen hat etliche Vorteile

«Kaum ein anderer Sport bewegt derart viele Muskeln»

Skilanglauf ist nicht grundlos eine der begehrtesten Sportarten im Winter. Dr. Martin Rinio hat die wichtigsten Tipps für Anfänger*innen parat.

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Langläuferinnen

Gut für Kondition, Immunsystem, Rücken und Bandscheiben: Skilanglauf.

Getty Images/Westend61

Outdoorsport sollte in der kalten Jahreszeit keineswegs zu kurz kommen. Skilanglauf ist nicht grundlos eine der begehrtestes Sportwarten im Winter. Dr. Martin Rinio, Ärztlicher Direktor der Gelenk-Klinik Gundelfingen verrät, worauf Anfänger beim Langlaufen achten sollten und warum der Sport gut für unsere Gesundheit ist.

Skilanglauf ist ein begehrter Sport im Winter. Was macht die Sportart so besonders?
Dr. Martin Rinio: Aufgrund des harmonischen Bewegungsablaufes und weitaus geringerer Stossbelastungen als beim Abfahrt-Ski, ist Langlauf gesund und wohltuend für Rücken und Bandscheiben. Gelenke und Muskeln werden sanft trainiert und in keiner Form überbeansprucht. Der gelenkschonende Sport kommt deshalb sogar für Träger*innen einer Knie-Prothese in Frage – im Gegensatz zum Abfahrt-Ski. Denn: Sportarten mit ruckartigen Schlageinwirkungen können zu einer vorzeitigen Lockerung des künstlichen Kniegelenks führen. Und dies könnte eine Prothesenwechseloperation erforderlich machen.

Warum sollte man langlaufen?
Skilanglauf tut uns rundum gut. Das Herz- und Kreislaufsystem arbeitet dabei sozusagen auf Hochtouren. Der sanfte Ausdauersport stärkt unsere Immunabwehr, fördert unsere Belastbarkeit und stabilisiert unser Bewegungs- und Stützsystem. Positiv wirkt sich das Fitness-Training an der frischen Luft auch auf Koordinationsvermögen und Psyche aus. Auch in orthopädischer Hinsicht ist Langlauf äusserst vorteilhaft: Kaum ein anderer Sport bewegt so viele Muskeln.

«Selbst bei angepasster Geschwindigkeit werden 95 Prozent unseres Muskelapparates aktiviert»

Welches Equipment müssen sich Anfänger*innen zulegen und worauf ist dabei zu achten?
Beim Kauf von Ski, Schuh und Bindung bitte darauf achten, dass sie sich problemlos und sinnvoll kombinieren lassen. Für Anfänger*innen empfehlen sich Skier, die dank spezieller Abstosszonen ein Wegrutschen verhindern und sich auch gleichzeitig als Steighilfen eignen. Ein gutes Sprühwachs sorgt für einen guten Lauf. Standard sind bis ungefähr zur Brust gehende Festlängenstöcke sowie Langlauf-Handschuhe. Diese verhindern eine Blasenbildung. Skating-Skier sind Anfangs nicht das Richtige. Denn diese erfordern eine bestimmte Technik (Skating), die deutlich kräftezehrender ist und viel mehr Kondition erfordert. Deshalb empfiehlt sich für den Anfänger oder die Anfängerin die klassische Parallel-Technik

Oftmals entscheiden sich insbesondere Noviz*innen für zu warme Bekleidung. Prinzipiell genügt funktionelle, atmungsaktive Winter-Sportkleidung, wie sie auch etwa beim Radfahren in der kühlen Jahreszeit üblich ist. Getragen nach dem Zwiebelprinzip, kann diese im Tagesverlauf Schicht für Schicht reduziert werden.

Wer noch nicht ganz sicher ist, ob ihm Langlauf wirklich gefällt, der sollte sich – falls möglich – die erste Ausrüstung in entsprechenden Sportgeschäften leihen. Dies ermöglicht auch das Testen diverser Marken und Modelle. Ein kleiner praktischer Rucksack für Utensilien und die Thermoskanne mit Tee oder Kaffee sollten bei der ersten Ausstattung auch nicht fehlen.

Ist das Equipment vorhanden, kann es direkt losgehen?
Relativ leicht zu erlernen, erfordert dieser Ausdauersport dennoch eine relativ gute Kondition sowie einiges an Kraft in Armen und Beinen. Vor dem Start empfehle ich Anfänger*innen deshalb dringend einen kleinen medizinischen Check-up (vor allem im fortgeschrittenen Alter) sowie einen Einsteiger*innenkurs – gerade um technisch die richtige Koordination von Armen und Beinen (inklusive des Stockeinsatzes) zu beherrschen und falsche Bewegungsabläufe zu vermeiden. Achten sollte man zudem darauf, dass gerade bei den ersten Touren die  Strecken nicht zu lang sind und geringe Steigungen haben. Zudem empfiehlt es sich, die richtige Abfahrtstechnik zu lernen, um unkontrollierte Stürze zu vermeiden.

Sollten sich Anfänger mit bestimmten Sport- oder Gymnastikübungen vorbereiten?
Man sollte sich grundsätzlich intensiv über mehrere Wochen vorbereiten (idealerweise durch eine Kombination aus Ski-Gymnastik, Krafttraining sowie Koordinationsübungen).

Besonders wichtig ist gerade im Winter ein intensives Aufwärmtraining mit Koordinationsübungen, Schulterkreisen etc. Dies verhindert Zerrungen oder Schäden an den Gelenken. Sehr häufig führen übrigens Kreuzbandrisse des Knies beim Skifahren zum gesundheitlichen Handicap. Eine gut trainierte Beinmuskulatur, eine erstklassige Sportausrüstung und defensives sportliches Verhalten bieten hier den besten Schutz vor unliebsamen Überraschungen. Und bitte nicht nur vor dem Laufen, sondern auch hinterher Dehnübungen durchführen, um die Muskulatur zu lockern.

Worauf sollten Anfänger*innen beim Langlaufen achten?
Sinnvoll ist ein moderater Start mit anfangs kurzen Etappen ohne anstrengende Steigungen. Und vor dem Start bitte niemals vergessen, die Muskeln aufzuwärmen und die Bänder zu dehnen. Präventiven Schutz bieten ein dem Alter und der Kondition angepasstes umsichtiges Fahren.

Welche Strecken sind zum Langlaufen geeignet?
Ganz wichtig ist es, sich im Bereich der gesicherten Loipen zu bewegen. Die gespurte Loipe erleichtert deutlich das parallele Führen der Skier. Die Strecken sollten für Anfänger*innen geeignet sein und keine steilen Abfahrten enthalten. Deshalb auf die angegebenen Schwierigkeitsgrade achten und anfangs dementsprechend die leichtere Variante wählen.

Welche Körperregionen werden beansprucht?
Nicht nur Rücken und Beine kommt das Ganzkörper-Training zu Gute: Dank des Stockeinsatzes profitieren auch Arme, Bauch- und Schultermuskeln. Besonders positiv ist die mehr oder weniger gleichmässige Belastung aller Muskelgruppen. Dadurch eignet sich Langlauf – im Gegensatz zum alpinen Ski – selbst für Menschen mit Arthrose.

Wie viele Kalorien werden circa pro Stunde verbrannt?
Das differiert je nach Alter und Geschlecht. Aber so etwa 600 Kalorien pro Stunde sind die Regel.

Sollte man bei Beschwerden wie Knie-, Rücken- oder Schulterschmerzen lieber auf Skilanglauf verzichten?
Bewegung ist das A und O für eine starke Rücken- und Bauchmuskulatur. Selbst bei Schulter- und Kreuzschmerzen ist Langlauf (im Gegensatz zum alpinen Ski mit seinen stosshaften Bewegungen) generell möglich. Vorausgesetzt, die Ursachen der Beschwerden sind harmlose Verspannungen oder ähnliches und nicht gerade ein schwerer Bandscheibenvorfall. Aber das klärt ein Gespräch bei dem Orthopäden oder der Orthopädin vorab. Gibt von dieser Seite keine Einwände, so sichern ein angemessenes Training und die richtige Technik (zuvor bei den Profis lernen) einen gesunden Winterspass.

Bei Knieschmerzen können Bandagen dem Knie mehr Stabilität geben. Sie schützen das  beanspruchte Gelenk vor Überlastung und reduzieren das Verletzungsrisiko. Da Alpin-Ski durch wiederholte Stösse alle Strukturen des Kniegelenks sehr stark belastet, ist dieser Sport für Patienten mit Kniearthrose eher ungeeignet. Anders sieht es beim Langlauf aus: Bei moderaten Strecken und Steigungen ist Langlauf selbst bei Gelenkschäden (und künstlichem Gelenkersatz) grundsätzlich erlaubt. Denn gleichmässige Bewegung tut dem Gelenkknorpel gut und versorgt ihn mit Nährstoffen – natürlich vorausgesetzt, die Schmerzen bewegen sich im erträglichen Rahmen.

Von spot am 5. Dezember 2022 - 16:00 Uhr